Nach dem Besuch der Klosterruine Marienpforte wenden wir uns der benachbarten Klostermühle zu.
Derweil berichtet unser Buskompass-Autor von der Wasserbaukunst der Zisterzienser, von den ersten von Mönchen in Betrieb genommenen Wassermühlen, von der Stiftung der Boitzenburger Wassermühle durch drei brandenburgischen Markgrafen und unter welchen Umständen jene Klostermühle ein Museum wurde.
Wer von den geneigten Lesern des Buskompass-Magazins kennt nicht das populäre Kinder- und Volkslied aus der Epoche der Romantik „Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp klapp …“ ? In Boitzenburg heißt dieser kleine Bach Strom. Seit ewigen Zeiten fließt der Strom munter an der Klostermühle und an der imposanten Klosterruine Marienpforte vorbei in Richtung des historischen Hauptorts der Uckermark, nach Prenzlau, sowie weiter hinab bis zur Ostsee. Jahrhunderte lang hat jener sprudelnde Bachlauf die Klostermühle der frommen Zisterziensernonnen in Marienpforte angetrieben.
Die hohe Wasserbaukunst der Zisterzienser in der Mark Brandenburg und anderswo
„Das Beste aber ist das Wasser“, schrieb bereits der griechische Dichter Pindar im 6. Jahrhundert v. Chr. und die gelehrten Zisterzienser handelten nach dessen Motto. Die Lage der Zisterzienserklöster in der dünn besiedelten und unwirklichen Einsamkeit der Uckermark zwang die Mönche und Nonnen schon zeitig dazu, sich intensiv mit der notwendigen Wasserversorgung ihrer autark wirtschaftenden Klöster auseinanderzusetzen. Dabei ist es unstrittig, dass die versierten Zisterzienser Sümpfe trockenlegten, sich auf die Regulierung des Wasserhaushalts zum Mühlenbetrieb sowie zur Wasserversorgung und Entwässerung ihrer Abteien verstanden. Ferner kanalisierten die Mönche Bachläufe. Sie leiteten kleinere Flüsschen um und betätigten sich im ersten Hochwasserschutz. Aufgrund des Fastengebots wurden die Zisterzienser auch zu geschickten Spezialisten in der Anlage von Fischteichen. Erkenntnisse zum Wasserbau lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass ein Technologietransfer aus der Antike in die mittelalterlichen Klöster stattgefunden hat.
Unser immenses Wissen, das wir über die zisterziensischen Wasserbautechniken haben, kommt daher, dass die wasserorientierte Lage der Klöster das Weiterleben der Wasserbauanlagen in der frühen Neuzeit als Manufakturen mit einem hohen Wasserbedarf wie Brauereien, Papiermühlen, Spinnereien, Sägewerken und Wäschereien begünstigte. Ob die kenntnisreichen Zisterzienser, wie vermutet, sogar die Entwässerung von weiten Teilen des norddeutschen Tieflands bewerkstelligten, ist hingegen umstritten. Wahrscheinlich griffen sie lediglich regulierend in den Wasserkreislauf in der unmittelbaren Nähe ihrer weltabgeschiedenen Klöster ein.
Wassermühlen erleichterten das Leben der uckermärkischen Chormönche und der Konversen
Die Erfindung der Maschine Wassermühle als einer Kombination aus einem Rad mit Querbrettern oder Tontöpfen, einem Winkelgetriebe und einem kreisrunden Reibstein wird für die Zeit um 150 v. Chr. vermutet.
Im antiken Rom, in der Ewigen Stadt, ist die Verwendung von Wassermühlen definitiv im 6. Jahrhundert n. Chr. nachgewiesen. Hingegen wurden sie in unseren Ländern nördlich der Alpen erst im späteren Frankenreich des Kaisers Karls des Großen und seiner Nachfolger im 8./9. Jahrhundert üblich. Bis in das 9. Jahrhundert wurden Wassermühlen lediglich zum Mahlen von Getreide eingesetzt. Eine industrielle Nutzung unter Verwendung der Nockenwelle begann am Ende des 10. Jahrhunderts. Infolgedessen konnten die Wassermühlen die Antriebsarbeit für mechanische Werkzeuge leisten, so dass sie in der Metallverhüttung für den Antrieb von Gebläsen und den Antrieb mechanischer Webstühle eingesetzt wurden. Zudem besaßen Wassermühlen den Vorteil, dass sie durch das sachkundige Anlegen von Stauteichen zu jeder Jahreszeit und zu jeder Stunde einsatzbereit waren. Wenn die manuellen Tätigkeiten jetzt nicht nur von den routinierten Laienbrüdern, den Konversen, sondern zum Teil auch von den neuen Maschinen erledigt werden konnten, fanden auch die klugen Chormönche mehr Zeit für das Transkribieren von alten Texten, für ihre schmuckreichen Illustrationen und für ihr kontemplatives Lesen in der Bibel. Sämtliche Klosterbewohner lebten gemäß der aus der Benediktinerregel abgeleiteten und von den Zisterziensern übernommenen Devise: ora et labora = bete und arbeite.
