Nach unserem Besuch des Deutschen Historischen Museums im ältesten Barockgebäude – dem Zeughaus – des pulsierenden Spree-Athens wenden wir uns dem vis-à-vis gelegenen Kronprinzenpalais auf dem Prachtboulevard Unter den Linden 3 zu, das nicht nur eine ehemalige Stadtresidenz der Hohenzollern war, sondern das auch einem außergewöhnlichen Berliner Bildhauer zeitweise als Arbeits- und Wohnstätte diente.
An der südlichen Seite des eleganten Linden-Boulevards war gegenüber dem Zeughaus in der Mitte des 17. Jahrhunderts ein prächtiges Privathaus für den damaligen kurfürstlichen Kammersekretär Martitz erbaut worden. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts ließ Friedrich Wilhelm I., der „Soldatenkönig“, das stattliche Gebäude zu einem mit einer großen Auffahrtsrampe für die Kutschen und Kaleschen versehenen, zweigeschossigen Barockpalais umbauen. Er schenkte das reich dekorierte Palais seinem Sohn, dem Kronprinzen Friedrich, dem späteren „Alten Fritz“, und dessen Ehefrau Elisabeth Christine, die es während ihrer Aufenthalte in Berlin als Stadtwohnung nutzten. In der Folgezeit diente es unter der Bezeichnung „Kronprinzenpalais“ den jeweiligen preußischen Kronprinzen als beliebte Stadtresidenz. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts zog der Großneffe des Alten Fritz, der als bescheiden geltende Kronprinz Friedrich Wilhelm, in das Palais ein, in dem er bis zu seinem Tode mit seiner Frau, der schönen Prinzessin Luise, und seinen 8 Kindern lebte. Als späterer König Friedrich Wilhelm III. wird er, nach den Plänen des jungen Architekten Karl Friedrich Schinkel, das Kronprinzenpalais mittels einer überdachten Brücke in der Form eines Schwibbogens mit dem benachbarten Prinzessinnenpalais verbinden lassen. Seine Gemahlin, die märchenhafte Königin Luise, beauftragte Schinkel, nicht nur ihr Schlafzimmer, sondern auch weitere Räume im Kronprinzenpalais neu zu konzipieren.
Bildhauer Johann Gottfried Schadow und seine Prinzessinnengruppe
Im Kronprinzenpalais residierten aber nicht nur die Familienmitglieder der Hohenzollern. Im Jahre 1795 bezog der Zeichner, Bildhauer und spätere Direktor der Berliner Kunstakademie sowie Leiter der preußischen Hofbildhauerwerkstatt Johann Gottfried Schadow, der Schöpfer der legendären Quadriga auf dem Brandenburger Tor, ein großes Arbeitszimmer im Seitenflügel des Palais. Schadow hatte vom regierenden König Friedrich Wilhelm II. den Auftrag erhalten, dessen anmutige Schwiegertochter Luise, die nachmalige Königin Luise, und deren jüngere Schwester Friederike für ein mittlerweile sehr populär gewordenes Marmorstandbild zu porträtieren. Meister Schadow war es erlaubt worden, aus der Garderobe der jungen Prinzessinnen die für sein Vorhaben passenden Kleider auszuwählen. Darüber hinaus durfte der geniale Bildhauer sogar persönlich bei Luise und ihrer zierlichen Schwester „nach der Natur“ maßnehmen, wie es hieß. Allerdings missfiel Luises Ehemann, Kronprinz Friedrich Wilhelm, die berühmte und sich heute in der Alten Nationalgalerie befindliche „Prinzessinnengruppe“, über die er wortkarg meinte: „Mir fatal!“
Das Publikum hingegen schätzt bis heute dieses gelungene Marmorstandbild außerordentlich, das in unzähligen Kopien aller Couleur als dekorative Miniatur, raumschmückender Kunstgegenstand und als beliebtes Souvenir aus Berlin gerne mit nach Hause genommen wird.
Umbau des Kronprinzenpalais im 19. Jahrhundert
In der Mitte des 19. Jahrhunderts ließ der spätere, nur 99 Tage lang regierende Kaiser Friedrich III. eine tiefgreifende Restaurierung am Kronprinzenpalais durchführen. Infolgedessen erhielt das nunmehr um eine Etage erhöhte dreigeschossige Palais anstelle seines einfachen Mansardendaches ein von korinthischen Wandpfeilern, sogenannten Pilastern, gegliedertes Attikageschoss. Über der Auffahrt entstand ein breiter Balkon. An der Ostseite baute der aus der Schinkelschule stammende Architekt Johann Heinrich Strack einen in klassizistischer Bauform ausgeführten Seitentrakt an, dessen Straßenfront mit einer Kolonnade abschließt. Diese klassizistische Neugestaltung diente als maßgebliches Vorbild für den Wiederaufbau des Kronprinzenpalais nach dem Zweiten Weltkrieg.
Wiederaufbau des zerstörten Kronprinzenpalais nach dem Zweiten Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg war das Kronprinzenpalais bis auf seine Umfassungsmauern ausgebrannt und anschließend komplett abgetragen worden. Erst in den späten 1960er Jahren wurde es neu aufgebaut. Dabei erhielten die Innenräume des Palais nicht nur eine moderne, sondern auch eine in ihrer neuen Funktion als nunmehriges Gästehaus des Magistrats von Groß-Berlin dienliche Innenausstattung.
Oase der Ruhe in der hektischen Großstadt – der Garten des Kronprinzenpalais
Außerdem wurde der Garten komplett neu angelegt. Von der Gartenterrasse des damals als Gästelogis eingerichteten Palais führt eine breite Freitreppe zu der tiefer gelegenen Rasenfläche hinab, die durch schnurgerade von Blumenrabatten und Baumreihen gesäumten Wegen begrenzt wird. Sämtliche Terrassen sind mit duftenden Rosen, Stauden und Sträuchern bepflanzt. Ebenso befindet sich dort ein hübscher Pavillon.
Das Kronprinzenpalais heute – die Berlin Fashion Week zu Gast
Einen denkwürdigen Tag erlebte das altehrwürdige Kronprinzenpalais am 31. August 1991, an dem der zukunftsweisende Einigungsvertrag zwischen der DDR und der BRD unterzeichnet wurde. Bis in die erste Dekade des neuen Millenniums nutzte das Deutsche Historische Museum das denkmalgeschützte Gebäude, bevor es in dem gegenübergelegenen Zeughaus sein endgültiges Quartier gefunden hat. Seit dem Jahre 2015 ist das Kronprinzenpalais unter anderem als beliebter Veranstaltungsort der Modewoche Berlin Fashion Week, für Ausstellungen und für Theateraufführungen dienlich.
Hinweis
Kronprinzenpalais
Unter den Linden 3, 10117 Berlin-Mitte
Telefon: 030 / 3181 4661
Öffnungszeiten
Montag bis Samstag von 09:00 – 20:00 Uhr, Sonntag: geschlossen
Lesenswert
Bernau, Nikolaus: Das Kronprinzenpalais Unter den Linden, in: Museumsjournal. Berlin 1999
Dehio, Georg: Berlin und Potsdam 1983
Trost, Heinrich; u.a.: Bau- und Kunstdenkmale Berlin I. Berlin 1983