Nach dem Besuch der Klostermühle und unserer Einkehr im Wirtshaus Zur Klostermühle möchten wir eine weitere Sehenswürdigkeit, die Pfarrkirche Sankt Marien auf dem Berge in Boitzenburg anschauen.
Unser Buskompass-Autor lässt nicht nur die Bauphasen der Kirche Revue passieren, sondern er geht auch auf das Interieur des hübschen Gotteshauses ein.
Der an herausgehobener Stelle im Mittelpunkt des uckermärkischen Landstädtchens Boitzenburg gelegene Kirchberg trägt auf seinem Gipfel die evangelische Pfarrkirche Sankt Marien auf dem Berge. Es handelt sich um einen einschiffigen frühgotischen Granitbau aus dem späten 13. Jahrhundert, der im Verlauf des 17. bis in das 19. Jahrhundert mehrmals stark verändert wurde.
Der markante Barockturm der evangelischen Pfarrkirche Sankt Marien auf dem Berge
Bereits von Weitem ist der markante viergeschossige Barockturm des ehrwürdigen Gotteshauses zu sehen. Der an der westlichen Seite der Kirche gelegene 47 Meter hohe Turmbau war der erste größere Anbau an die Kirche, der um das Jahr 1600 erfolgt sein dürfte. Für diese These spricht ein topografischer Merian-Kupferstich aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, auf dem jener barocke Kirchturm bereits zu eruieren ist. Im 18. Jahrhundert erfolgte eine Aufstockung des Barockturms, dessen eiserne Wetterfahne die Jahreszahl 1767 aufweist.
Wenn wir vom hohen Turm auf die Sankt Marien Kirche hinunter schauen, erkennen wir eine sogenannte Kreuzkirche. Im Inneren der Kirche treffen wir aber keinen kreuzförmigen Grundriss an, sondern vier voneinander getrennte Säle. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Sankt Marien Kirche auf eine lange Baugeschichte zurückblickt. Ihr Zentrum bildet natürlich das Kirchenschiff.
Die zweite bis vierte Erweiterung der Pfarrkirche im 18. und 19. Jahrhundert
Die zweite größere Neugestaltung erfolgte in der Zeit um 1700, als das imposante Kirchenschiff durch einen neuen Chorabschluss mit seinen nunmehr prächtigen Wappenfenstern in Richtung Osten erweitert wurde. Die dritte Modifikation fand im 18. Jahrhundert im südlichen Innenraum des Gotteshauses durch den Einbau der Patronatsloge derer von Arnim statt. Dabei handelt es sich um eine mitunter mit Fenstern verglaste und beheizbare, manchmal auch über der Kanzel angebrachte Kirchenloge, die dem adligen Grundherren und dessen Familie während der frommen Besuche des Gottesdienstes diente. Häufig waren die Patronatslogen über einen separaten Eingang aus erreichbar, damit der Feudalherr die Kirche nicht zusammen mit dem einfachen Volk betreten brauchte. Schließlich erfolgte die vierte Umgestaltung im nördlichen Teil der Kirche, die seit damals, um 1840, den Namen Winterkirche führt.
Das Interieur der Pfarrkirche – 1. Der Altar
Im Zentrum des Kirchenraums sehen wir den von acht korinthischen Säulen umgebenen Altar, der von einem Baldachin bekrönt wird. Darüber befinden sich das von einem Strahlenkranz umgebende Gottesauge, das von einem Dreieck umschlossene Auge der Vorsehung, und zwei seitlich angebrachte Engel.
Den bemerkenswerten Altar umstehen die vier Evangelisten, Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Moses mit den Gesetzestafeln sowie Johannes der Täufer, dessen Attribut ein Lamm ist, sind ebenfalls auszumachen. An dem von starken Adlerklauen getragenen Altartisch befinden sich die Abbildungen von der Taufe Jesu in Bethanien, der Beschneidung im Tempel, des letzten Abendmahls in Jerusalem und einer feierlichen Tafelrunde.
