Die Schaubühne ist einfach ein Sehnsuchtsziel. Für Theaterleute, für Theaterliebhaber, Theaterliebhaberinnen aus aller Welt. Für Berliner und Berlinerinnen. Für Touristen. Einfach für alle!
Die Schaubühne wurde 1962 von Studierenden als Schaubühne am Halleschen Ufer in Berlin-Kreuzberg gegründet. Seit über sechzig Jahren bestimmt die Theaterarbeit, die dort gemacht wird, die nationale und internationale Szene. Unter dem Regisseur Peter Stein wurde sie in den siebziger Jahren zum berühmtesten Theater im deutschsprachigen Raum. Steins Inszenierungen, zum Beispiel die der Sommergäste von Maxim Gorki, die 1976 auch verfilmt wurde, waren damals der Hit! Berühmte Schauspieler und Schauspielerinnen wie Jutta Lampe, Edith Clever, Ilse Ritter, Bruno Ganz, Michael König und Otto Sander brachten das Theater und diesen Film zum Leuchten.
Die Schaubühne und Peter Steins Sommergäste in Karl-Marx-Stadt
1976 gab es mit den Sommergästen auch ein Gastspiel der Schaubühne in der DDR. Nämlich in Chemnitz, das damals noch Karl-Marx-Stadt hieß, in der dortigen Stadthalle. 350 junge Birken wurden dabei als Bühnenbild eingesetzt plus zehn LKW-Ladungen Walderde. Wer damals eine Karte ergattern konnte und heute noch lebt, schwärmt immer noch von der Aufführung. Ich habe einige Theaterleute davon erzählen hören. War es doch damals nahezu unmöglich, nach Berlin-Kreuzberg zu gelangen. Da bekam man schon eher eine Karte in Karl-Marx-Stadt, am Rande des Erzgebirges.
Doch wie heißt es so schön bei Friedrich Schiller: Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze. Dieses Zitat aus dem Prolog von Wallensteins Lager ist zum geflügelten Wort geworden, so in den Sprachgebrauch eingeflossen, dass man landläufig den Ursprung nicht mehr kennt.
Stars der Schaubühne heute: Thomas Ostermeier, Lars Eidinger und Joachim Meyerhoff

Seit 1999 ist Thomas Ostermeier der künstlerische Leiter der Schaubühne am Lehniner Platz. Das Gebäude, 1928 im Stil der Neuen Sachlichkeit vom Architekten Erich Mendelsohn errichtet, war einst das größte Kino Berlins und steht heute unter Denkmalschutz. Die Schaubühne ist heute eines der fünf großen Berliner Ensemble- und Repertoire Theater, ein modernes, zeitgenössisches Theater mit ureigenem Profil. Dieses zeichnet sich durch einen analytisch-kritischen, auch politischen Blick auf die gesellschaftliche Wirklichkeit aus. Lars Eidinger, Caroline Peters und Joachim Meyerhoff gehören fest zum Ensemble. Der Internationale Austausch ist wichtig. So hat das Ensemble der Schaubühne pro Jahr ca. 100 Gastspiele im Ausland und internationale Regisseure und Autorinnen können hier arbeiten.
Die Möwe. Tschechows berühmtes Theaterstück über Kunst und Liebe

Kürzlich sah ich in der Schaubühne Die Möwe von Anton Tschechow in der Inszenierung von Thomas Ostermeier. Dieser Klassiker des Theaters erzählt von zwei Generationen von Menschen, die ihr Glück in der Kunst und in der Liebe suchen. Und davon, was nach dem Unglück kommt und wie man der Provinz entkommt.
Das wunderbare, wandelbare Ensemble erzählt auf scheinbar leichte Weise vom Leben und seinen Herausforderungen. Und: alles spielt unter einem großen Baum. Unter einer breitausladenden abendländischen Platane mit mächtigem Stamm und dicken Ästen. Die Platane ist diesmal allerdings nicht echt wie seinerzeit die Birken bei Peter Stein, sondern wurden nach Entwürfen des Bühnenbildner Jan Pappelbaum, ja tatsächlich, er heißt so, gebaut. Es ist faszinierend, sie effektvoll beleuchtet anzuschauen. Bezauberndes Vogelgezwitscher gibt es dazu. Das Publikum kann sich wirklich eingeladen fühlen, mit unter dem Baum zu sitzen und dem Spiel der Schauspieler zuzusehen.

