Das Zisterzienser Nonnenkloster Marienstern liegt in der südbrandenburgischen Landstadt Mühlberg an der Elbe. Seine Geschichte ist auch mit der Pest, einem Flammeninferno und einer Schankstube verbunden.
Das heute im äußersten Südwesten Brandenburgs, in der Niederlausitz im Landkreis Elbe-Elster gelegene Mühlberg wurde erstmals im Jahr 1230 als civitas, als Stadt, erwähnt. Damals durchfloss ein Nebenarm der Elbe die idyllische Ackerbürger- und Elbschifferstadt und teilte sie in eine Alt- und Neustadt. Aufgrund des Stromes war alles doppelt vorhanden – zwei Kirchen, zwei Marktplätze und zwei Rathäuser. Offiziell vereinigt wurden die beiden Stadthälften erst im 14. Jahrhundert.
Kaiser Karl V. bezwingt bei Mühlberg die protestantischen Truppen im Schmalkaldischen Krieg
Darüber hinaus ist Mühlberg durch den fulminanten Sieg des katholischen Habsburger-Kaisers Karl V. über den eigensinnigen Anführer der Protestanten, den Kurfürsten Johann Friedrich den Großmütigen von Sachsen, am 24. April 1547 historisch legendär geworden, der den Schmalkaldischen Krieg beendete.
Nach dem Wiener Kongress, 1815, kam das sächsische Mühlberg zum Königreich Preußen und wurde ein Teil des damals gegründeten Kreises Liebenwerda. Seit der Flussbegradigung in der Mitte des 19. Jahrhunderts macht die Elbe einen großen Bogen um die beschauliche Ackerbürgerstadt. An den Altstädter Markt grenzen die gut erhaltenen Gebäude des einstigen Zisterziensernonnen-Klosters, dessen ursprünglicher Name der ehrenvolle Weihetitel Marienkloster zum güldenen Stern gewesen war.
Die Herren von Ileburg fundieren Kloster Marienstern – Markgraf Heinrich der Erlauchte von Meißen bestätigt deren Stiftung
Das honorige Jungfrauenkloster verdankt seine Existenz dem ortsansässigen Adelsgeschlecht derer von Ileburg, die sich später auch Eilenburg nennen. Sie dienten zunächst als einfache Ministerialen, als Dienstmannen, und anschließend als Burgvögte den Meißener Markgrafen. In Mühlberg sicherten die Gebrüder Otto und Bodo von Ileburg von ihrer befestigten Wasserburg aus den wichtigen Elbübergang der Stadt. Nachdem die beiden Brüder das Frauenkloster Marienstern fundiert hatten, hatte eine formelle Bestätigung durch den regierenden Markgrafen Heinrich III., den Erlauchten, von Meißen aus dem Hause Wettin zu erfolgen. In der ersten uns überlieferten Urkunde des neu gestifteten Nonnenklosters bestätigte 1227 der Meißener Markgraf dem Ileburger Brüderpaar deren Gründung zur Umwandlung der in der Mühlenberger Altstadt stehenden Pfarrkirche, der ecclesia in Myleberch, zu einer Klosterkirche, die den ehrenwerten Weihenamen Sancta Dei Genetricis et Virginis Marie – Heilige Mutter Gottes und Jungfrau Maria – führen wird. Mit dieser Urkunde hatte Heinrich III. dem neuen Jungfrauenkloster nicht nur verschiedene Rechte verliehen, sondern auch weitreichende Privilegien zuerkannt. Zu jenen besonderen Vergünstigungen gehörten der Fischfang.
Dieses halbe Fischereirecht – wie es hieß – erschöpfte sich nicht nur auf einen bei Mühlberg befindlichen Teich, sondern auch auf den Fischfang mit Netz in der Elbe. Gleichzeitig bestimmte Markgraf Heinrich, dass das Kloster frei bleibe, also ohne Vormundschaft und Abhängigkeit. Im Jahr 1231 erfolgte auf Geheiß des Papstes eine erste Visitation des Nonnenkonvents. Diesbezüglich existiert eine weitere Urkunde, in der der Äbtissin und allen Nonnen ein strenges Leben in guter Ordnung nach den Regeln des Heiligen Benedikt von Nursia bescheinigt wird. Überdies wurde verfügt, dass die adligen Jungfrauen mit Zukost, Schuhen, Röcken, Mänteln, Schleiern und Hauben versorgt werden sollten. Schließlich wird das Mühlberger Frauenkloster erstmals als Zisterzienserinnen-Konvent bezeichnet.
