Seit 1952 verbindet man den Namen dieser 30 Kilometer nordwestlich von Lübeck gelegenen Stadt vor allem mit den Karl-May-Spielen, die hier alljährlich vor einer eindrucksvollen Naturkulisse über die Bühne gehen.
Karl May – als ich ungefähr zwölf, dreizehn Jahre alt war, hab ich seine Romane verschlungen. Meine Mutter betrachtete das etwas mit Sorge, sie war nicht wirklich vom literarischen Wert dieser Bücher überzeugt. Mein Vater meinte, da brauche sie sich keine Sorgen machen: durch das Lesen von Karl May verliere man den Respekt vor dicken Büchern – schon dies allein erfülle den Zweck und man lerne eben dicke Bücher zu lesen. In der DDR – wo ich aufgewachsen bin – waren die Bücher von Karl May sowieso exotisch, denn sie wurden so gut wie nicht verlegt, jedenfalls nicht Ende der sechziger Jahre. Also musste man jemanden kennen, der diese Werke hat – der Vater meiner Freundin besaß fast alle Bände und ich durfte sie mir nacheinander ausleihen. Also lag ich Nachmittage lang auf dem Sofa, das damals Chaise hieß, in unserem Wohnzimmer und versetzte mich in die Welten von Winnetou und Old Shatterhand – nach Amerika und in den Orient. Orte und Landschaften, in die ich von der DDR aus nie hätte reisen können – aber die Geschichten waren so wundervoll und weckten Sehnsucht nach unbekannten Abenteuern. So ging es allerdings auch Karl May selbst, der sich „eine Traumexistenz“ schuf, um vieles „zum Besseren hin“ in seinem Leben zu verändern. So schrieb der Literaturwissenschaftler Helmut Schmied in „Karl May oder die Macht der Phantasie“ (München 2011).
Sehr gern wäre ich auch mal zu den Karl-May-Festspielen gefahren – die waren natürlich unerreichbar. Ich wusste aber, dass es sie gibt.
Heute kann man sehr gut und praktisch mit dem Bus anreisen.
Karl May lebte von 1842 bis 1912 und war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller in deutscher Sprache und laut einer UNESCO Untersuchung von 1960 der am häufigsten übersetzte deutsche Schriftsteller. Seine Werke wurden in 46 Sprachen übersetzt.
Ganze Generationen von Lesern bildeten ihr Bild von den Indianern in den USA und dem Orient an sich aus seinen Werken.
Anfang der 1950er Jahre beschloss die Stadtverwaltung von Bad Segeberg im dortigen Kalkbergstadion „Karl-May-Spiele“ aufzuführen. Im Kalkbergstadion waren in der NS-Zeit völkische Propaganda-Stücke aufgeführt und Versammlungen abgehalten worden. Um sich von diesem Image zu lösen und auch weil das Werk Mays in dessen Heimat Sachsen, also der DDR, damals anfangs der 1950er Jahre ideologisch verpönt war – wollte Bad Segeberg sich den Schuh anziehen. Diese Art der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist zumindest kritisch zu sehen.
Nichtsdestotrotz verzeichneten die Spiele immer wieder Besucherrekorde: als Pierre Brice den Winnetou in den 1980er Jahren spielte, lag die Besucherzahl pro Jahr erstmals über 200 000. In den letzten Jahren sogar über 300 000. Auf Pierre Brice folge ab 1992 Gojko Mitić, der Indianer-Filmstar der DEFA, des Kinos des Ostens. Man darf also positiv bemerken, dass in dieser Hinsicht sich Ost und Westdeutschland längst angenähert haben. Welcher jugendliche Leser hätte so eine Entwicklung in den 1970er Jahren voraussehen können? Damals war Gojko Mitić der Star-Indianer der DEFA und Filme wie „Die Söhne der großen Bärin“ (1966), „Spur des Falken“(1968) und „Apachen“ (1972) waren zwar überaus populär in der DDR – konnten unsere Sehnsucht nach Karl May und „wirklichem Indianerleben“ nicht befriedigen.
Weitere Karl-May-Spiele gibt es auch in Elspe (Sauerland), in Radebeul (Sachsen) und in Eging am See in Niederbayern.
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