Das Zisterzienserkloster Dobrilugk in der Niederlausitz liegt nur 50 Kilometer vom Nonnenkloster Marienstern entfernt. Über den Geschichtsschreiber Thietmar von Merseburg, den Minnesänger Walter von der Vogelweide und die Abteikirche Sankt Marien im heutigen Doberlug-Kirchheim.
Das Stiftungsgebiet, in dem das altehrwürdige Zisterzienserkloster Dobrilugk errichtet wurde, liegt einerseits im westlichen Teil der Niederlausitz und andererseits verkehrsgünstig an einer Furt über die Kleine und die Schwarze Elster.
Im Mittelalter führte eine bedeutende Heer- und Handelsstraße von Torgau im Westen über Spremberg bis nach Schlesien im Osten unmittelbar an der neugegründeten Zisterze vorbei. Bereits 1005 ist Dobraluh in der Chronik des bekannten Geschichtsschreibers Thietmar von Merseburg dokumentiert. Thietmar nennt uns den slawischen Namen, dobra luh, gute Wiese, der eine Lichtung in einem ansonsten undurchdringlichen Wald meint. Aus diesem Grund waren Rodungen im unmittelbaren Umland des Klosters nicht mehr erforderlich. Ebenso erwähnt der mittelalterliche Lyriker und bedeutende Minnesänger Walther von der Vogelweide ein Kloster Toberlû in einem seiner Gedichte, als er sich am Hof zu Meißen aufhielt, wo er einen schneereichen Winter verlebte:
Süßer Sommer, wo bist Du?
Wahrhaftig, lieber sähe ich die Arbeit auf dem Feld!
Bevor ich länger in solcher Falle
eingezwängt wäre, wie ich es jetzt bin,
eher würde ich ein Mönch in Toberlû.
Dass er als Gesandter des Meißener Bischofs in Dobrilugk gewesen war, ist weder durch sein Gedicht belegbar noch wahrscheinlich.
Volkenroda aus der Filiation Altenkamp war die Mutterabtei des Zisterzienserklosters Dobrilugk
Das Mutterkloster der neuen Lausitzer Niederlassung der Zisterzienser war die in Thüringen gelegene Abtei Volkenroda, die zu der Filiation des am Niederrhein befindlichen Klosters Altenkamp/Kamp gehört. Im Jahr 1937 wurde der alte Ortsname Dobrilugk aus ideologischen Gründen in Doberlug eingedeutscht. Schließlich erfolgte 1950 die Zusammenlegung zur heutigen Doppelstadt Doberlug-Kirchhain.
Dietrich II., Markgraf der Lausitz, vermeintlicher Stifter des Klosters Dobrilugk
Es ist interessant zu erfahren, dass die älteste zwischen Elbe und Oder gelegene Zisterzienserabtei Dobrilugk ihre Existenz weder den märkischen Askaniern noch den Erzbischöfen von Magdeburg verdankt, sondern einer Seitenlinie der sächsischen Wettiner. Konrad I. der Große, Markgraf der Ostmark und von Meißen, hatte seinen Besitz bei seinem Tod 1156 unter seinen männlichen Erben aufgeteilt. Sein ältester Sohn, Otto der Reiche, erhielt die Mark Meißen.
Dort fundierte er 1162 das an der Freiberger Mulde befindliche Zisterzienserkloster Altzelle, Cella Sanctæ Mariæ. Konrads zweitgeborener Sohn, Dietrich II. von Landsberg, bekam die den Wettinern verliehene Mark Lausitz übertragen. Markgraf Dietrich wurde wahrscheinlich im Jahr 1165 zum Stifter des Klosters Dobrilugk, das er zum Hauskloster und zur Grablege für seine Familie auserwählt hatte. Da seine Landsberger Nebenlinie bereits mit seinem Neffen, dem Markgrafen Konrad II. ausstarb, vereinigte dessen Vetter, Dietrich der Bedrängte, im Jahr 1220 die Lausitz erneut mit der Mark Meißen.
