Wir besuchen das Lustschloss Caputh.
Während der Fahrt im Reisebus berichtet unser Autor von der Geschichte und Architektur des beliebten Sommerdomizils des Großen Kurfürsten und dessen Gemahlin Dorothea von Brandenburg.
Außerdem wird auf das Dreikönigstreffen von 1709 eingegangen. Das politische Ereignis wurde als Ölbild festgehalten und ist im Porzellankabinett zu sehen.
Das pittoresk am Ufer der mittleren Havel, unweit des Templiner Sees und nur einige Kilometer von Potsdam entfernt gelegene Jagdschloss Caputh ist das einzige erhalten gebliebene frühbarocke Schloss aus der Epoche des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen. Demzufolge kann das Caputher Schlösschen auf eine 360-jährige Geschichte zurückblicken.
Baumeister Philipp de Chièze lässt Schloss Caputh im vorschlüterschen Barock neu aufführen
Das nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg, 1618-48, als kurfürstliches Jagdschloss erbaute Caputh wurde im Jahr 1662 von dem in der niederländischen Provinz Utrecht geborenen Philipp de Chièze im vorschlüterschen Barockstil neu aufgeführt. De Chièze stammte aus einer respektablen hugenottischen Familie, die aufgrund ihres calvinistischen Glaubens in das tolerante Holland emigriert war. Der einstige Kammerjunker Philipp diente anschließend unter dem Großen Kurfürsten als tüchtiger Generalquartiermeister im Rang eines Obristen und wirkte als versierter Architekt bei der Errichtung von Kanal und Festungsanlagen mit. Zehn Jahre später erhielt Friedrich Wilhelm das renovierte Schloss Caputh mit seinen umliegenden Gütern zurück, wofür de Chièze mit umfangreichen Landbesitz im fernen Ostpreußen entschädigt wurde.
Der Große Kurfürst schenkt Caputh seiner Gemahlin Dorothea von Braunschweig-Lüneburg
Nachdem der Große Kurfürst das Schloss Caputh von seinem verdienten Generalquartiermeister Philipp de Chièze im Jahr 1672 zurück erworben hatte, machte er es seiner zweiten Gemahlin, der verwitweten Herzogin Dorothea von Braunschweig-Lüneburg, zum Geschenk. Die neue brandenburgische Kurfürstin wird maßgeblich das heutige Erscheinungsbild des damals hauptsächlich als beliebtes Sommerdomizil genutzten Lustschlosses Caputh prägen.
Architektur des Schlosses Caputh
Unter der tatkräftigen Ägide der dynamischen Kurfürstin Dorothea wurde der ursprünglich zweigeschossige Kernbau durch zwei vor der Hoffront gelegene pavillonartige seitliche Anbauten zu einer malerischen Dreiflügelanlage erweitert. Dabei erhielten die beiden quadratischen Eckpavillons sogenannte gebrochene Zeltdächer. Hingegen wurden die südwestlichen Hofflügel erst am Beginn des 20. Jahrhunderts in neobarocken Bauformen an die beiden quadratischen Eckpavillons angebaut.
Darüber hinaus ließ die agile Kurfürstin die repräsentative Hauptfront des Schlosses einheitlich gestalten und mit einem abschließenden Attikageschoss versehen, wobei die gesamte äußere Putzgliederung einen niederländischen Einfluss aufweist. Die rückseitige Fassade wird durch einen vorspringenden Gebäudeteil, einen sogenannten Mittelrisalit, belebt, von dem eine zweiflüglige Freitreppe in den zauberhaften Landschaftspark der Schlossanlage führt. Der kleine, sich zum nahen Ufer des Templiner Sees erstreckende Garten verleiht dem gesamten baumreichen Ensemble eine farbenfrohe Note.
Unter König Friedrich I. erlebt Schloss Caputh glanzvolle Feste
Eine nochmalige Veränderung erfuhr das Schloss Caputh nach dem Jahr 1701, als es der Prunk liebende Sohn des Großen Kurfürsten und erste König in Preußen, Friedrich I., seinem ausgewählten Geschmack anpassen und neu ausstatten ließ. Der verschwenderische Monarch liebte glanzvolle Feste, die auch in Caputh stattfanden. Als politischer Höhepunkt der abwechslungsreichen Schlossgeschichte ist zweifelsohne das Dreikönigstreffen zu nennen, als Friedrich I. den König Friedrich IV. von Dänemark und August II. den Starken von Sachsen im distinguierten Sommerpalais Caputh als illustre Gäste empfing.
