Unser Reisebus fährt in den Norden Brandenburgs.
Nachdem wir das vom Markgrafen Otto I. gestiftete Zisterzienserkloster Lehnin in der Zauche angeschaut haben, wollen wir auch deren dritte Tochtergründung, das Kloster Himmelpfort sehen.
Unser Autor berichtet von dem glücklosen Stifter Markgraf Albrecht III., von der Architektur der Klosterkirche Marie virginis und vom vermeintlichen Brauhaus.
Das einstige, im Norden des heutigen Landkreises Oberhavel, unweit der sogenannten Wasserstadt Fürstenberg an der Havel gelegene Zisterzienserkloster Himmelpfort fügt sich nahtlos in das mit Seen reiche Ruppiner Land ein. Die am Ende des 13. Jahrhunderts von einer mittelalterlichen Bauhütte errichtete Zisterze erhebt sich auf einer Landzunge zwischen vier Seen, von denen der Stolp- und der Haussee die beiden größten sind. Interessanterweise ist der lateinischer Name cœli porta für Himmelpfort – im Gegensatz zu den Siedlungsnamen Chorin und Lehnin – ein sprechender Name. Er gab – wie im Fall des ersten Lehniner Tochterklosters Paradies in der Neumark, den terra trans Oderam, den Ländern jenseits der Oder – der Heilserwartung der dort lebenden Zisterziensermönche einen beredten Ausdruck.
Zwei markgräfliche Brüder, Johann I. und Otto III. – erste Landesteilung Brandenburgs
Die gemeinsam regierenden Markgrafen, das Brüderpaar Johann I. und Otto III. der Fromme, Urenkel des ersten Markgrafen von Brandenburg, Albrecht dem Bären, hatten gegen Ende ihres Lebens im Jahr 1258/60 die Teilung ihres bislang einträchtig verwalteten Erbes in zwei eng miteinander verzahnte Herrschaftsbereiche vollzogen. Das bisherige Haus- und Grablegekloster der Askanier, die Zisterze Lehnin in der Zauche, war bei dem jüngeren, dem ottonischen Zweig der Familie geblieben. Hingegen fand die ältere, die johanneische Linie im zweiten Tochterkloster Lehnins, in dem im Herzen des Barnims gelegenen Kloster Mariensee / Chorin ihre zukünftige Begräbnisstätte und den Ort für deren Memoria, dem Totengedenken durch die dort wirkenden Weißen Mönche.
Markgraf Albrecht III., jüngster Sohn Ottos III. – zweite Teilung der Mark –
Kloster Himmelpfort, drittes und letztes Tochterkloster Lehnins gestiftet
Markgraf Albrecht III. entstammte dem ottonischen Zweig der Brandenburger Askanier. Er hatte im Jahr 1284 das ihm zustehende Drittel seines Herrschaftsterritoriums erhalten, das er bis dahin vor allem mit seinen beiden älteren Brüdern, Otto V. dem Langen und Johann III. sowie Otto VI. dem Kleinen – einem Mönch in Lehnin – regiert hatte. Bereits Albrechts Vater, Markgraf Otto III., stiftete Zisterzienserklöster in Zehdenick, Chorin und in Seehausen. Kurz vor dem Beginn des neuen Jahrhunderts wurde der Entschluss gefasst, Himmelpfort zum Lobe Gottes und der Jungfrau Maria als zukünftiges Haus- und Grablegekloster für Albrecht III. und dessen zwei Söhne, Otto und Johann, in deren Herrschaftsgebiet zu errichten. Himmelpfort ist das letzte der drei Filiationen, die Tochterklöster, der ersten märkischen Zisterze Lehnin.