Markgräfin Elisabeth / Elżbieta von Polen wird in der Sankt Marien Kirche bestattet
Wir vermuten, dass mit der Errichtung der Klosterkirche Sankt Marien offenbar ab dem Jahr 1184 begonnen wurde. Immerhin war das Gotteshaus 1209 soweit fertig gestellt, dass die verstorbene Markgräfin Elisabeth, Elżbieta – eine polnische Königstochter und Gemahlin Konrads II., des letzten Markgrafen der Lausitz, – in der Kirche bestattet werden konnte. Obwohl deren Baugeschichte urkundlich nicht gesichert ist, nehmen wir an, dass 1228 das Weihejahr der Sankt Marien Kirche gewesen war.
Baugeschichte der Abteikirche Sankt Marien
Die Dobrilugker Abteikirche ist eine kreuzförmige und rippengewölbte Pfeilerbasilika. Ihr Altarraum, das sogenannte Sanktuarium, ihre Vierung, dort wo das Langhaus auf den Chor trifft, und die Querschiffarme weisen allesamt einen quadratischen Grundriss auf. Die einstmals an den beiden Querschiffarmen angebauten Seitenkapellen wurden im 17. Jahrhundert abgebrochen. Abgeschlossen wird der östliche Kirchenbau mit einer halbrunden Apsis, deren Äußeres durch spätromanisches Dekor oberitalienischer Provenienz (Herkunft) charakterisiert ist.
Die Dobrilugker Abteikirche gehört zur Gruppe der mitteldeutschen Zisterzienserkirchen
Vergleichbar mit den beiden märkischen Abteikirchen von Lehnin und später auch von Chorin, gehört die Kirche des Zisterzienserklosters Dobrilugk zu den bedeutendsten aus Backsteinen errichteten Sakralbauten des norddeutschen Raums. Allerdings weist die Sankt Marien Kirche stilistisch keine größeren Gemeinsamkeiten mit der ungefähr gleichzeitig erbauten Lehniner Schwesterkirche auf. Folglich rechnen wir das Dobrilugker Gotteshaus eher dem Typus der kurz zuvor entstandenen Abteikirche von Altzelle im sächsischen Nossen zu. Während in Altzelle ein ausgiebiger Wechsel von Sand- und Backsteinen augenfällig ist, besticht die Einheitlichkeit des verwendeten Baumaterials an der Sankt Marien Kirche in Dobrilugk. Somit gehört die Dobrilugker Abteikirche keinesfalls zur märkischen Tradition des Backsteinbaus, sondern sie muss der mitteldeutschen Gruppe zugerechnet werden.
Verputz und Dachreiter werden erneuert
Nach den neusten Befunden des brandenburgischen Landesdenkmalamts war die großflächige Fassade der Sankt Marien Kirche rot geschlämmt und mit weißen Fugenstrichen versehen worden, wie wir sie noch heute an der prächtigen Westfassade sehen können.
Jener Verputz war erst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts aufgetragen worden, als das Gotteshaus zur repräsentativen Hofkirche der Herzöge von Sachsen-Merseburg avancierte. Ihr über der Vierung sitzender Dachreiter wurde nach dem Vorbild der Klosterkirche in Altzelle erst in wilhelminischer Zeit im Jahr 1905/06 aufgesetzt, als Dobrilugk bereits zu Preußen gehörte. Zudem ist der das westliche Langhaus bekrönende und als unansehnlich empfundene Dachreiter kurzerhand entfernt und barockisiert worden. Gleichzeitig wurde auch das Westportal neobarock umgestaltet.
Das Interieur der Abteikirche Sankt Marien – historischer Blockaltar, Altaraufsatz und Predella
Das heutige Gesicht des Innenraums der Sankt Marien Kirche wurde vor allem im Verlauf der umfassenden, in den Jahren von 1905 bis 1909 erfolgten Neugestaltung konzipiert. Dabei ist der gesamte Raum mit einer Mischung von neogotischen und neobarocken Gestaltungselementen überformt worden, deren bemerkenswerte Wirkung allein vor Ort vollständig erfahrbar wird.
