Freiberg, die erste freie Bergstadt Deutschlands, liegt am Fuß des Osterzgebirges. Die einst bevölkerungsreichste Stadt der Markgrafschaft Meißen war durch den Silberbergbau Quelle des Reichtums der sächsischen Herrscher. Viele Spuren dieses Wohlstands sind heute noch im Stadtbild zu finden. Mit dem Bus lassen sich die Gegend und die Theater zwischen Freiberg, Döbeln und Meißen ideal erkunden.
Das Theater Freiberg hat eine lange Tradition: 1790 wurde ein Bürgerhaus zu einem Theater umgebaut. Für den privaten Besitzer rechnete sich das Ganze aber nicht und er bot das Haus der Stadt zum Kauf an. Der Stadtrat nutzte die Chance. „Da eines Teiles Geld müßig in der Kasse liegt, ..anderen Teiles aber..für besser erachtet wird, wenn dieses Haus in den Händen der Obrigkeit sich befindet..und durch die Erfahrung sich bestätigt, dass überhaupt durch die Schauspiele der Nahrungsstand der Bürgerschaft gewinne.“ So steht es in einer Chronik. Klugerweise blieb die Stadt auch in Zeiten, in denen das Geld nicht müßig in der Tasche lag, ihrem Theater treu und so nennt sich das Freiberger Stadttheater – wiederum – das Älteste Stadttheater der Welt. Ältere städtische Theater existieren entweder nicht mehr oder sind in Neubauten umgezogen. So Konstanz, Ulm und Mannheim. Ab 1880 gab es immer wieder Um- und Erweiterungsbauten und nach den Baumaßnahmen ab 1983, die 1991 zum 200. Jubiläum abgeschlossen wurden, hat sich das 320 Zuschauern Platz bietendeTheater den gesamten Häuserblock erobert. Jetzt sind hier Werkstätten, Proberäume, Studiobühne unter einem Dach vereint.
Verbindung in Mittelsachsen
Die Theater in Freiberg und Döbeln sind seit 1993 in Fusion zur Mittelsächsischen Theater und Philharmonie gGmbH vereint. Es gibt die Sparten Schauspiel, Musiktheater und Philharmonie. Eine umfangreiche und wichtige Jugendtheaterarbeit besteht ebenfalls: das Junge Theater Mittelsachsen (JTM). Der Förderverein des Theaters Döbeln gründete das Junge Theater Döbeln (JTD) 2008 und den Theaterjugendclub Freiberg (TJC), nachdem der Verein Jugendtheater Döbeln endete. Das ist Bürgerengagement mit Kontinuität und Durchsetzungskraft. Das JTM ermöglichte gemeinsame Projekte zwischen Freiberg und Döbeln – gemeinsame Probenlager, Filmdrehs und anderes mehr. Derzeit gibt es die spezielle Jugendtheaterarbeit allerdings nur in Freiberg. In Döbeln gibt es das Bürgertheater Loge 5 mit rund zwanzig, mit Leib und Seele engagierten Mitgliedern jeden Alters. Der Name entstand durch den Stammplatz von Christel Lange, der langjährigen, mittlerweile verstorbenen Vorsitzenden des Fördervereins des Döbelner Theaters. Hier zeigt sich, wie unverzichtbar das Engagement einzelner Bürger für ihre Stadt, ihr Theater ist.
Theater vor Ort in der Mitte der Gesellschaft
Ich erwähne das deshalb so ausführlich, denn Theaterarbeit für die Kinder und Jugendlichen vor Ort ist ausnehmend wichtig. Meine Cousine Sabine wohnt mit ihrer Familie in Döbeln. Ihre Kinder Ben und Frida sind mit diesem Jugendtheater aufgewachsen und im Theater sozialisiert. Frida ist meine Patentochter. Schon als Zehnjährige zeigte sie mir selbstverständlich und selbstbewusst den Weg zum Theater und zur Musikschule in ihrer Stadt. Schon früh nahm sie hier Musikunterricht in Flöte, Klavier und Gesang und erprobte sich im Döbelner Jugendtheater. Fand hier Freunde, Austausch und Raum für Fantasie. Heute studiert sie Theaterwissenschaft. Ihr Bruder Ben ging ebenfalls von Kind auf ins Junge Theater und konnte sich im Schauspiel, im Tanz und Musicalgesang ausprobieren. Gerade in kleineren Städten, Döbeln hat 25.000 Einwohner und Freiberg ca. 42.000 – ist Theaterarbeit vor Ort mit den Jugendlichen sehr gut machbar, quasi lebenswichtig und identitätsstiftend. Es zeigt sich aber auch, wie wichtig die finanzielle und personale Absicherung solcher Projekte ist, damit Kontinuität und Qualität – sprich: einfach die Möglichkeiten für alle Kinder und Jugendlichen sich mit dem Medium Theater zu beschäftigen, gegeben ist.
Das Theater Döbeln feiert in diesem Jahr „200 Jahre Theater in Döbeln“. Im Wandelgang des 1. Ranges ist daher eine Ausstellung zur Theatergeschichte zu sehen. Das 1872 erbaute Haus brauchte den Vergleich mit größeren Städten nicht scheuen. Schon anfangs hatte es moderne Gasbeleuchtung. Nach einem Brand 1911 wurde es mehrfach umgebaut und erweitert. 1933 ging das bislang privat geführte Theater in städtischen Besitz über. 1992, nach der Wiedervereinigung, sollte es geschlossen werden. Die Döbelner protestierten heftig. Zum dritten Mal in der Döbelner Theatergeschichte entschied sich die Stadt für den Erhalt der Bühne. Sie wurde Gesellschafter der neu gegründeten Mittelsächsischen Theater und Philharmonie gGmbH. 2007 wurde ein moderner Anbau am historischen Gebäude für Studiobühne, Seitenbühne, Künstlergarderoben, Werkstätten, Lagerräume neu übergeben. Das gestalterisch ins Auge fallende Gebäude bildet einen spannenden Kontrapunkt zum historischen Theater, in dem übrigens 283 Plätze sind.
Das Döbelner Theater ist barrierefrei und hat einen Aufzug für das Publikum. Der Zuschauerraum des Hauses ist mit einer Ringschleifenanlage ausgestattet. Besucher des Hauses können im Parkett den Ton über ein Hörgerät empfangen.
Freilichttheater am See
Seit 2007 gehört die 250 qm große Seebühne an der Talsperre Kriebstein zum Mittelsächsischen Theater. Die sächsische Theaterlandschaft ist um einen idealen Schauplatz reicher. Meine Patentochter spielte hier als Teenager im Extraballett in Inszenierungen von Operetten und Musicals „Der Vogelhändler“, „Hello, Dolly!“ und „Eine Nacht in Venedig“. Sie spielte und sang bravourös mit Witz und Charme und behauptete sich ohne Zweifel neben den Profis. Wo haben junge Menschen sonst solche hervorragenden Möglichkeiten? Auch Sänger aus aller Welt kommen im Sommer zu Austausch Programmen nach Döbeln/Freiberg/Kriebstein, um hier die Möglichkeiten des deutschen Ensemble-Theaters und den Repertoire Betrieb kennen zu lernen.
In diesem Jahr wird „Die Csárdásfürstin“ von Emmerich Kálmán inszeniert.
Die Seebühne Kriebstein ist eine Perle in der Landschaft. Es bieten sich hier noch zahllose weitere Freizeitmöglichkeiten. Die Freilichtbühne liegt verkehrsgünstig zwischen Leipzig, Chemnitz und Dresden. Es finden 850 Zuschauer Platz. Eine Anreise mit dem Bus bietet sich an.