Eine Reise in ein Kloster gilt als gut für die Gesundheit. Manche bleiben zum Beispiel eine Woche, um zu fasten oder sich im Schweigen zu üben. Andere möchten sich gern die Kunstschätze anschauen, Traditionen erkunden und im Kloster Café eine Pause machen. Im Kloster St. Marienstern geht das alles.
Manchmal kann es sinnvoll sein, eine Gruppenreise mitzumachen. Auch für Menschen, die individuelles Reisen und Unabhängigkeit bevorzugen, kann eine organisierte Reise mitunter gut sein. So ging es mir in diesem Jahr. Ich las per Zufall, dass die Evangelische Kirche Berlin-Lichtenberg eine Busreise nach Bautzen, Herrnhut und in die Oberlausitz plant. Ich überlegte: eine Reise mit Leuten, die ich nicht kenne? Denn ich wohne in einem ganz anderen Stadtteil Berlins. Trotzdem, dachte ich, warum nicht? Abwechslung ist gut für Körper und Geist und birgt neue Herausforderungen. Zum Beispiel, sich in eine bislang unbekannte Gruppe einzubringen und einfach etwas Neues auszuprobieren. Die Vorteile liegen auch klar auf der Hand, das Programm wird organisiert und man muss sich nicht um Öffnungszeiten, Abfahrtszeiten, Restaurantsuche und so weiter kümmern. Man muss nur da sein und mitmachen. Auch wenn man für sich sein möchte, kann man sich zurückziehen, in sein Zimmer oder auf einen Einzelplatz im Reisebus.
So war ich bei dieser Reise dabei. Wir besuchten das Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau. So eine Klosteranlage ist selten in den nördlichen Breiten zu finden, vermutet man sie doch eher in Süddeutschland. Aber es gibt sie, z.B. in Lehnin, Chorin oder Marienstern.
St. Marienstern – ein anderes Zeitmaß
Seit dem Mittelalter gelten Klöster als Orte der Ruhe. Noch heute haben die geschichtsträchtigen Bauwerke eine spirituelle Aura und gelten als Zeugen jahrhundertealter Kulturgeschichte. Wer eine innere Auszeit möchte und dabei in Geschichte eintauchen mag, ist in einem Kloster bestens aufgehoben – sowohl für ein paar Stunden oder für länger. Im Kloster herrscht ein anderes Zeitmaß.
Die Gründung von St. Marienstern geht bis ins 13. Jahrhundert zurück. In Gründungs- und Schenkungsurkunden ist der Name oft vertreten. Im Laufe der Geschichte und Jahrhunderte verband sich die Abtei zunehmend mit dem Land und den Leuten und war auch durch seine Lage am Klosterwasser so erfolgreich, dass die Äbtissin die Hoheitsgewalt über zwei Städte und den zugehörigen 60 Dörfer besaß, eine der größten Grundherrschaften der Oberlausitz. Das beinhaltete auch die hohe Gerichtsbarkeit, die Rechtsprechung über Leben und Tod. Wie alle Zisterzienserklöster sorgte die Abtei für eine Kultivierung der fruchtbaren Umgebung. Hopfen- und Weinbau, angelegte Fischteiche und die Viehzucht sicherten nicht nur die Versorgung, sondern auch ein gutes Einkommen. Das Kloster war weisungsgebend für die Umgebung und sicherte seinen Wohlstand. Frondienste wurden weniger verlangt als von weltlichen Herrschaften. Was wohl auch ein Grund war, dass Marienstern im Unterschied zu anderen Klöstern im Laufe der Bauernaufstände von größeren Zerstörungen verschont blieb. Auch die sorbische Sprache konnte sich so weiterhin behaupten und blieb lebendig.
Viele der Zeitschichten sind heute in der Abtei sichtbar. Ältare aus verschiedenen Kunst- und Kulturgeschichten geben darüber Auskunft.
Ein Kloster in der DDR? Wie war das möglich?
In der DDR konnte das Kloster bestehen bleiben, indem es Gesellschafter der Kircheneigenen Land- und Forstwirtschaft wurde. So waren die Güter vor Enteignung geschützt. Seit 1973 bestand das Maria-Martha-Heim für mehrfach behinderte Mädchen. Später eine Förderschule und eine Förderwerkstatt. So fanden die Klosterfrauen in der DDR ein Arbeitsfeld, das der Staat nur mangelhaft ausfüllte und das dringend notwendig war und sicherte dadurch das Überleben und Weiterbestehen des Klosters. Im Kloster herrscht ein anderes Zeitmaß.
In der Klosterbäckerei kann man Brot und Kuchen erstehen. Ein Café, das Café Michael, ist angeschlossen. Im Gästehaus des Klosters auch günstig übernachten. Wer aufmerksam ist, findet hier Stille und kann durchatmen.
Regelmäßig wird betreutes Heilfasten angeboten.
Weiter durch die Oberlausitz zu einem erstaunlichen Kulturdenkmal
Nur 11 Kilometer entfernt ist das Dorf Ralbitz zu finden. Der katholisch-sorbische Friedhof ist insofern sehenswert, als das hier auf sämtlichen Gräbern ausschließlich weiße Holzkreuze stehen. Das ist ein imposanter Eindruck und symbolisiert erneut, wie schon in Herrnhut, die Gleichheit aller Menschen vor dem Tod. Das jeweilige Grab für Dorfbewohner kostet hier zudem nichts und bleibt für alle Zeit bestehen. Eine große Besonderheit in Deutschland und ich finde diese Geste sehr menschenfreundlich.
Am Ostersonntag empfängt Ralbitz eine Osterreiter-Prozession. Weiter geht es nach Rosenthal, seit dem Spätmittelalter pilgern Menschen, Sorben, mit Figuren und Fahnen zur Muttergottes nach Rosental. Auch hier steht eine besondere Kirche.
Nicht weit entfernt ist Eutrich. Hier wurde der Sage nach der sorbische Zauberer Krabat geboren. Es lohnt sich, die schöne, zauberhafte Oberlausitz zu erkunden und zu erwandern, ob mit dem Bus, Fahrrad, Pferd oder zu Fuß.
Der eindrückliche Friedhof in Ralbitz war die letzte Station unserer viertägigen Reise. Es hat sich gelohnt.