Ein adliges Hauskloster – Otto von Ileburg macht den Nonnen weitere Schenkungen
Die Totenfeier für seinen Bruder Bodo hatte dazu geführt, dass Otto von Ileburg künftig jede sich ihm bietende Gelegenheit nutzte, um der Zisterze Marienstern weitere Schenkungen zu übertragen. Folglich wuchs der Besitz des Konvents im 13. Jahrhundert kontinuierlich an und fast ausnahmslos waren die großzügigen Stifter Mitglieder der weitverzweigten Verwandtschaft derer von Ileburg. Es verwundert uns deshalb nicht, dass in der Folgezeit drei Pröpste und drei Äbtissinnen aus dem großen Ileburger Familienverband namentlich überliefert sind. Das besondere Wohlwollen der herrschaftlichen Familie wurde sogar beurkundet. In jenem Schriftstück wird expressis verbis festgehalten, dass die von Ileburg das Nonnenkloster Marienstern zu ihrem Erbbegräbnis ausgewählt haben, es jederzeit schützen wollen und an den Klostergütern keinerlei Eigentumsrechte besitzen.
Die benachbarte Zisterze Dobrilugk wird erster wirtschaftlicher Partner des Klosters Marienstern
Bereits in der Mitte des 13. Jahrhunderts war das prosperierende Nonnenkloster Marienstern in der Lage, seine wertvollsten Besitztümer durch lukrative Ankäufe selbständig zu vergrößern. Es bot sich an, dass als erster wirtschaftlicher Vertragspartner das keine 50 Kilometer entfernt gelegene Zisterzienserkloster Dobrilugk, Dobraluca, an der Kleinen Elster, nördlich der Niederlausitzer Heidelandschaft, dafür in Betracht zu ziehen. Mit dem Männerkloster in Dobrilugk hatte der Mühlberger Nonnenkonvent nicht nur aneinandertreffende Ländereien an der Elbe gemein, sondern die beiden frommen Gemeinschaften unterhielten noch Jahrzehnte später enge Beziehungen zueinander.
Schwarze Jahre für Kloster Marienstern – die mittelalterliche Pest fordert Opfer im Konvent
1350 und 1354 sollten schwarze Jahre und Zeiten der Prüfung für den Jungfrauenkonvent Marienstern werden. Im Verlauf von zwei aufeinanderfolgenden Pestepidemien wurde nicht nur die pittoreske Elbschifferstadt Mühlberg vom berüchtigten Schwarzen Tod heimgesucht, sondern auch der Klosterkonvent hatte zahlreiche Todesopfer unter den Nonnen zu beklagen. Während der ersten Pestwelle starben der Propst, die Äbtissin und beinahe sämtliche Jungfrauen der Lausitzer Abtei. Vier Jahre später wiederholte sich dieses menschliche Drama noch einmal.
Unbeeinträchtigt von jenen schweren persönlichen Schicksalsschlägen blieben hingegen die großzügige Schenkungs- und Stiftungspraxis bestehen, die den expandierenden Klosterbesitz Mariensterns weiterhin vermehrten.
