Weihnachtszeit und Theater gehören zusammen. Wenn es früh dunkel wird, sehnen sich besonders viele Menschen nach Licht und Unterhaltung. Klassisch sind festliche Opern- und Ballettabende – und das sogenannte Weihnachtsmärchen für Kinder. Was hat das Berliner Theater sonst noch zu bieten?
Die Adventszeit ist auch in der Hauptstadt eine besondere Zeit. In allen Bezirken sind Weihnachtsmärkte, die sich in ihrer Vielfalt überbieten. In diesem Jahr können wir endlich auch wieder – ob mit oder ohne Maske – Theater, Kirchen, Jazzklubs, Opernhäuser, Kellertheater und was es sonst noch so gibt, besuchen. Klassisches Opernrepertoire zu Weihnachten ist Hänsel und Gretel und La Boheme, im Ballett Der Nussknacker.
Ich gehe an einem Freitag einfach mal spontan in die Komische Oper. Das Haus kenne ich seit meiner Kindheit. Meine Eltern liebten dieses Haus und die Theaterarbeit Walter Felsensteins mit seinen berühmten Inszenierungen wie Ritter Blaubart und Hoffmanns Erzählungen, beide von Jacques Offenbach und Ein Sommernachtstraum von Benjamin Britten. Felsenstein setzte neue Maßstäbe im Bereich der Opernregie und popularisierte den Begriff Musiktheater. Ich selbst habe in den 70er Jahren mehrfach das damals sehr beliebte Musical Der Fiedler auf dem Dach in Felsensteins Inszenierung gesehen. Diese Aufführungen waren neben der Zauberflöte mein Einstieg ins Musiktheater. Was auf der Bühne verhandelt wurde, war einfach sehr lebendig und hatte mit dem Leben, Träumen, Ängsten und Fantasien zu tun. Einmal, das ist ganz lang her, teilte ich mir mit meiner großen Liebe einen Sitzplatz, zwar hatten wir jeder einen eigenen, aber von einem aus sah man besser. Unvergesslich! In der Pause trafen wir dann noch einen bekannten Dichter, den wir kannten und sprachen mit ihm. So etwas kann man alles in der Oper erleben. Doch zurück zu heute.
In der Komischen Oper ist immer was los!

Barrie Kosky, der deutsch-australische Regisseur, leitete die Komische Oper von 2012 bis 2022 und hat das Haus zu einem umjubelten, absolut beliebten Berliner Highlight gemacht. Er schaffte es, die Herzen der Berlinerinnen und Berliner zu gewinnen. Es gelang ihm, die Vielfalt des Lebens in unserer Stadt, eine schillernde, bunte Gesellschaft, abzubilden. Als Kinderoper gibt es in diesem Jahr PIppi Langstrumpf in der Regie von Dagmar Manzel. Kosky konnte die sehr beliebte Berliner Schauspielerin und Sängerin als Allrounderin für das Haus gewinnen. Diese Mixtur aus Klassik und Moderne zieht in Berlin. Nun wird das Haus der Komischen Oper in der Behrensstraße renoviert, was nach sechsundfünfzig Jahren Spielbetrieb notwendig ist. Die Saaldecke bröckelt, die Sanitäranlagen sind marode und die Bühnentechnik knirscht und knarzt. Das Ensemble zieht deshalb im Sommer 2023 für einige Umbauspielzeiten ins ehemalige Schiller Theater in der Bismarckstraße.

Darum möchte ich in dieser Saison noch oft in die Komische Oper gehen. Das Gebäude des ehemaligen Schiller Theaters hat zwar seine Vorzüge, dennoch ist das historische Gebäude von 1892, das wie sehr viele Theater in Europa von den berühmten Architekten Fellner und Helmer erbaut wurde, einfach etwas Besonderes. Und wie man sieht, ist ein Theatergebäude auch Speicher vieler Erinnerungen.
Das alte Ägypten berlinert
Ich besorgte mir spontan am selben Tag eine günstige Karte für Die Perlen der Cleopatra, eine fast vergessene Operette des Wiener Komponisten Oskar Straus. Ich wurde nicht enttäuscht. Es war ein großes Vergnügen! Das alte Ägypten berlinert, in Gestalt von Dagmar Manzel. Sie spielte die berühmte ägyptische Königin Cleopatra als Frau in den besten Jahren. Sie hat einen Berliner Dialekt drauf, dessen Redewendungen selbst ich, die ich in dieser Stadt geboren bin, mitunter höchstens noch aus meiner Kindheit kenne. Schlagfertig nimmt Manzel jede Kurve und meistert alle Situationen. Ob im Bett oder Badezimmer, wo jeweils Perlen schimmern oder in der Verhandlung mit persischen oder römischen Eroberern. Berliner Schnauze und Musik helfen immer! Cleopatra versucht ihre Macht zu erhalten, ihr Imperium bröckelt, anderseits sucht sie einen kleinen ägyptischen Flirt und außerdem ist die kleine Katze Ingeborg ihre ständige Begleiterin.
Die Inszenierung hat es wirklich in sich. Das Tanzensemble gibt der Inszenierung entsprechenden Schwung, zitiert die zwanziger Jahre und reißt das Publikum vom Hocker. Die musikalische Leistung des Orchesters und des Chors der Komischen Oper ist sowieso immer in sämtlichen Registern hervorragend und mitreißend.
Zudem hatte ich auch noch weiteres Glück. Vor Beginn wurden in der Kassenhalle wegen der derzeitigen Grippewelle versucht, einige Karten weiter zu verkaufen. Ein freundlicher Herr gab mir schließlich eine sehr gute Karte im Parkett, die er übrig hatte und nicht los wurde. Wir saßen nebeneinander und plauderten in der Pause. Es war ein wunderbarer Abend.

