Nach unserem Besuch auf dem malerischen Pehlitzwerder, wo wir die Ruinen des Zisterzienser-Klosters Mariensee anschauten, steigen wir wieder in den Reisebus ein, der uns zu dem am heutigen Amtssee gelegenen Kloster Chorin fährt.
Wir erfahren vom Umzug und vom Namenswechsel der Abtei, der Klostergeschichte und der imposanten Architektur.
Unzweifelhaft gehört die ehrwürdige Zisterzienserabtei Chorin zu den bedeutendsten Repräsentanten der norddeutschen Backsteinarchitektur. Ihre Gründung als askanisches Eigenkloster und Grablege des johanneischen Zweigs der Dynastie ging zunächst – wie wir schon lesen konnten – der Anlage des auf dem barnimschen Pehlitzwerder errichteten Klosters Mariensee voraus. Die Idee dazu rührte von dem erfolgreichen Versuch Markgraf Albrechts II. – dem jüngeren Enkel Albrechts des Bären – her, seine Macht nach Osten hin auszudehnen. Wahrscheinlich fiel Albrechts Wahl vor allem deshalb auf jenes Gebiet, weil die schiffbare Oder als wichtige Wasserstraße zur Ostsee und Pommern hervorragende Möglichkeiten als Handels- und Verkehrsweg für die Märker bot.
Ein Kloster zieht um und wechselt seinen Namen – vom Kloster Mariensee auf dem Pehlitzwerder zum Kloster Chorin am Amtssee
Unser Buskompass-Autor berichtete bereits, dass nach der provisorischen Bestattung Markgraf Johanns I., † 1266, in der noch nicht fertiggestellten Kirche des Klosters Mariensee sich die emsige Geschäftigkeit auf dem Pehlitzwerder allmählich ihrem Ende zuneigte. Auf dem neuen Stück Land, das die Marienseer Zisterzienser von ihrem verstorbenen Souverän testamentarisch vererbt bekommen hatten, sollte nun der Bau des barnimschen Klosters mit seinem neuen Namen Chorin erfolgen. Um 1272/73 sind in Chorin erste Bauunternehmungen nachgewiesen. Wobei das älteste Klostergebäude die außerhalb der Zisterze gelegene Klostermühle ist, die bei der Positionierung der zukünftigen Lage der Abtei ein entscheidendes Kriterium bildete.
Abt Johannes von Nemyk konsekriert den Choriner Hochaltar
Weil die Altarweihe der gotischen Klosterkirche am 13. November 1334 vom Abt Johannes von Nemyk nicht nur vorgenommen, sondern auch urkundlich datiert wurde, dürfte ebenfalls im gleichen Jahr der Kirchenbau selbst vollendet gewesen sein. Unbestritten ist die Choriner Abteikirche eines der bemerkenswertesten und schönsten sakralen Bauwerke der Norddeutschen Backsteingotik. Die in mittelalterlicher Backsteinbauweise ausgeführte Umsetzung gotischer Normen und Stilelemente ist in Chorin nicht nur beispiellos gelöst worden, sondern sie hat vielerorts auch bei der Errichtung anderer märkischer Kirchen Einzug gehalten. Unsere Einschätzung basiert auf jenen Gebäuden, die noch heute von der Choriner Klosteranlage erhalten geblieben sind.
Kloster Chorin blüht unter den Askaniern wirtschaftlich auf
Ähnlich wie bei Kloster Chorins in der Zauche gelegener Mutterabtei Lehnin ist auch die Historie der am heutigen barnimschen Amtssee befindlichen Tochter-Zisterze sehr eng mit der Geschichte der Mark Brandenburg verknüpft. Unter der ersten märkischen Dynastie der Askanier – von denen mindestens sechs Familienmitglieder in Chorin bestattet wurden – blühte das zweite Filia-Kloster Lehnins wirtschaftlich rasch auf. In dieser Epoche bis zum Tod des letzten Askaniers, Markgraf Walde- oder Woldemar des Großen, † 1319 in Bärwalde, vermochte das Kloster seinen Besitz kontinuierlich auszubauen.