Eine gelockerte Klosterdisziplin und ein Stadtbrand bestimmen das Ende des 14. Jahrhunderts
Am Ende des 14. Jahrhunderts wird uns von einer nachlassenden Klosterdisziplin in Marienstern berichtet, die sich in einem exorbitanten Weingenuss manifestiert haben soll. Darüber hinaus brannten 1391 bei einem verheerenden Flammeninferno nicht nur die geruhsame Elbschifferstadt Mühlberg, sondern auch ein beträchtlicher Teil der Klostergebäude ab. Knapp 40 Jahre später plünderten und brandschatzten böhmische Hussiten den unentbehrlichen Klosterbesitz. Eine Folge davon war, dass es der klösterlichen Gemeinschaft zunehmend schlechter ging, weil noble Stiftungen immer öfter ausblieben. Dies führte dazu, dass sich einerseits überflüssige Streitigkeiten zwischen dem Konvent und dem Propst häuften und dass sich andererseits zunehmende Schwierigkeiten mit dem Stadtherren sowie der Bürgerschaft einstellten. Im 15. Jahrhundert starben noch einmal 27 Nonnen an der Pest.
Der geschäftstüchtige Propst von Marienstern eröffnet eine Schankstube in seiner Propstei
Unkonventionelle Ideen zur weiteren Geldbeschaffung wurden nun von dem geschäftstüchtigen Propst, dem Verwalter des Klosters, in die leichtfertige Tat umgesetzt. In einer herzoglichen Schlichtungsurkunde wird uns berichtet, dass aufgrund sich entfaltender Marotten einige Mühlberger Patrizier gegen den Nonnenkonvent aufgebracht waren. Beispielsweise war der umtriebige Propst auf die vermessene Idee gekommen, das brausteuerfreie und deshalb billigere Klosterbier in seiner Propstei an die Bürger auszuschenken. Überdies wurden dort laute Tanzvergnügen veranstaltet. Aus diesem Grund verhängte der erzürnte Stadtrat eine Geldstrafe von fünf Groschen über diejenigen Mühlberger, die bei jenem lasterhaften Treiben mitgemacht hatten. Wir vermuten, dass die gottesfüchtigen Jungfrauen an einem derartigen Gaudium nicht beteiligt waren.
Eine Badestube gibt es ebenfalls
Der ungeheuerlichste Vorwurf gipfelte jedoch darin, dass der spitzbübische Propst bezichtigt wurde, ein sündhaftes Bordell in der klostereigenen Badestube der Altstadt zu betreiben. Konsequenterweise veräußerte daraufhin das Zisterzienserkloster Marienstern das fragwürdige Badehaus umgehend an die biedere Elbschifferstadt Mühlberg.
Der Protestant Herzog Heinrich der Fromme von Sachsen löst das Kloster Marienstern auf
Nachdem der leidenschaftliche Jäger und bekennende Protestant Heinrich der Fromme, als Nachfolger seines älteren katholischen Bruders Georgs des Bärtigen, Georgius Barbatus, zum Herzog des albertinischen Sachsens avanciert war, erfolgte 1539/40 auch die Auflösung der Nonnenzisterze Marienstern durch den neuen Landesherren. Es ist uns bekannt, dass der folgsame Nonnenkonvent bereits vor dem Jahr 1535 seinen Gottesdienst nach dem neuen Ritus durchgeführt hat.
Deshalb verkauften die Ordensschwestern noch im selben Jahr einige seltene Schmuckstücke ihrer kostbaren klösterlichen Altargeräte. Zudem wissen wir, dass die gelungene Flucht und die anschließende Hochzeit der ersten Nonne schon 1524 erfolgt war. Zwei Dekaden später hatte sich der Konvent in alle vier Himmelsrichtungen zerstreut, sodass nur noch zwei Nonnen im Frauenkloster Marienstern lebten. Zu dessen schnellem Ende mag ein erneuter Brand im Jahr 1539 beigetragen haben, der die gesamte Klosteranlage noch einmal zerstört hat.
Baugeschichte der Neuen Propstei mit ihrem reich geschmückten Renaissance-Giebel
Bis in unsere Tage zählen die innerhalb der Mühlberger Altstadt stehenden Klostergebäude zu den schönsten Bauwerken der Zisterzienser in ganz Brandenburg. Vor allem die sorgfältig proportionierte Schaufassade mit ihrem reich geschmückten Renaissance-Giebel der in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts erbauten Neuen Propstei zieht die staunenden Blicke der Besucher auf sich.