Offiziell war das Kloster Himmelpfort am 25. Dezember 1299 im Lande Lychen an der Grenze zu Mecklenburg durch Markgraf Albrecht III. gestiftet und mit einer ersten Schenkung von sechs Dörfern, 100 Hufen Land, mehreren Wäldern, zehn Mühlen und 39 Seen mit den dazugehörigen Fischereirechten bedacht worden. Die Organisation und die Ausstattung der Zisterze wurden zügig umgesetzt, weil dessen Stifter, Markgraf Albrecht, bereits im Jahre 1300 verstorben war und dessen sterbliche Überreste in seiner gottesfürchtigen Gründung bald ihre letzte Ruhe finden sollten. 1309 wurde Albrechts Leichnam von dem alten Grablegekloster der Askanier in Lehnin nach Himmelpfort überführt und wahrscheinlich im Sanktuarium, dem Altarraum, des Kirchenneubaus beigesetzt.
Schwere Schicksalsschläge für den ehrwürdigen Markgrafen – die Altertümlichkeit des Himmelpforter Klosters und dessen Marienkirche
Die von zahlreichen Kunsthistorikern im Vergleich zu anderen von den Askaniern gestifteten Zisterzienserklöstern in der Mark postulierte, anspruchslose künstlerische Qualität der Himmelpforter Marienkirche dürfte eine bewusste Entscheidung und kein mangelndes handwerkliches Können seines Baumeisters gewesen sein. Ausschlaggebend für diese gewählte Antiquiertheit könnten die verhängnisvollen Schicksalsschläge ihres Stifters Markgraf Albrecht III. gewesen sein, dessen jugendliche Söhne, Otto und Johann, im Jahr 1299 kurz hintereinander und noch vor ihrem Vater gestorben waren. Dadurch war die ottonische Familienlinie noch vor Albrechts eigenem Tod im Jahr 1300 beinahe ausgestorben. Verständlicherweise hatte sich der von diesem schmerzlichen Verhängnis getroffene alte Markgraf zur Zeit der ersten Planung für seine eigene Haus- und Grablege Himmelpfort in eine selbstgewählte Religiosität zurückgezogen. Vielleicht steckte hinter dieser geplanten Altertümlichkeit auch eine ordensinterne Kritik, in dem sich der neue Himmelpforter Konvent – möglicherweise unter der Wirkung des schnellen Gedeihens der beiden Bettelorden, der Franziskaner und der Dominikaner, – von der repräsentativ geprägten Architektur der anderen Zisterzienserklöster zurück zu dem ursprünglichen Armutsideal der eigenen vernachlässigten Ordensregel, der Charta Caritatis orientiert hat.
Architektur der Klosterkirche der Jungfrau Maria – Ecclesia beate Marie virginis
Die sowohl in ihrem Grundriss als auch in ihren Stilelementen festgestellte Antiquiertheit der Klosterkirche der Jungfrau Maria zeigt sich uns in der archaischen Konstruktion ihres Langhauses, des Hauptschiffs. Einschränkend müssen wir allerdings berücksichtigen, dass der mittelalterliche Boden, auf dem das Langhaus der Marienkirche errichtet wurde, ursprünglich einen ganzen Meter tiefer gelegen hatte als heute. Aus diesem Grund muss der gesamte Kirchenbau wuchtiger gewirkt haben. Somit werden die mächtigen Pfeiler freier gestanden haben.
Wenn wir darüber hinaus bedenken, dass die heute mit Efeu umrankte Kirchenruine neben dem erhaltenen Mittelschiff noch zwei Seitenschiffe und ein Querschiff besessen hatte, dann gewinnen wir eine leise Ahnung von der einstigen Größe des mittelalterlichen Gotteshauses. Damit würde sich die bewusst gewählte Schmucklosigkeit der Himmelpforter Marienkirche von selbst erklären.
Die Osthälfte der Klosterkirche bildet mit ihrer fünfseitigen Apsis einen saalförmigen Raum, der jetzt als Pfarrkirche dient. Sie ist durch eine Zwischenmauer von der Westhälfte, dem eigentlichen Langhaus abgetrennt worden, in dem heute während der langen Sommerabende mitunter klassische Konzerte aufgeführt werden. Altar und Kanzel der reputierlichen Pfarrkirche stammen aus dem 17. Jahrhundert, die vier Epitaphien indessen aus dem 18. Jahrhundert.