Drei Markgrafen schenkten dem Kloster Boitzenburg eine Wassermühle
Erstmals urkundlich erwähnt wurde die Boitzenburger Klostermühle im Jahr 1271, als das gemeinsam regierende Brüderpaar, die askanischen Markgrafen Johann II., Otto IV. und Konrad I. von Brandenburg mit ihrer generösen Stiftung für die Erstausstattung des Nonnenklosters Marienpforte sorgten. Im Zuge der Auflösung des Zisterziensernonnenklosters während der Reformation im 16. Jahrhundert ging auch dessen gesamter Besitz mit der Boitzenburger Wassermühle in das Eigentum der Familie des uckermärkischen Landvogts Hans von Arnim über. Wenngleich die alte Wassermühle von den verheerenden Zerstörungen in den anhaltenden Wirren des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert nicht gänzlich unverschont blieb, existiert das heutige Mühlengebäude in seiner momentanen Gestalt immerhin auch schon seit der Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Mühlenturbine spendete Boitzenburg elektrisches Licht
Natürlich erfolgten in den nachfolgenden Jahrhunderten immer wieder zahlreiche Verbesserungen und Modernisierungen im Inneren der Mühle. Folglich war es am Anfang des 20. Jahrhunderts bereits möglich, dass die leistungsstarke Mühlenturbine für elektrisches Licht im gesamten Landstädtchen Boitzenburg sorgte. Nach dem Ende des II. Weltkriegs wurde die Mühle enteignet und ging in sozialistisches Volkseigentum über. Bis in die späten 1950er Jahre wurde noch Mehl in der alten Klostermühle gemahlen. Außerdem ließ die LPG, die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft, noch bis kurz vor dem Ende der 1970er Jahre das Mischfutter für ihre Tiere herstellen. Der Umsicht und dem Sammeleifer des damals letzten Müllermeisters ist der vollständige Erhalt der Boitzenburger Klostermühle zu verdanken, die ein augenfälliges Zeugnis ersten Ranges der früheren Mühlentechnik darstellt.
Die Boitzenburger Klostermühle wird ein Museum
Der heute im kommunalem Eigentum stehende Mühlenkomplex ist seit dem Jahr 1979 dem breiten Publikum als ein ansehenswertes und didaktisch hervorragend aufbereitetes Museum zugänglich. Alljährlich lassen sich zahllose Besucher von dem tradierten Ambiente beeindrucken. Wenn der sachkundige Museumsdirektor seine aufgeschlossenen Gäste durch die alte Wassermühle führt, das Mahlwerk wieder in Gang setzt, die Bäckerei im Keller und die gepflegte Müllerwohnung zeigt sowie dabei pikante Anekdoten und lustige Bonmots zu erzählen weiß, dann fühlen sich die staunenden Touristen in eine längst vergangene Epoche zurückversetzt, als die fröhlichen Müllerburschen noch singend auf Schusters Rappen über das weite Land zogen, um ihr ehrenwertes Handwerk zu erlernen.
Außerdem ist es möglich, seine persönliche Familienfeier am blauen Ofen vor knisterndem Kaminfeuer zu verbringen. Obendrein eignet sich jener rustikale, im Kellergeschoss der Mühle befindliche Raum für kleinere Schulungen, gesellige Klassentreffen und gediegene Weihnachtsfeiern in unverfälschtem Rahmen.
Veranstaltungen rund um die Klostermühle am Pfingstsonntag – zu Besuch im Wirtshaus Zur Klostermühle
In jedem neuen Jahr wird, ob Nieselregen oder Sonnenschein, am jeweiligen Pfingstmontag der traditionelle Mühlentag in der Boitzenburger Wassermühle begangen. Auf dem gesamten Mühlenareal gibt es für Jung und Alt neue Dinge zu sehen und zu erleben. Dabei werden stets praktische Tätigkeiten aus der Land- und Forstwirtschaft gezeigt, die jahrhundertelang den ländlichen Tagesablauf prägten. Von moderner Technik abgelöst, drohen viele dieser althergebrachten handwerklichen Fertigkeiten leider bald in Vergessenheit zu geraten.
Wer vom anstrengenden Zusehen müde und hungrig wird, der dürfte der duftenden Verlockung des knusprig-warmen Brotes aus dem großen Steinbackofen im Mühlenkeller nur schwer widerstehen können. Es ist ebenfalls realisierbar, sich im benachbarten Wirtshaus Zur Klostermühle richtig zu stärken.
Hinweis
Wirtshaus Zur Klostermühle, Mühlenweg 5, 17268 Boitzenburger Land OT Boitzenburg
Öffnungszeiten: im Sommer, täglich 11-20 Uhr • im Winter, 11:30-18 Uhr • Montag: Ruhetag
Telefonnummer: 03 98 89 – 8 69 60
Klostermühle Boitzenburg, Mühlenweg 5a, 17268 Boitzenburger Land OT Boitzenburg
Winteröffnungszeiten: Montag geschlossen • Di-So 10-16 Uhr • Telefon: 03 98 89 – 2 36
Lesenswert
Freiherr von Linden, Franz-Karl: Die Zisterzienser in Europa – Reise zu den schönsten Stätten mittelalterlicher Klosterkultur. Stuttgart & Zürich 2004
Knapp, Ulrich: Die Zisterzienser und das Wasser. Michael Imhof Verlag 2020
Schneider, Ambrosius: Die Cistercienser. Geschichte • Geist • Kunst. Köln 1977