Nach unserem Besuch der im Hohen Fläming gelegenen Burg Rabenstein steigen wir in unseren Reisebus ein, der uns in einer Viertelstunde in das 10 Kilometer entfernt gelegene Landstädtchen Niemegk fährt.
Während wir uns das imposante Renaissance-Rathaus der brandenburgischen Gemeinde anschauen, klärt uns unser Reisebus-Autor über Niemegks Stadtnamen auf.
Bereits im Zuge der deutschen Ostkolonisation im 12. Jahrhundert hatten in die Mark Brandenburg eingewanderte Flamen dem Fläming ihren Namen gegeben. In derselben Epoche soll auch das im Landkreis Ostprigniz-Ruppin am Flüsschen Rhin gelegene Städtchen Rheinsberg nach dem großen Flussvater Rhein benannt worden sein. In diesem Zusammenhang wird behauptet, dass niederdeutsche, zuvor am Niederrhein lebende Siedler den Namen ihres schönen Heimatflusses in ihr neues märkisches Zuhause quasi mitgenommen hatten.
Auch Hugenotten bringen ihre Heimatnamen in Brandenburg ein
Nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg im 17. Jahrhundert lag Brandenburg-Preußen nicht nur wirtschaftlich am Boden, sondern auch seine einheimische Bevölkerung war erheblich geschrumpft. Aus diesem Grund hatte der tatkräftige Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm, mit dem im Jahr 1685 erlassenen Edikt von Potsdam vor allem französischsprachige Hugenotten, aber auch protestantische Wallonen in sein daniederliegendes Land geholt.
Im Norden des Berliner Bezirks Pankow befindet sich der Ortsteil Französisch Buchholz, in dem unter dem kurfürstlichen Staatsminister Joachim Ernst von Grumbkow eine erste französische Kolonie mit aus dem katholischen Königreich Frankreich vertriebenen reformierten Hugenotten gegründet wurde. Noch heute erinnern unzählige Straßennamen – wie die Arnoux-, die Guyot- und die Matthieustraße – an jene frühen französischen Kolonisten.
Niemegks Stadtname geht auf das niederländische Nijmegen zurück – 1815 kommt das sächsische Landstädtchen zu Preußen
Ebenso hat die zwischen dem Hohen Fläming und dem Belziger Vorfläming gelegene Landstadt Niemegk niederdeutsche Sprachwurzeln. Namensformen wie Nymik, Niemeke und Nymegk tauchen in amtlichen Dokumenten des 12. und 13. Jahrhunderts auf, die höchstwahrscheinlich auf die niederländische Gemeinde Nijmegen zurückzuführen sind.
Niemegk gelangte mit dem gesamten sächsischen Amt Belzig als Ergebnis des im Jahre 1815 erfolgten Wiener Kongresses zur Provinz Brandenburg im Königreich Preußen. Auf ironische Art und Weise wurden diejenigen Neubürger, die aufgrund internationaler Verträge aus anderen deutschen Territorien zu Preußen hinzugekommen waren, als Beute- oder Musspreußen bezeichnet, weil sie zu Preußen mussten. Anschließend gehörte Niemegk von 1952 bis 1990 zum Kreis Belzig im DDR-Bezirk Potsdam, seit dem Jahr 1993 liegt es im Land Brandenburg.
Malerische Renaissancearchitektur des Niemegker Rathauses
Das zweigeschossige Niemegker Rathaus wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts als verhältnismäßig schlichter Putzbau an der Nordseite des Marktplatzes erbaut. Seinen ästhetischen Reiz bezieht es vor allem aus den in Sandstein gefertigten Form- und Schmuckelementen. Dazu rechnen wir die zarten Profilierungen der seitlichen Begrenzungen der rechteckigen Fenster, die sogenannten Fenstergewände. Ferner gehören zu den edlen Schmuckelementen die an den beiden Stirnseiten des Gebäudes angebrachten Volutengiebel, die durch Gesimse und Pilaster, den eingearbeiteten Wandpfeilern, gegliedert werden. Im Allgemeinen sind Volutengiebel in Schneckenformen gestaltete Ornamente.
An der Schauseite des Dachs befinden sich zwei Zwerchhäuser und ein hübsch ausgeführtes Sitznischenportal, das als Eingang des Gebäudes fungiert. Für eine verhältnismäßige kleine Landstadt weist das rechteckige Rathaus eine bemerkenswerte, fast monumentale Größe auf. Es ist ein hervorragendes Beispiel der sächsisch-märkischen Spätrenaissance.
Das Niemegker und das Akener Rathaus im Vergleich
Das Gemeindehaus in Niemegk wird in der Fachliteratur immer wieder gerne mit dem im sachsen-anhaltinischen Aken gelegenen Rathaus verglichen. Ähnlich wie im Fall von Niemegk wird auch die Gründung von Aken mit niederdeutschen Siedlern, allerdings nicht aus Nijmegen, sondern aus Aachen in Verbindung gebracht. Augenfällig ähneln sich beide Rathäuser einander in einigen wichtigen Details. Demnach stehen beide Gemeindehäuser an einer vorbeiführenden Straße an der jeweiligen Nordseite ihres Marktplatzes. Außerdem sind beide weiß verputzten Renaissancebauten mit einem kunstvoll verzierten Schweifgiebel ausgestattet worden, dessen geschwungene Giebelkontur vor allem in der Renaissance, aber auch im nachfolgenden Barock weit verbreitet war. An dieser Stelle enden allerdings die Parallelen der beiden Rathäuser schon wieder. Architekturinteressierte Busreisende sollten sich am besten beide Rathäuser anschauen, um sich selbst ein vergleichendes Bild zu machen.
Hinweis
Rathaus Niemegk · Großstraße 6 · 14823 Niemegk · Landkreis Potsdam-Mittelmark
Telefon: 03 38 43-62 70
Regeneration & Übernachtung
Hotel & Restaurant Landhaus Alte Schmiede ∙ Dorfstrasse 13 ∙ 14823 Niemegk – Lühnsdorf
Restaurant Öffnungszeiten: Mo – Do: 18-22 Uhr
Dienstag: Ruhetag ∙ Freitag: 15-22 Uhr ∙ Küche bis 21 Uhr geöffnet.
Samstag, Sonntag & an Feiertagen: 12-22 Uhr ∙ Küche bis 21 Uhr geöffnet.
Telefon: 03 38 43 / 92 20
Lesenswert
Dehio, Georg: Bezirke Berlin und Potsdam. Textband, in: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Band 5, Berlin 1983