Im Festsaal fand im Sommer des Jahres 1709 das Dreikönigstreffen statt
Sicherlich werden die drei Monarchen im Verlauf des Dreikönigstreffens im Sommer des Jahres 1709 in dem zu beiden Seiten der zentralen Treppenanlage im Obergeschoss gelegenen, reich dekorierten und mit floralen Stuckaturen sowie herrlichen Gemälden ausgestatteten Festsaal zusammengekommen sein.
Das noch aus der Zeit der Kurfürstin Dorothea bis heute erhalten gebliebene Deckengemälde, ein sogenanntes Plafondgemälde, des großen Festsaals stammt von dem im niederländischen Den Haag geborenen und späteren preußischen Hofmaler Augustin Terwesten. Weil die beiden holländischen Brüder Augustin und Matthäus Terwesten auf allegorische und mythologische Deckenmalereien spezialisiert waren, waren sie viel gefragt, so dass sie bei der künstlerischen Ausgestaltung der zahllosen Innenräume des Berliner Stadtschlosses sowie der beiden Schlösser Charlotten- und Oranienburg mit beteiligt wurden.
Das Porzellankabinett mit dem Gemälde Dreikönigstreffen von Samuel Theodor Gericke
Im westlichen Eckpavillon ist die reiche Porzellankammer des Schlosses Caputh untergebracht. In einer ständigen Ausstellung sind kostbare Porzellanstücke wie Vasen, Teller, Schüsseln und Etagerien zu sehen.
Zudem hängt im Porzellankabinett das Allianzbildnis der Könige Friedrich I., Friedrich IV. von Dänemark und des sächsischen Kurfürsten August des Starken und zukünftigen Wahlkönigs von Polen. Der Anlass des in Berlin und Potsdam stattfindenden Dreikönigstreffens der drei nordeuropäischen Regenten bildeten die erfolglosen Bemühungen von Dänemark und Sachsen die Preußen für eine wehrhafte Tripelallianz gegen das aufstrebende Königreich Schweden zu gewinnen, die zum Großen Nordischen Krieg, 1700-21, führte.
Wenngleich im eleganten Festsaal des Schlosses Caputh pompöse Feierlichkeiten veranstaltet wurden, konnte auf der politischen Ebene nur wenig erreicht werden. Schließlich einigten sich die drei Souveräne lediglich auf einen bescheidenen Freundschafts- und Neutralitätsvertrag. Dennoch wurde für die Nachwelt dieses denkwürdige Ereignis von dem populären Berliner Hofmaler Samuel Theodor Gericke als großes Ölbild dokumentiert.
Gericke schuf nicht nur mehrere Deckengemälde im Schloss Caputh, sondern er arbeitete auch an der malerischen Verschönerung des märkischen Schlosses Oranienburg und des an der Spree befindlichen Berliner Stadtschlosses mit.
Der Fliesensaal genutzt als Sommerspeisesaal
Eine besondere Sehenswürdigkeit ist sicherlich der im kühlen Souterrain des Schlosses befindliche und von dem sparsamen Sohn Friedrichs I., dem Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., eingerichtete Fliesensaal zu erwähnen, der als angenehm temperierter Sommerspeisesaal genutzt wurde. Um das Jahr 1720 hatte der praktisch kalkulierende Soldatenkönig den Caputher Speisesaal nach dem Vorbild des sogenannten Fliesenkellers in dem bei Wörlitz gelegenen Schloss Oranienbaum gestalten lassen. Sämtliche Wände und die Decke des Saals in Caputh sind vollständig mit 7.500 blau-weißen und stark glasierten holländischen Fayencefliesen aus der berühmten Delfter Manufaktur bedeckt. Nach der 1998 erfolgten Renovierung erstrahlen die entzückenden Motive der blau-weißen Delfter Fayencen wieder in ihrer alten Pracht und Herrlichkeit, um uns zu erfreuen.
Weitere Räume des Schlosses Caputh
Die heutigen Besucher von Caputh können neben dem soeben erwähnten Fliesensaal, dem Porzellankabinett und dem großen Festsaal noch zwei Antichambre, Vorgemächer, und die beiden chambres de logis, die Wohnquartiere des Kurfürstenpaares Friedrich Wilhelm und Dorothea von Brandenburg sowie zwei Kavalierzimmer besichtigen.
Friedrich der Große hat nur wenig Interesse am Schloss Caputh
Weil der Sohn und Nachfolger des Soldatenkönigs Friedrich der Große merkwürdigerweise nur wenig Interesse an dem kunsthistorischen Juwel, dem Lustschloss Caputh hatte, verpachtete er das Gut kurzerhand an eine geschäftstüchtige Färber- und Weberei, die unter anderem türkische Garne fabrizierte.