Das Ende der Askanier in der Mark – Himmelpfort fällt an Mecklenburg – der Silberschatz des Klosters
Nach dem Erlöschen der Askanier in der Mark Brandenburg im Jahr 1319/20 stand die weitere Entwicklung des Klosters Himmelpfort unter einem schlechten Stern. Im mecklenburgisch-brandenburgischen Grenzgebiet gelegen, verödeten aufgrund der dortigen Grenzstreitigkeiten nicht nur die Klosterdörfer. Die Beziehungen zu den neuen mecklenburgischen Landesherren blieben problematisch und deren materielle Donationen sporadisch. Immerhin hatten der Abt von Himmelpfort – ebenso wie sein Vaterabt in Lehnin – das ehrenvolle Privileg erworben, Bischofsinsignien führen zu dürfen, da in einem Verzeichnis des Himmelpforter Silberschatzes auch ein silberner Bischofsstab belegt ist.
Himmelpfort kommt an die Mark zurück – Säkularisation und Ende des Klosters
Im Jahr 1440 war es Kurfürst Friedrich II. von Hohenzollern, Eisenzahn, in einer überraschenden militärischen Campagne gelungen, den mecklenburgischen Herzog Heinrich, den Älteren, zur Abtretung des Landes Lychen und des Klosters Himmelpfort zu zwingen, das seitdem wieder zu Brandenburg gehörte. Über hundert Jahre später, 1541, zählte Himmelpfort zu den ersten Klöstern in der Mark, die von dem Kurfürsten Joachim II., Hector, – dem Ur-Urenkel Eisenzahns – säkularisiert wurden. Auf dessen Order hin ließ sich der Landvogt der Uckermark, Hans von Arnim – den achtsame Buskompass-Leser bereits von dem Essay Kloster Boitzenburg, Zisterzienser in der Uckermark her kennen – die kirchlichen Kostbarkeiten aus dem wertvollen Klosterschatz ausliefern. Neun Jahre später wurde die Zisterze dem kurfürstlichen Oberhofmarschall Adam von Trott überschrieben. Nachdem die Lehngüter durch das Ausbleiben männlicher Erben der Familie von Trott an das Land Brandenburg zurückgefallen waren, wurden Himmelpfort und deren dazugehörige Ländereien dem Amt Badingen zugeteilt.
Himmelpforts Wirtschaftsgebäude – das vermeintliche Brauhaus
Von den einstigen Wirtschaftsgebäuden der Zisterze Himmelpfort hat sich lediglich eins erhalten. Leider kann die frühere Architektonik des sogenannten Brauhauses nicht mehr genau rekonstruiert werden. Das an einem Wassergraben gelegene Gebäude lässt uns an die klostereigene Wassermühle denken. Im Gegensatz zu der schlicht anmutenden Klosterkirche der Jungfrau Maria weist das Wirtschaftsgebäude einen hübschen gotischen Giebel auf. Ebenso wie bei der Kirche wurden auch bei jenem Bauwerk rote Backsteine als Material verwendet.
Die Entstehungszeit des Wirtschaftsgebäudes liegt im 14. Jahrhundert. Seine heutige architektonische Form ist allerdings im 19. Jahrhundert verändert worden. Als in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 die Brücke neben dem alten Brauhaus gesprengt wurde, ist auch der an der Wasserseite gelegene Giebel eingestürzt. Somit handelt es sich um einen Wiederaufbau und kein Original.
Hinweis
Kloster Himmelpfort – cœli porta ∙ Klosterstraße 1 ∙ 16798 Fürstenberg / Havel OT Himmelpfort ∙ Landkreis Oberhavel
Lesenswert
Lange, Marion: Das Zisterzienserkloster Himmelpfort. Eine Spätgründung im Randgebiet der Mark Brandenburg – Ausstattung und Wirtschaftsentwicklung, in: Winfried Schich (Hrsg.): Zisterziensische Klosterwirtschaft zwischen Ostsee und Erzgebirge, (= Studien zur Geschichte, Kunst und Kultur der Zisterzienser, Band 19), Berlin 2004