Hingegen basiert die ornamentale Bemalung teilweise auf originalen Befunden. Weil der überwiegende Teil des mittelalterlichen Interieurs während einer ersten Restaurierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts weitgehend entfernt worden war, mussten zahlreiche Ausstattungsstücke im Zuge der Neugestaltung am Beginn des 20. Jahrhunderts noch einmal angefertigt werden.
Von der ursprünglichen Innenausstattung blieben jedoch der große, backsteinerne Blockaltar mit seiner historischen Sandsteinplatte erhalten, wohingegen der Altaraufsatz, das Retabel, eine Schöpfung des Jahres 1905 verkörpert. Allerdings wurden damals die geschnitzten Figuren der Mondsichelmadonna sowie die beiden Apostel Petrus und Paulus aus der Zeit um 1500 mit in die Neuschöpfung des Altaraufsatzes integriert. Ebenfalls stammt die Anbetung der Könige in der darunter befindlichen Predella, dem flachen Sockel auf dem Altartisch, noch aus der klosterzeitlichen Epoche des Gotteshauses.
Jene Kunstwerke sind, ebenso wie die um 1490 künstlerisch gestaltete Passionsdarstellung des in der Sakristei stehenden Nebenaltars, alle im Zuge der Restaurierung von 1905-09 aus Senftenberg nach Dobrilugk gekommen. Weiterführende Rekonstruktionsarbeiten erfolgten in den Jahren von 1985 bis 1989, um die Bewahrung des Bestehenden abzusichern.
Klösterliche Eigenwirtschaft – von der Grangie Graulitz zum Hauptgestüt Graditz
Zisterzienserkloster Dobrilugk lag ziemlich genau im Mittelpunkt seines erstmals 1199 urkundlich bezeugten Besitzes, dessen Ausbau beiderseits der Kleinen Elster von den Weißen Mönchen konsequent betrieben wurde. Die sofort begonnene Einrichtung von Grangien – von lateinisch: grangium, Getreidespeicher, also klösterlichen Wirtschaftshöfen –, die von Laienbrüdern, den sogenannten Konversen, bewirtschaftet wurden, erreichte einen Umfang, der in Ostelbien einmalig blieb. Dem Ackerbau stand gleichbedeutend die Viehwirtschaft zur Seite. Beispielsweise bildeten die durch die immer wiederkehrenden Überschwemmungen für den Ackerbau ungeeigneten Elbauen ein bevorzugtes Weidegebiet. Demzufolge hat sich eine Spezialität der an der Elbe befindlichen Grangie Graulitz bis in unsere Tage erhalten, weil sich dort das Zentrum der ehemaligen klösterlichen Pferdezucht befindet.
Interessanterweise konnte auch die Säkularisierung des Zisterzienserklosters Dobrilugk im 16. Jahrhundert der Qualität des zunächst kurfürstlichen und anschließend staatlichen Gestüts nichts anhaben.
Lediglich der Name des Ortes hat sich verändertet – aus Graulitz wurde Graditz, im heutigen Landkreis Nordsachsen gelegen.
Hinweis
Klosterkirche Sankt Marien · Evangelisches Pfarramt Doberlug · Schlossplatz · 03253 Doberlug-Kirchhain · Landkreis Elbe-Elster · Kontakt über Telefon: 03 53 22 – 29 82
Anfahrt
Mit dem Reisebus erreichen wir Doberlug-Kirchhain über die A 13, Berlin-Dresden. Von Norden kommend, empfiehlt es sich die Abfahrt Duben zu nehmen. Weiter geht die Fahrt über die B 87 und die B 96. In Sonnenwalde muss unser Busfahrer auf die Landstraße nach Schönwalde/Doberlug-Kirchhain abbiegen.
Regeneration
Eiscafé Leibnitz · Hauptstraße 61 · 03253 Doberlug-Kirchhain · Telefon: 03 53 22 – 22 84 · Öffnungszeiten: Mo-Fr: 12-21 Uhr · Sa-So: 13-21 Uhr
Lesenswert
Cobbers, Arnt: Zisterzienserkloster Doberlug, in: Der historische Ort, 68. Berlin 1998