In dem Gebäude selbst sind heute die modernisierten Räume des Stadtmuseums mit ihren zahlreichen Exponaten aus dem Kloster, aus der Ackerbürgerstadt und von der Elbschifffahrt untergebracht. Aus jener Epoche blieben ferner beachtenswerte Fresken erhalten.
Baugeschichte der Abteikirche – ihr ursprüngliches Interieur ist weitgehend verloren
Die ebenfalls intakt gebliebene Abteikirche ist ein bedeutendes, einschiffiges Backsteinbauwerk aus der Mitte des 13. Jahrhunderts, das in den 30er Jahren des 14. Jahrhunderts erstmals tiefgreifend verändert wurde. Ebenso wie ihre Dorbilugker Schwester hat die Mühlberger Klosterkirche erhebliche Umbauten und Sanierungsarbeiten über sich ergehen lassen müssen. In deren Verlauf wurde die Nonnenempore beseitigt, deren einstige Position noch heute durch die damalige Anordnung der Kirchenfenster erkennbar ist. Im Osten schließt ein gestreckter Chor mit einer polygonalen Apsis das Langhaus der Klosterkirche ab. Polygonale Apsidien finden wir auch in den beiden Kapellen an den Querschiffarmen. Zur originalen historischen Bausubstanz gehören nur die sogenannte Vierung – dort wo das Langhaus auf den Chor trifft – und die gotischen Gewölbe des Chores.
Ihre figürlich verzierten Gewölbeschlusssteine sind von einer bemerkenswerten künstlerischen Qualität. Weil das Mühlberger Gotteshaus auch als beliebte Konzertstätte genutzt wird, präsentiert sich deren Innenraum als weitgehend leergeräumt. Lediglich einige mittelalterliche Epitaphe, steinerne Grabplatten, sind noch an ihrem ursprünglichen Platz erhalten geblieben.
Die beiden gotischen Dachreiter der Abteikirche wurden ersetzt
Gleichermaßen ist die äußere Gestalt der Klosterkirche im Jahr 1901 grundlegend verändert worden. Zum Beispiel handelt es sich bei dem über der Vierung positionierten Dachreiter um einen Neubau, dessen Vorgänger in Folge eines vehementen Sturms im Jahr 1631 vom Kirchendach geweht worden war. Ebenso wurde der westliche Dachreiter barockisiert. Allerdings stammt die spätgotische Westfassade mit ihrer reichen Blendengliederung noch aus dem 15. Jahrhundert.
Den schönsten Blick auf die imposante Abteikirche können interessierte Reisebus-Ausflügler über die gepflegten Gärten des früheren Klosterguts hinweg im Nordosten Mühlbergs genießen.
Das Äbtissinnenhaus und das Hospiz – letzteres diente dem ehemaligen Kloster als Gästehaus
Das einstige, mit einem prächtigen Südgiebel abgeschlossene Äbtissinnenhaus gehörte zu dem nicht mehr vorhandenen Westflügel der Klausur. Inzwischen ist es stark verändert worden.
Westlich davon – zwischen der rudimentären Klausur und der Neuen Propstei – liegt das frühere Hospiz, das in der klösterlichen Zeit auch als Gästehaus der Zisterze Marienstern genutzt worden war. Last but not least existiert noch ein gut erhaltener Abschnitt der mittelalterlichen Klostermauer.
Hinweis
Kloster Marienstern · Güldenstern 1 · 04931 Mühlberg / Elbe · Landkreis Elbe-Elster · Telefon: 03 53 42 – 87 92 70
Anfahrt mit dem Reisebus
Das von Berlin 120 Kilometer entfernt gelegene Mühlberg liegt zwischen Torgau und Riesa an der Elbe. Es ist von Norden über die B 101 aus zu erreichen, der unser Reisebus bis nach Bad Liebenwerda folgt. Anschließend biegt er nach rechts auf die B 183 in Richtung Torgau ab. Schließlich muss der Busfahrer noch einmal nach links auf die Landstraße nach Mühlberg einschwenken.
Lesenswert
Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg. München & Berlin 2000