Der Niedergang Chorins – von den Askaniern zu den Hohenzollern
Nach der Blütezeit des Eigenklosters des johanneischen Familienzweigs der Askanier erfolgte aufgrund kriegerischer Verwerfungen in der Mark Brandenburg dessen wirtschaftlicher Niedergang, der trotz der Wiederherstellung der landesherrlichen Ordnung durch die Hohenzollern im 15. Jahrhundert nicht gebremst werden konnte. Es ist uns schriftlich belegt, dass die Weißen Mönche jetzt in immenser Armut lebten und dass deren verwüstete Klosterkirche wieder aufgebaut werden sollte, damit dort erneut Gottesdienste abgehalten werden konnten.
Choriner Äbte fungieren als kurfürstliche Räte – Joachim II. Hector säkularisiert Kloster Chorin
Seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts trugen die Choriner Äbte die Würde eines kurfürstlichen Rats und wurden zu entsprechenden Tätigkeiten hinzugezogen. Ungeachtet dessen säkularisierte 1542 Joachim II. Hector trotz des hohen Ansehens der Äbte deren Kloster Chorin genauso wie dessen altehrwürdige Mutterabtei Lehnin. Danach verpfändete er deren Güter für 20.000 Taler als Kammergut. Bis in das Jahr 1545 sollen noch der letzte Abt Brixius und einige verbliebene Mönche in Chorin gelebt haben. Schließlich wurde die märkische Zisterze nach der Säkularisation als brandenburgisches Domänenamt nicht nur landwirtschaftlich genutzt, sondern auch für diesen Zweck umgebaut.
Der Niedergang Chorins zeigt sich auch in seinen Klostergebäuden
Große Sachschäden entstanden bereits in der Folge des verheerenden Dreißigjährigen Kriegs, 1618-48. Gleichermaßen ist seitdem der Südflügel der Klausurgebäude nicht mehr vorhanden. Von der Klosterkirche wurde zudem das Ziegeldach entfernt, um es für die Joachimstaler Fürstenschule zu verwenden. Aus diesem Grund kam es zum vorhersehbaren Einsturz der Kirchengewölbe, denen bald darauf weitere Gewölbeteile mit schweren Schäden folgten. Ebenso wurden der nördliche Kreuzgangflügel und das dahinterliegende südliche Seitenschiff der Kirche abgebrochen. Auch das Obergeschoss des Ostflügels der Klausur, in dem einst das Dormitorium – der Schlafsaal der Mönche – untergebracht war, ist fatalerweise nicht mehr existent.
Karl Friedrich Schinkel unterbreitet Vorschläge zur Rettung Kloster Chorins
Mit den bahnbrechenden Vorschlägen des architektonischen Multitalents Karl Friedrich Schinkel für die Rettung und den Erhalt Chorins am Beginn des 19. Jahrhunderts beginnt die brandenburgische Landesdenkmalpflege, die bis in unsere Tage aktiv weitergeführt wird.
Der bedeutendste Teil der mittelalterlichen Klosteranlage bildet die einstige Abteikirche, bei der es sich um eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit einem Querhaus, einem polygonal geschlossenen Chor und zwei beiderseitig danebengelegenen sowie doppelgeschossigen Ostkapellen handelt. Leider sind das südliche Seitenschiff und die Ostkapellen nicht mehr vorhanden. Allerdings ähnelt das stilgerecht mit einem schlanken Dachreiter heute erneuerte Dach von außen her weitgehend dem ursprünglichen Erscheinungsbild der gotischen Abteikirche.
