Die Zukunft kann keiner voraussagen, heißt es. Die Zukunft kommt aber auch nicht einfach so. Sie ist menschengemacht. Wir Menschen können sie beeinflussen. Aber wie? In Berlin gibt es ein Museum, das sich genau mit diesen Fragen befasst.
In der Schule hatten wir in der 8. oder 9. Klasse im Zeichenunterricht die Aufgabe, ein Bild mit dem Titel Unsere Stadt im Jahr 2000 zu malen. Wenn ich mich richtig erinnere, muss das 1972, 1973 gewesen sein. Damals waren die Dystopien noch nicht so verbreitet und man schaute allgemein in eine lichte, helle Zukunft. Auch in der DDR, wo ich zur Schule ging. Ich malte also ein großes farbiges Bild mit Wasserfarben im A3-Format. Darauf waren Hochhäuser zu sehen – Wolkenkratzer fand ich damals sehr toll und faszinierend, ich kannte fast nur Einfamilienhäuser und höchstens dreigeschossige Häuser. Auto- und Magnetbahnen verbanden alles schwungvoll miteinander. Das ganze Bild hatte eine helle, positive Ausstrahlung. Leider habe ich es nicht mehr. Aber ich meine mich ziemlich genau an meine jugendliche malerische Vision zu erinnern. Im Hintergrund zogen Kamele durch eine bewässerte Wüste. Die Kamele waren irgendwie leicht zu malen und gaben meinem Werk etwas Poetisches. Also Metropole und Natur, Stadt und Land waren meine Themen. Wasser und Sonne. Im Grunde Themen, die auch heute unsere Überlegungen zur Zukunft, die Zukünfte bestimmen.

Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich die Zukunft vorzustellen. Welche wünschen wir uns und welche sind realistisch? Im Futurium in Berlin sind ganz verschiedene Ideen und Entwürfe für die Zukunft zu entdecken.
Ein Haus für alle und die diversen Zukünfte
Die meisten Museen, die wir im Allgemeinen kennen, befassen sich mit der Vergangenheit. Im Futurium, das 2019 in Berlin in einem architektonisch sehr interessanten Bau am Alexanderufer an der Spree eröffnet wurde, ist das anders. Es soll Bühne und Forum für offene Fragen der Zukunft sein. Das Konzept besagt, alles hängt mit allem zusammen. Mensch, Natur und Technik sollen zusammengedacht und gebracht werden. Es gibt eben nicht nur eine Zukunft, sondern unterschiedliche Zukünfte, wahrscheinlich so viele wie es Menschen gibt. Hier in diesem Haus kommt es darauf an, einen Raum zu schaffen, in dem Besucher sich vieles besser vorstellen und möglichst auch ausprobieren können, um bewusst zu machen, dass Zukunft gestaltbar und nicht unbeeinflussbar ist.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung ist federführender Gesellschafter des Futuriums. Daneben sind zahlreiche Stiftungen und Wissenschaftsorganisationen beteiligt. Der DAAD, die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft. Vertreter der Wirtschaft wie BASF, Bayer, Siemens, Boehringer Ingelheim, die Deutsche Telekom Stiftung und viele andere mehr. Hier kann die Bevölkerung, können die Bürger in Dialog mit der Forschung kommen und daran teilhaben. Fantasien und Vorstellungen können hier in Gang gesetzt werden.
Der Eintritt ist übrigens frei. Für Muße und Entspannung ist in diesem nachhaltig gebauten Gebäude ebenfalls gesorgt. In weiten Teilen des Hauses sind Flächen zum Spielen, zwar für Kinder, aber auch für Erwachsene zum Toben und Entspannen aufgebaut. Neben diesen Spielflächen sind große bodentiefe Fenster zu finden, die den Blick frei geben. Man schaut entweder zur Spree und dem Regierungsviertel oder auf die vorbeiflitzende S-Bahn. Es hat etwas sehr Dynamisches, Bewegliches, wie die Zukunft eben auch. Zugleich ist das Futurium in die Umgebung und in die Geschichte des Ortes miteingebunden.

Auch die Dachterrasse, der Skywalk, ist ab April geöffnet und bietet einen unverstellten weiten Blick über die Hauptstadt.
Das Futurium ist barrierefrei und auch für Menschen mit Hör-, Seh- und Lernbeeinträchtigungen ausgerichtet.
Mensch, Natur, Technik – Weltall, Erde, Mensch

Ein Themenschwerpunkt ist dem Thema Zukünfte der Demokratie gewidmet. Diese unsere Staatsform der Herrschaft des Volkes ist von der Idee her 2000 Jahre alt. Vieles hat sich seither verändert, auch die Vorstellung davon, was einen demokratischen Staat ausmacht. Wie kann sich die Demokratie in Zukunft weiterentwickeln? Wie können die Zukünfte der Demokratien aussehen? Welche Möglichkeiten der Beteiligung und Einflussnahme auf die Gesellschaft könnte es zukünftig geben. Wo wollen wir hin? Wichtige Fragen heute, Gedanken, können angeregt werden. Demokratie erhält sich eben nicht von selber, sie wird von den Menschen gemacht, von uns. Dabei kommt mir unwillkürlich eine Erinnerung. Jeder und jede, die in der DDR die Jugendweihe erlebt hat, bekam das Buch Weltall, Erde, Mensch – ein Sammelwerk zur Entwicklungsgeschichte von Natur und Gesellschaft vom Staat als Geschenk. Auch hier ging es um grundlegende Fragen, die damals die Ideologie des Staates bestimmten, der allerdings eine Diktatur war. Vielleicht lohnt es sich, das Buch zu suchen, wer es noch hat. Ich habe das Werk in meinen Bücherregalen gesucht und relativ schnell gefunden. Auch hier Überschriften: Die Deutsche Demokratische Republik und die Zeit, in der wir leben. Die Eroberung des Atoms. Der Aufbau des Weltalls. Die Erde. Was ist Leben? Die Welt der Organismen. Das Werden der menschlichen Gesellschaft. Die Klassengesellschaft. Dann Karl Marx, Friedrich Engels und Wladimir Iljitsch Lenin. Sozialistische Demokratie, Sozialistische Kulturrevolution und schließlich das Abschlusskapitel: Der Kommunismus – die Zukunft der Menschheit.

Es ist anders gekommen. Zum Glück! Ich denke, ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass es in Diktaturen nur einen Weg, eine Wahrheit, eine vorgebliche Zukunft geben soll. Die Vielfältigkeit der Wirklichkeit des Lebens sieht anders aus.
Erinnern wir uns und schauen in die Zukunft. Auch dafür ist ein Besuch im Futurium anregend, informativ und kann das eigene Denken frei machen.