Generalleutnant August von Thümen erwirbt das Gut und das Schloss Caputh
Im Jahr 1820 erwarb der vertraute Flügeladjutant König Friedrich Wilhelms III., der Generalleutnant August von Thümen, das beliebte Sommerdomizil und das Gut Caputh von der preußischen Krone in Erbpacht. Nachdem der verdiente General im Jahr 1826 gestorben war, erbte dessen ältester Sohn, der Berliner Stadtkommandant Wilhelm von Thümen, das Caputher Schloss mitsamt dem umliegenden Anwesen. Wilhelm von Thümen ließ den barocken Schlossgarten nach den erstklassigen Entwürfen des großen Gartenarchitekten Lenné in einen im englischen Stil ausgeführten Landschaftspark umgestalten.
Peter Joseph Lenné gestaltet den Barockgarten in einen englischen Landschaftspark um
Von der rückwärtigen zweiflügligen Freitreppe gelangen die Besucher des Schlosses Caputh in die ursprünglich barocke sowie einst mit antiken Skulpturen und sprudelnden Fontänen ausgeschmückte Gartenanlage. Sie wurde im 19. Jahrhundert nach den eindrucksvollen Plänen des bedeutenden Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné modifiziert. Seit Lennés Zeit weist der 4,5 Hektar große Landschaftspark einen herrlichen Altbaumbestand auf, unter dessen ausladenden Zweigen ein beschaulicher Rundweg zum Templiner See hinab führt.
Rittmeister Alfred von Willich erbt das Schloss Caputh
Am Beginn des 20. Jahrhunderts übernahm ein Neffe des letzten Schlossbesitzers Wilhelm von Thümen, Rittmeister Alfred von Willich, das Schloss und das Rittergut Caputh. Bis zum Ende des mörderischen II. Weltkriegs und der darauf folgenden Enteignung im Jahr 1946 nutzten Alfred von Willich und dessen Familie das ehemalige Schloss als bescheideneres Herrenhaus und bewirtschafteten das landwirtschaftliche Areal des Ritterguts. Zu Zeiten der DDR waren in dem kleinen Landhaus an der mittleren Havel ab 1949 bis 1987 verschiedene Berufsschulen untergebracht worden.
Schloss Caputh in heutiger Zeit
Nach tiefgreifenden durch die Stiftung preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg veranlassten Renovierungen im Jahr 1998 erstrahlt das gesamte Caputher Schlossensemble seit 1999 erneut in seinem einstigen barocken Glanz und hat seine Pforten für in- und ausländische Gäste geöffnet. Völlig zu Recht können wir behaupten, dass das brillante Caputher Lustschloss ein kulturhistorisches Kleinod ersten Ranges ist, das wie nur wenige andere Brandenburger Schlösser die unbeständigen historischen Epochen beinahe unbeschadet und unverändert überstanden hat. Das heute ausgestellte Interieur, wie die musealen Möbel, Porzellane, Delfter Fayencen, Skulpturen und die weit über 100 Gemälde von hoher Qualität, vermitteln interessierten Besuchern einen bleibenden Eindruck von höfischer Prachtentfaltung und kurfürstlich-brandenburgischer Wohnkultur des späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Heute finden in den herrschaftlichen Räumen kulturelle Veranstaltungen, barocke Kammerkonzerte, gut besuchte Autorenlesungen und Vernissagen zu diversen Ausstellungen statt. Überdies besteht nicht nur für junge Brautpaare auch die charmante Möglichkeit, eine standesamtliche Trauung im gediegenen Ambiente des früheren Lustschlosses Caputh vorzunehmen. Weil das kurfürstliche Sommerdomizil Caputh als große Ausnahme einen vielfältigen Teil seines reichen Interieurs bewahren konnte, gilt es neben den beiden Schlössern Köpenick und Oranienburg als das wichtigste erhaltene Zeugnis des vorschlüterschen Barocks in der Mark Brandenburg.
Hinweis
Schloss Caputh ∙ Straße der Einheit 2 ∙ 14548 Schwielowsee OT Caputh ∙ Kontakt: 33 2 09-70 345
Öffnungszeiten: 01. Mai – 31. Oktober ∙ Montag: geschlossen. Dienstag-Sonntag: 10.00-17.30 Uhr
Lesenswert
Fontane, Theodor: Havelland, in: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Band 3, Berlin o.D.
Hoffmeister, Tita: Caputh, Berlin 1991