Wollen Sie ein ganz besonderes Museum besuchen? Ich würde sogar sagen eins der schönsten der Welt? Dann kommen Sie mit nach Berlin-Lichterfelde ins Kunsthaus von Achim Freyer. Hier ist Privatheit und Öffentlichkeit, Kunst und Leben aufs Schönste vereint.
Der Maler, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner Achim Freyer, kurz gesagt, der weltbekannte universale Künstler Achim Freyer lädt in sein Privathaus in Berlin-Lichterfelde jeden Sonntag Besucherinnen und Besucher ein, um seine einzigartige Sammlung zu besichtigen. Man sollte sich am besten zuvor anmelden. Die Besichtigung ist nur im Rahmen einer Führung möglich, denn man bewegt sich in einer Privatsammlung. Hat man den Weg nach Berlin-Lichterfelde gefunden, tritt man in eine wunderbare Wunderkammer ein. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Das sage ich Ihnen und ich habe schon viele Museen in der ganzen Welt gesehen. Zur Führung trifft man sich jeweils um 15 Uhr, am Sonntag, wie gesagt.
Achim Freyer, der Ausnahmekünstler
Achim Freyer, 1934 in Berlin geboren, wurde nach einer künstlerischen Ausbildung 1954 Meisterschüler bei Bertolt Brecht am Berliner Ensemble und der Akademie der Künste. Er wurde zum stilbildenden Bühnenbildner des innovativen Theaters in der DDR. Da er allerdings zunehmender Maßregelung und Zensur ausgesetzt war, ständig an Grenzen stoß, floh er bereits 1972 während eines Gastspiels in Italien in den Westen. Hier setzte seine künstlerische Kraft sich bald durch, er wurde erfolgreicher Bühnenbildner und Professor an der Hochschule der Künste in Berlin. Was ihn zudem besonders auszeichnet, ist sein freundliches, offenes, herzliches Wesen. Er geht in besonderer Weise auf die Menschen zu, sodass sich sein Gegenüber gesehen und gemeint fühlt. So habe ich es jedenfalls immer wieder erlebt.
Der Ausnahmekünstler und seine Sammlung
Genau dieses Menschenbild zeigt sich auch in seiner Sammlung im Kunsthaus Achim Freyer. Im ganzen Haus sind heute 2400 Bilder von Meistern des 19. bis 21. Jahrhunderts auf drei Etagen verteilt zu sehen. Es sind weltberühmte Künstler neben unbekannten. Picasso, Chagall, Rosa Loy neben Bildern, die Freyer auf Flohmärkten und auf der Straße gefunden hat. Neo Rauch, A.R. Penck, Käthe Kollwitz, Niki de Saint Phalle neben Bildern, die in der Psychiatrie gemalt wurden. Zeichnungen von Kindern hängen neben etablierter Kunst. Sie alle hat Freyer seit den 1950er Jahren gesammelt. Hier hängt Art brut, Outsider art, Naive Kunst neben der klassischen Moderne. Freyer wertet und erklärt die Bilder nicht. Es finden sich keine Namensschilder, keine Zahlenangaben, die in den sonstigen Museen so gern gelesen werden. Das einzelne Bild steht für sich. Im Zusammenhang bildet sich ein großes, sozusagen weiteres Bild des Menschen, der Menschheit, der Weltkunst. Ich finde, diese Art und Weise der Auswahl und Darstellung extrem menschenfreundlich.
Ich komme ins Schwärmen. Ich kann nicht anders. So etwas Wunderbares habe ich noch nie gesehen. Bewerten wir doch im Alltag ständig, was ist besser, was ist schlechter, was ist gut, was nicht und warum. Gerade auch der in finanzieller Richtung explodierte Kunstmarkt kann ein Lied davon singen.
Bei Achim Freyer ist alles anders. Seine Sammlung anzuschauen macht den Kopf frei, lüftet den Geist, entspannt und macht froh. Mich jedenfalls.
Im Kunsthaus Achim Freyer
Das Haus, ein 1893 erbaute Fachwerkbau, der heute unter Denkmalschutz steht, erwarb Freyer für wenig Geld in den 70er Jahren und rettete es somit vor dem Abriss. In dieser Zeit verließen viele Menschen die Stadt West-Berlin, da sie Sorgen hatten, dass der Osten diesen Teil der Stadt ebenfalls einnehmen wird. Daher gab es im Gegensatz zu heute viel Leerstand. Freyer fand auch hier das, was andere nicht wollten. So wie er manche Bilder seiner Sammlung ebenfalls auf der Straße und im Abseits gefunden hat.
Im Erdgeschoss befindet sich eine Galerie, die in Wechselausstellungen wesentliche Gegenwartskunst zeigt. In den Verkaufsausstellungen stehen immer wieder verschiedene Künstlerinnen und Künstler im Fokus, mitunter auch der Hausherr selber. In diesen Räumen finden auch Lesungen, Konzerte und Gesprächsrunden statt. Auch diese offenen Formate werden hier geboten.
Betritt man nun den Eingangsbereich, kommt man an einem großen Schuhregal vorbei. Man sieht, hier wird gewohnt und gelebt. Es sind die Schuhe der Familie Freyer. Sie wirken hier wie Kunstobjekte. Im Hausflur befinden sich bereits zahlreiche Bilder bis unter die Decke an den Wänden. Geht man die Treppe hinauf, wird es immer besser: Bilder über Bilder! Im ganzen Haus befinden sich über 3 Stockwerke verteilt ca. 2400 Bilder, Gemälde, Grafiken und Zeichnungen. Gehängt bis an die Decke und mitunter direkt daran. Diese enge Reihung von Bildern nennt man Petersburger Hängung, benannt nach der Petersburger Eremitage. Diese vermindert nicht die Qualität, die Wirkung des einzelnen Bildes, sondern hebt sie hervor und bildet mit den benachbarten Bildern ein neues Spannungsfeld.
Betritt man die weiteren Stockwerke des Hauses, erschließen sich immer mehr Bilderwelten, dazu Freyers Bibliothek, ein Besprechungszimmer und der wunderbare Wintergarten. Diesen kann man auch mieten, um hier Geburtstag, Silberhochzeit oder andere Festlichkeiten zu feiern.
Das Kunsthaus Achim Freyer ist sehr nachhaltig, allerdings nicht barrierefrei.
Ein Kommentar
Moin, ein Künstler land, in den ein Mensch der Fantasie lebt. Ein Haus der Geschichte. Es macht Spaß, das Leben eines großen Theater Menschen. Ein Künstler, der immer auch ein Kind geblieben ist, danke für die wunderschönen Geschichten.