Joachim Meyerhoff – ein Multitalent und trotzdem bodenständig
Hervorragende Schauspieler und Schauspielerinnen nehmen das Publikum mit auf die Reise durch das Stück Die Möwe. Stephanie Eidt, Alina Vimbai Strähler, Thomas Bading – und Joachim Meyerhoff. Ihn möchte ich hier hervorheben, da er durch seine Bücher und die sehr lustige und zugleich tiefsinnige Verfilmung seines Romanes mit dem Titel Wann wird es wieder so, wie es nie war einem breiten Publikum bekannt geworden ist. Weitere Bestseller von Meyerhoff und Teile dieser Trilogie sind Amerika. Alle Toten fliegen hoch und Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Wir können von Glück sprechen, so ein Multitalent live auf einer Theaterbühne in Berlin erleben zu können. Meyerhoff spielt einfach wunderbar und einzigartig. In der Schaubühne ist er auch in den Stücken Das Leben des Vernon Subutex 1 und Eurotrash, hier zusammen mit der großen Schauspielerin Angela Winkler zu erleben. Jedes Mal geht es um feinsinnige und zugleich kräftige Figurenzeichnung und besonders um sensibles Zusammenspiel mit den Kolleginnen und Kollegen. In einzigartiger individueller Figurenzeichnung ist Meyerhoff ein Meister.
Worauf warten Sie also? Mieten Sie sich einen Bus und kommen Sie nach Berlin an den Lehniner Platz am Kurfürstendamm und besuchen Sie die Schaubühne!
Die Schaubühne – eine Magic Box
Im Café Schaubühne können Sie vor oder nach der Vorstellung Kleinigkeiten wie Quiches mit Salat, Suppen oder Pasta essen. Natürlich auch alle Arten von Getränken, um auf den schönen besonderen Abend anzustoßen und über das Gesehene nachzudenken und zu sprechen. Hier im Café Schaubühne kann man nach der Vorstellung auch den Schauspielerinnen und Schauspielern in lockerer Atmosphäre begegnen. Lars Eidinger, Josef Bierbichler, Nina Hoss habe ich hier schon getroffen. Im öffentlichen Raum sind sie alle ansprechbar. Nur Mut!
Gespräche vor und nach der Vorstellung machen den Theaterabend besonders nachhaltig.
Und ganz nebenbei kann man sich auch an große Theaterabende der Schaubühne erinnern wie Wie es euch gefällt von William Shakespeare in der Regie von Peter Stein. Die raumgreifende und Räume erobernde Inszenierung von Peter Stein fand ab 1977 in den CCC-Filmstudios in Spandau eine Heimat. Ein normaler Theaterraum wäre für diese Inszenierung zu klein gewesen. An mannigfaltigen Spielorten und Plätzen entfalteten die wunderbaren Schauspieler wie Jutta Lampe, Tina Engel, Otto Sander und Michael König Shakespeares Kosmos der Leidenschaften. Wie die Höflinge bei Shakespeare geht das Theater in die Wälder, sprich, in die Filmstudios. Das begeisterte Publikum ging mit. Folgte durch Gänge, Türen und Verliese den Schauspielern und ihren wechselnden Spielorten und konnte so Theater in immer neuen Perspektiven erleben. Es war eine Sternstunde des Theaters, die ich 1978 frisch nach meiner Ausreise aus der DDR in West-Berlin erlebte. Der Magie dieses Theaters konnte ich mich nicht entziehen.
Zahlreiche weitere große und kleine Theaterabende folgten und lassen mich immer wieder erwartungsvoll den Geschichten und Interpretationen der Schaubühne entgegensehen. Denn: Den Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze. Aber: Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet überschrieb Friedrich Schiller 1784 eine Rede. Und sie gilt noch heute.