2. Die Kanzel und die Taufe
Der gewölbte Korb der aus der Epoche des 18. Jahrhunderts stammenden Kanzel wird von allegorischen Figuren getragen, die die Hoffnung und die Liebe darstellen. Ein Relief zeigt Jesus auf dem See Genezareth im oberen Jordangraben predigen. Am Fuß ist das Doppelwappen derer von Arnim und von Schlieben angebracht. Letztere sind ein märkisches Adelsgeschlecht, deren Ursprung im heutigen brandenburgischen Elbe-Elster Kreis liegt. Die polygonale, in Eisengusstechnik angefertigte Taufe aus dem 19. Jahrhundert ist mit Engelsreliefs versehen und mit schönen Lilienranken geschmückt.
3. Das Grabmal für Georg Dietloff von Arnim-Boitzenburg aus dem 18. Jahrhundert
Unmittelbar neben der Kanzel befindet sich das imposante Grabmal für den im Jahr 1753 verstorbenen Georg Dietloff von Arnim-Boitzenburg. Er wurde bereits in jungen Jahren in den preußischen Hofdienst und in die Armee aufgenommen. Friedrich der Große verlieh ihm das Amt eines Staatsministers mit Sitz und Stimme im Geheimen Rat. Anschließend avancierte von Arnim zum Kriegsminister. Auf persönlichen Wunsch des Königs vereinigte er als dirigierender Minister, Generalpostmeister, Vizepräsident des Generaldirektoriums und als Direktor der uckermärkischen Landschaft wichtige Zweige der Staatsverwaltung in seinen Händen. Zugleich wurde ihm in Anerkennung seiner herausragenden Leistungen die höchste preußische Auszeichnung, der Schwarze Adler-Orden, verliehen.
Nach Aussage der Inschrift gaben das bemerkenswerte Grabdenkmal die Söhne Georg Dietloffs in Auftrag. Ein einflussreicher Sohn Dietloffs, der Hof- und Kammergerichtsrat Abraham Wilhelm von Arnim-Boitzenburg, verfügte über enge Kontakte zum Berliner Hof. Er wählte den damals bekannten Barockbildhauer, Johann Georg Glume – einen Schüler des legendären Baumeisters des Berliner Zeughauses, Andreas Schlüter, – aus, das eindrucksvolle Grabdenkmal für seinen verdienten Vater künstlerisch zu gestalten. Georg Dietloff ist im festlichen Ornat des Schwarzen Adler-Ordens dargestellt, zu dem er zusätzlich den Johanniter-Orden, einen preußischen Verdienstorden, trägt. Das marmorne Ehrenmal wird vor dessen Sockel linker Hand von der Allegorie der Weisheit, der antiken Göttin Sapientia, und rechts von einem trauernden Putto mit umgestürzter Lebensfackel und Totenkopf eingerahmt.
Weitere Grabmäler des 17. und 18. Jahrhunderts in der Sankt Marien Kirche sind für den in Boitzenburg geborenen und späteren preußischen Generalfeldmarschall Georg Abraham von Arnim und dessen erster Gemahlin Anna Sophia Helena von Ohr.
4. Die Orgel
Im 18. Jahrhundert war die evangelische Pfarrkirche mit einer prächtigen Sakralorgel des bedeutenden Orgelbauers Ernst Julius Marx ausgestattet, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts durch eine neue Orgel des renommierten Berliner Orgelbaumeisters Carl-August Buchholz ersetzt worden ist. Auf ihr spielen noch heute die Organisten.
Hinweis
17268 Boitzenburg, Evangelische Pfarrkirche Sankt Marien auf dem Berge
Öffnungszeiten von Mai bis Oktober, täglich von 10-18 Uhr. Schlüssel und Führungen bitte nach der Anmeldung im Pfarramt erfragen. Telefon: 03 98 89 – 234
Lesenswert
Piltz, Georg: Kunstführer. Leipzig • Jena • Berlin 1973