Wie eine Stadt ihres Dichters gedenkt, ist in ungefähr einer Stunde, dreißig Minuten von Berlin aus mit dem Bus zu erfahren. In Frankfurt/Oder kann man auf den Spuren Heinrich von Kleists wandeln. Wie lebendig diese sind, zeigen heutige Autoren.
Der Dichter Heinrich von Kleist wurde 1777 in Frankfurt/Oder geboren. Er wurde nur vierunddreißig Jahre alt und es gelang ihm in diesem kurzen Leben, Literatur von Weltruhm zu schreiben. Mit elf Jahren wurde er in die Schule nach Berlin geschickt und mit fünfzehn zum Militär nach Potsdam. Mit zweiundzwanzig erbat er seinen Abschied vom Militär und kehrte nach Frankfurt/Oder zurück, um zu studieren. Damit entschied er sich gegen die Pläne und Werte seiner Familie, die ihm Reichtum, Würde und Ehre bringen sollten, sondern für die Ausbildung seines Geistes und um Wissen zu erlangen. Es war ein Skandal! An der Universität Frankfurt/Oder studierte er Mathematik, Physik, Kulturgeschichte, Recht und Naturrecht – er hatte breite Interessen. Er wollte alles wissen…
Wir kennen Kleist besonders als Dramatiker. Als Autor so bahnbrechender Theaterstücke wie des „Käthchen von Heilbronn„, „Prinz von Homburg„, „Amphitryon“ und „Der zerbrochne Krug„. Aber auch so berühmter Erzählungen wie „Michael Kohlhaas“ und „Die Marquise von O…„.
Das Kleist-Museum in Frankfurt an der Oder widmet sich seinem Leben und Werk. 2013 wurde es neu eröffnet. Mehrere Jahre wurde um den neuen Anbau gerungen, der mit Subventionen der EU, des Bundes und des Landes Brandenburgs gefördert wurde. Auf nunmehr verdoppelter Ausstellungsfläche wird „Rätsel, Kämpfe, Brüche. Die Kleist-Ausstellung“ präsentiert. Die ständige Ausstellung ist für die nächsten Jahre ein Anziehungspunkt des Hauses, aber auch die regelmäßigen Wechselausstellungen bieten interessante Aspekte, die man sonst nirgends zu finden bekommt.
Derzeit ist die Ausstellung „Günter de Bruyn – Märkische Schreibwelten“ zu sehen. Ein Schlüssel zu de Bruyns Werk ist das Märkische. Sechs Jahrzehnte schreibt er, sechs Jahrzehnte beschäftigt ihn die Mark Brandenburg und lässt ihn nicht mehr los, ihre Literatur, Kultur, Geschichte. Sie liefert ihm Stoff für Romane, Chroniken, Erzählungen. Wie ein Entdecker spürt er vergessene Autoren auf und lässt uns an ihrem Werk teilhaben. Das kleinste Detail inspiriert ihm zu größeren Erzählungen. Die Ausstellung zeigt – auch dank der Unterstützung Günter de Bruyns – wie die Mark Brandenburg zu seinem Arbeits- und Lebensmittelpunkt werden konnte. Wir sehen seine Recherchen, seine umfassenden Materialien, Studien, Fotografien, Briefe, Manuskriptentwürfe und Verworfenes. Wir erleben den Autor hautnah bei seiner Arbeit. Die „Märkischen Schreibwelten“ führen mitten in die Welt de Bruyns hinein. Und das wortwörtlich: anhand ausgesuchter Kapitel wird exemplarisch gezeigt, wie das Lokale ganz exakt in die Geschichten einfließt, wie aus all dem Literatur wird.
1969 wurde das Kleist-Museum in Frankfurt an der Oder in der barocken, denkmalgeschützten Garnisonsschule nach einer langen Umzugsgeschichte wiedereröffnet. Der neue, offene, moderne Anbau von 2013 bietet endlich ausreichend Platz, Lagerungs – und Präsentationsmöglichkeiten für die über 34 000 Bestandseinheiten. Hier findet sich die größte Dokumentation nicht nur zu Kleist, sondern auch seines literarischen Umfeldes. Das Blaubuch der Bundesregierung verzeichnet das Kleist-Museum als kulturellen Gedächtnisort von nationaler Bedeutung.
Herzlich Willkommen im „neuen Haus für Kleist“!
In der Nähe, im Kleist Forum, Frankfurt/Oders Kultur und Kongresszentrum, finden Gastspiele von Oper, Operette, Ballett, Schauspiel, Musical, Kabarett und Lesungen statt. In dem repräsentativen Haus mit schlichter, funktionaler aber beeindruckender Architektur, das 2001 eröffnet wurde, finden 575 Zuschauer Platz. Zudem ist die „Bürgerbühne“ dort beheimatet. Hier können Laien, Frankfurter und Frankfurterinnen sich spielerisch mit aktuellen und gesellschaftlich brisanten Themen der Zeit auseinander setzen und unter professioneller Anleitung auf die Bühne bringen. Wie auch im Kleist-Museum gibt es hier vielfältige Angebote für Schulen.
In Frankfurt/Oder ist es zudem möglich, Stadtführungen auf Kleists Spuren zu machen.
Es gibt auch eine Kleist-Route. Sie ist ca. 20 Kilometer lang. Geübte Wanderer können sie zu Fuß erlaufen, andere mit dem Rad erfahren. Sie führt durch Stadt und Parks, zum Beispiel den Kleistpark, und bringt Denkmäler und architektonisch interessante Orte näher. Zwei von den insgesamt fünf Stationen existierten bereits zu Lebzeiten Kleists. Alle zeigen die Bedeutung, die Heinrich von Kleist in Frankfurt auch heute noch hat. Zahlreiche Lokale am Wegesrand laden zum Verweilen ein.
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Hinweis
Stadtführungen auf Kleists Spuren: An Wochentagen kosten sie ab zehn Personen 5 Euro pro Person, am Wochenende 7 Euro. Buchungen über das Kleist-Museum.