Die berühmte Westfassade sucht ihresgleichen
Nicht nur unser Buskompass-Autor erachtet die Westfassade der Choriner Klosterkirche als besonders erwähnenswert. Einerseits sollte sie durch ihre architektonische Schönheit die unumschränkte Macht der askanischen Markgrafen und andererseits die strenge Religiosität der ersten brandenburgischen Herrscherdynastie verdeutlichen. Da die Zisterze Chorin auch die Funktion einer Wallfahrtsstätte inne hatte, bedurfte sie einer würdevollen Schauwand. Interessanterweise unterscheidet sich die Choriner Westfassade von anderen zisterziensischen Klosterkirchen, wie zum Beispiel im Vergleich zu ihrer älteren Mutterabtei Lehnin. Charakteristisch für die Choriner Schaufassade sind ihre drei gewaltigen Maßwerkfenster, durch die eine immense Menge an Tageslicht das aus roten Backsteinziegeln erbaute Kircheninnere erhellt.
Über den gotischen Fenstern befinden sich kleine Giebelbekrönungen, die jeweils mit gestaffelten Dreiecksgiebeln und mit zierlichen Stiftstürmchen versehen sind. Sie sollen das Bild einer prächtigen Stadt widerspiegeln, bei der es sich um das endzeitliche Jerusalem gehandelt haben dürfte.
Einige erhaltene Gebäude des Klosters Chorin
Im einstigen Klausurbereich vermitteln die beiden noch erhaltenen Kreuzgangflügel und die Aufmauerungen der Fundamente ein beachtliches Bild der einstigen Klosteranlage.
Sehenswert für die Besucher sind ebenfalls die Klosterküche sowie das Brau- und das Pförtnerhaus, die zusammen ein geschlossenes Eingangsensemble bilden. Überdies blieben bis in unsere Tage das Souterrain des östlich der Klausur gelegenen früheren Abtshauses und die Ruine der außerhalb der Abtei befindlichen Klostermühle erhalten.
Mit dem Kloster Chorin endet die hier beschriebene Filiation ihrer askanischen Mutterabtei Lehnin. Chorin, das trotz anfänglicher wirtschaftlicher Prosperität unter dem märkischen Geschlecht der Askanier kein eigenes Tochterkloster mehr aufzuweisen hat, steht am Ende eines langen Weges, der im fernen Burgund begann und im heimischen Barnim seinen krönenden Abschluss fand.
Hinweis
Zisterzienser-Kloster Chorin · Amt Chorin 11a · 16230 Chorin · Landkreis Barnim
Besuchszeiten
Sommerzeit: täglich 9-18 Uhr · Wintermonate: täglich 10-16 Uhr
Eintrittspreise: Erwachsene: 6 € · ermäßigt / Kinder ab 7 Jahre: 4 € · Familien: 13 €
Kloster Chorin ist nicht nur ein beeindruckendes Gebäudeensemble, sondern auch als pulsierender Veranstaltungsort bekannt. Als besonderer Höhepunkt gilt der Choriner Musiksommer. Jedes Jahr zwischen Juni und August finden klassische Open Air Konzerte inmitten einer ansehenswerten historischen Kulisse statt. Ebenso erfreuen sich die alljährlich stattfindenden Klostermärkte zu Ostern und in der vorweihnachtlichen Adventszeit bei großen und kleinen Touristen einiger Beliebtheit. Unterhaltsam ist ebenfalls ein Besuch im Herbstmonat Oktober, wenn im nordostdeutschen Backsteinkloster die gut frequentierten Keramik- und Kräutertage stattfinden.
Klostercafé
Das Klostercafé im Zisterzienserkloster Chorin · Bei Anfragen und / oder Reservierungen rufen Sie bitte an: Telefon: 0 333 66 – 53 80 80
Lesenswert
Cante, Marcus: Zisterzienserkloster Chorin: Geschichte – Forschung – Denkmalpflege, in: Forschungen und Beiträge zur Denkmalpflege im Land Brandenburg. 2013, Heft 15