Der Bebelplatz in Berlin ist ein zentraler und zugleich ein historischer Ort. Hier fand am 10. Mai 1933 die zuvor nicht vorstellbare Bücherverbrennung durch Goebbels und die ihm ergebenen nationalsozialistischen Studenten statt, der schließlich ein Weltbrand folgte. Heute ist hier ein lebendiger Gedenkort und einer der schönsten Plätze Berlins.
In diesem Jahr, 2023, sind einige Jubiläen zu feiern. Der Jahrestag des 17. Juni 1953 jährt sich zum 70. Mal. Das Berliner Theatertreffen fand zum 60. Mal statt. Die Wochenzeitung DIE ZEIT erscheint im 77. Jahr. Und ja, vor neunzig Jahren war die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten. Werke von über 270 Autorinnen und Autoren von Belletristik, Politik- und Staatswissenschaften wurden mitten in Berlin und vor aller Augen in ein offenes Feuer geworfen.
Erich Kästner, der Autor von Das Doppelte Lottchen und Pünktchen und Anton – auch seine Bücher wurden von den Nazis verbrannt – war selbst Augenzeuge dieser Wahnsinnstaten. Er ging hin, zusammen mit einem Freund. Er wurde von Passanten, von Zuschauern des Autodafés erkannt, da zog er es vor zu gehen. Was Joseph Goebbels Erich Kästner vorwarf, war „Asphaltliteratur“ zu schreiben. Damit wurde seit 1918 großstädtisches, nicht mehr heimatlich verwurzeltes Schrifttum bezeichnet. Auch Alfred Döblin, Bertolt Brecht und Lion Feuchtwanger zählten dazu. Die Bücherverbrennung von 1933, die zugleich in achtzehn weiteren Universitätsstädten stattfand, war ein ritualisierter politischer Gewaltakt ohnegleichen.
Seit dem 20. März 1995 gibt es ein Mahnmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung von Micha Ullman mitten auf dem Bebelplatz. Durch eine gläserne Bodenplatte blickt man in einen unterirdischen Raum mit leeren weißen Bücherregalen aus Beton für 20 000 Bücher. Das ist die ungefähre Anzahl der Bücher, die hier verbrannt wurden.
Von der Bücherverbrennung zum Bücherfest – ein historischer Platz in Berlin
Zu DDR-Zeiten war der damalige August-Bebel-Platz ein Parkplatz. Heute ist er der einzige Platz in der Innenstadt, dessen Fassaden so aussehen wie vor 1943. Die Staatsoper Unter den Linden, die Sankt-Hedwigs-Kathedrale, das Hotel de Rome – zu DDR-Zeiten war hier die Staatsbank der DDR untergebracht, heute kann man im ehemaligen Tresorraum schwimmen und saunieren. Die Alte Bibliothek, im Volksmund Kommode genannt, beherbergt heute die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität sowie das Prinzessinnenpalais, heute Palais Populaire, die Kunsthalle der Deutschen Bank, umrahmen den Platz. Hier finden immer wieder spannende und wundervolle Feste statt, wie das Festival of Lights im Herbst und das jährliche sommerliche Open-Air-Konzert Staatsoper für alle mit freiem Eintritt für jeden. Und nicht zu vergessen, das Berliner Bücherfest.
Das Berliner Bücherfest. Ein Ort für alle
Mehr als 100 Berliner Verlage und Buchhandlungen präsentierten beim Bücherfest des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels im Juni 2023 Gedrucktes aller Art. Antiquarische Bücher und Druckfrisches, Kinderbücher und Krimis, Belletristik und Kunstbücher; alles, was das Herz der Lesefreunde begehrt. Autoren und Autorinnen kann man vor Ort begegnen, mit ihnen ins Gespräch kommen, ihre Werke signieren lassen. Auf über sechzig Veranstaltungen in zwei Tagen sind Autoren und Autorinnen live erlebbar. Es ging um aktuelle Debatten zu Natur- und Umwelt, Flucht und Exil und das Leben in Berlin. Der Eintritt war frei. So etwas lieben die Berlinerinnen und Berliner und so war das Bücherfest an beiden Tagen sehr gut besucht.
Für Kinder- und Jugendliche gab es spezielle Veranstaltungen und Workshops. Leseinseln luden zum Verweilen ein. Natürlich gab es zu essen und zu trinken. Eis, Hamburger, Pizza und ein afrikanischer Foodtruck bot Spezialitäten.
Nicht zuletzt war ich selbst zusammen mit dem Autor Johannes Zillhardt und seinem Buch Freiheit ist auf der Straße. Berliner Kindheiten zum Lesen eingeladen. Wir präsentierten das Buch, das 35 Berliner Kindheiten von der Kaiserzeit bis heute versammelt, im Kleinen Zelt. Ich las mein Kapitel zu meiner Kindheit und Jugend vor ungefähr 100 Zuschauern. Es war aufregend. Die Leute waren konzentriert und verfolgten meine Geschichte aufmerksam. Das erfreute mich zutiefst. Es war eine besondere Ehre, kann ich sagen Gnade, an diesem Ort lesen zu dürfen. Es macht das Schicksal der verbrannten Dichter niemals ungeschehen. Jeder Vergleich verbietet sich. Nichts kann ihr Schicksal aufwiegen. Aber dass mir an diesem Ort, am Bebelplatz, zugehört wird, dass vieles sagbar ist, ist Hoffnung.
Daher könnten auch andere Dinge möglich werden, die wir in unserer zur Zeit so krisenhaften Welt vermissen. Hoffnung ist wichtig und gut.