Die Verkehrswende muss kommen.
Wie kann es gelingen, dass mehr Leute öffentliche Verkehrsmittel benutzen? Also Bahn und Bus?
Das bundesweite 9-Euro-Ticket war ein Erfolg. Aber wie geht es weiter?
Berlin ist unsere Bundeshauptstadt. Vorgestern wurde hier via Funk und Fernsehen, sprich der Berliner Abendschau, einer täglichen, sehr beliebten Fernsehsendung, bekannt gegeben, dass es von Oktober bis November ein preisgünstiges Bus- und Bahnticket geben wird. Es soll 29 Euro pro Monat kosten, gilt für die beiden Hauptstadtzonen A und B und jeder kann es erwerben. Vorausgesetzt man schließt ein Abonnement ab oder hat bereits eines. So soll verhindert werden, dass die ganze Sache nur ein Schnäppchen ist und nichts daraus folgt. Ein Abonnement ist eine nachhaltige Sache, die den Kunden länger bindet und so länger von der Straße auf die Schiene holen soll. Da die Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey, aber weiß, dass man die Berliner nicht „erpressen“ kann, gibt es ein Sonderkündigungsrecht nach den 3 Monaten. In der Zeit kann jede und jeder sich überlegen, ob so eine Monatskarte nicht doch eine gute, praktische Sache ist. Zudem ist diese Aktion eine Sache für die Berlinerinnen und Berliner. Für die Menschen, die in der Stadt wohnen und arbeiten.
Mit Bus und Bahn unterwegs in Berlin
Man muss dazu als Nicht-Berliner eines wissen: Bus, Straßenbahn und S-Bahn fahren in Berlin in kurzen Abständen und bis in die Nacht, am Wochenende sogar durchgehend. Ein Wunschtraum für manchen Provinzler. Der oder die des Abends nicht wissen, wie sie vom Kino, Theater oder einem Treffen mit Freunden ohne ein Auto nach Hause kommen können. Aber die Verkehrsmittel in Berlin sind oft sehr überlaufen und voll. Am unangenehmsten ist es in der U-Bahn, wo man dicht gedrängt unter vielen Menschen sitzt, mitunter keinen Platz findet. Um Corona Infektionen vorzubeugen, sind die oberen Fenster oft aufgeklappt, was zu Krach und Zugluft führt und die Luft in der U-Bahn nicht wirklich besser macht. Am angenehmsten fährt man in der S-Bahn bei Tageslicht oder auf den Fähren über die Berliner Flüsse und Gewässer, wozu man mit einem Abo der Berliner Verkehrsgesellschaft, der BVG, auch berechtigt ist. Das ist eine schöne Sache. Ja, und schließlich ist es auch einfach nicht anders möglich, von Moabit nach Britz oder von Tegel nach Köpenick zu kommen. Es gibt zudem auch angenehme U-Bahn Strecken, zum Beispiel die U3 von Krumme Lanke zum Wittenbergplatz. Und sowieso hat jeder und jede eigene Vorstellungen von dem, was schön ist.
Natürlich kann man als Besucher Berlins auch immer mit den Buslinien 100 und 200 und einem Einzelfahrschein die Stadt erkunden und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten kennenlernen.
Die Vorteile der Weltstadt
Natürlich gehen solcherlei sensible Beobachtungen an der Wirklichkeit der meisten Menschen, die täglich zur Arbeit und zurück durch die Stadt fahren müssen, vorbei.
Wir sind in Berlin glücklich und dankbar, über ein so ein gutes Nahverkehrssystem zu verfügen, dass in über 100 Jahren hier entwickelt und gewachsen ist. Klar ist alles weit und die Stadt ist groß und gebaut und repariert wird zudem – aber man kommt Tag und Nacht von Prenzlauer Berg nach Wannsee und von Lichterfelde zum Berliner Ensemble am Bahnhof Friedrichstraße und wieder zurück.
Gesagt getan. Da ich bislang über kein BVG-Abo verfügte, ging ich heute Nachmittag kurzer Hand zum Kundenzentrum am Bahnhof Zoo. Die Schlange der Wartenden war lang und ging bis nach oben auf die Straße. Ich fragte Leute vorne am Eingang, wie lange sie schon anstünden. Eine Stunde war die Antwort. Ich überlegte: sicherlich stehen abends vor 21 Uhr weniger Leute in der Schlange. Das Kundenzentrum hat wochentags von 7 bis 21.30 Uhr geöffnet – anderseits war ich nun einmal da und ein Weg würde auch dauern. Also fragte ich kurz entschlossen zwei wartende Damen vor und nach mir, ob wir uns abwechseln wollen und jede mal was erledigen kann. Sie waren einverstanden. Und so machte ich eine Stunde einen Einkaufsbummel zur Sichtung der Herbstmode im Bikini-Haus und am Tauentzien und war pünktlich nach einer Stunde zurück in der Schlange. Kein Wartender hat sich beschwert. Den Rest der Wartezeit, eine gute halbe Stunde, verbrachten wir mit Gesprächen über das Warten vor dem Rolling Stones Konzert in der Waldbühne und Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts in der Warteschlange. Auch das ist Berlin! Man hilft sich und spricht miteinander.
Nach insgesamt zwei Stunden hatte ich mein 29 Euro-Probeabo für 3 Monate Bus und Bahn in Berlin. Das Ganze hätte man auch im Internet erledigen können. Aber es geht doch nichts über lebendigen Austausch.