Wer mehr möchte, kann in die Neuinszenierung des Fliegenden Holländers in der Komischen Oper gehen. Die Wagner-Oper wurde von Regisseur Herbert Fritsch und seinem Sänger-Ensemble gegen den Strich gebürstet. Bunt, schrill, frech kommt sie als unverschämte Operette daher. Ich kann einen Besuch dieser vergnüglich inszenierten Oper nur empfehlen. Hier wird das Schwere leicht. Es gab viel Applaus. Hineingehen, einfach hineingehen!
Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage

Am Samstagabend war ich dann von einer Nichte ins Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach in die Pankower Hoffnungskirche eingeladen. Sie ist Cellistin. Ihre Einladung kam erst am Freitag, am Tag zuvor. Das war ziemlich knapp. Daraufhin angesprochen, meinte meine Nichte, dass sie eben erst kurz zuvor wisse, ob die Aufführung gut wird oder nicht. Schließlich handele es sich um eine Aufführung mit zahlreichen Laien. Die Chorsänger sind Laien, die Musiker und Solisten sowie der Dirigent sind Profis. Und man weiß nie, wie es zusammen klappt. Kurzentschlossen schob ich meine Termine etwas und sagte zu. Was soll ich sagen? Es war einfach wundervoll! Endlich wieder eine vollbesetzte, adventlich geschmückte Kirche. Vorne am Altar stehen Chor und Sänger dicht gedrängt. Über allem leuchtete ein großer, weißer Herrnhuter Stern. Ach, wie hatte ich das in den letzten beiden Jahren vermisst. Und dann die wohlbekannten Klänge des Weihnachtsoratoriums. Jauchzet, frohlocket. Es war himmlisch.

Falls Sie in der Nähe eine Aufführung des Weihnachtsoratoriums wo auch immer entdecken, am wirkungsvollsten erlebt man diese so nachhaltige Musik in einer Kirche. Fahren Sie hin, warum nicht mit einem Bus und der ganzen Familie.
Im Café Einstein und auf dem Weihnachtsmarkt

Am Sonntag war ich im Stammhaus des Café Einstein zum Frühstück verabredet. Diese Berliner Institution in der Kurfürstenstraße gibt es seit 1979. Damals war Berlin noch eine ganz andere Stadt. Als Studentin war ich hier oft zu Gast. Das im Stil der Wiener Kaffeehauskultur eingerichtete Haus ist eine Villa nach Art der italienischen Renaissance. Zudem kann man im Sommer in einem schönen, wild bewachsenen Garten sitzen. Ja, das Einstein scheint aus der Zeit gefallen zu sein und ist zugleich sehr beliebt. Viele Künstler, ob Wim Wenders oder Tom Hanks, Adriana Altaras oder Heike Makatsch sind hier anzutreffen. Nun muss das Haus von Grund auf renoviert werden. Es schließt für mehrere Jahre am 22. Dezember. Zwischen den Jahren wird das Interieur verkauft. Man kann nur hoffen, dass es in zwei Jahren an gleicher Stelle wiedereröffnet wird.

Nachmittags empfiehlt sich der Besuch einer der zahlreichen Weihnachtsmärkte. Im Zentrum zum Beispiel am Bebelplatz neben der Staatsoper, hier ist in diesem Jahr der beliebte Weihnachtsmarkt vom Gendarmenmarkt zu finden, da dort momentan gebaut wird. Dieser Weihnachtsmarkt ist romantisch und zauberhaft. Neben Kunsthandwerk aus der ganzen Welt gibt es neben dem allseits begehrten Glühwein und Bratwurst auch feine Spezialitäten aus den Alpenländern. Ein weiterer Weihnachtsmarkt ist am Alexanderplatz zu finden. Viele weitere in zahlreichen Berliner Bezirken, Orten und Plätzen.

Der Buskompass wünscht allen Frohe Weihnachtstage!