Nach dem Besuch des pittoresken Lustgartens wenden wir uns Karl Friedrich Schinkels klassizistischem Meisterwerk, dem Alten Museum, zu.
Unser Autor verweist auf monumentale Bronzegruppen, rossebändige Dioskuren und die gewaltige Rotunde.
Ebenso werden zwei beim Publikum beliebte Porträts der Antikensammlung vorgestellt.
Karl Friedrich Schinkels auf den malerischen Lustgarten und das imposante Berliner Stadtschloss der Hohenzollern ausgerichtetes klassizistisches Meisterwerk – das Alte Museum – war maßgebend für die Bebauung der nördlichen Inselspitze, die wir heute insgesamt Museumsinsel nennen. Mit dieser Konzeption begrenzt das ursprünglich als Königliches Museum bezeichnete Alte Museum die gesamte Nordseite des reizvollen Lustgartens, vom Spreeufer bis zum Berliner Dom.
Meisterarchitekt Schinkel plante das „neue“ Alte Museum
Die im Jahre 1815 erfolgte Rückführung der zuvor 1806 durch Kaiser Napoleon I. nach Paris verbrachten königlichen Kunstsammlung nach Berlin hatte verstärkte Überlegungen ausgelöst, ein neues Museumsgebäude in der prosperierenden Spree-Residenz zu erbauen. Im Zuge dessen hat in den frühen 1820er Jahren der aus dem märkischen Neuruppin stammende Meisterarchitekt und Leiter der preußischen Oberbaudeputation Karl Friedrich Schinkel den kühnen Plan entworfen, einen groß angelegten Museumsneubau an der kompletten Nordseite des Lustgartens in städtebaulich exponierter Lage zu errichten. Die komplizierten Gründungsarbeiten für das Alte Museum sollten sich indessen als schwieriger erweisen als zunächst gedacht, weil auf dem sandigen Baugelände ein den Kupfergraben mit der Spree verbindender Kanal verlief.
18 ionische Säulen, monumentale Bronzegruppen und rossebändige Dioskuren schmücken die Museumsfront
Das auf einem rechteckigen Grundriss und einem hohen Sockel erbaute Alte Museum ist ein breit gelagertes vierflügeliges Gebäude, das sowohl zwei Geschosse als auch zwei Innenhöfe besitzt. Die zum Lustgarten hin orientierte Vorderfront wird in ihrer gesamten Länge von achtzehn ionischen Sandsteinsäulen getragen, die den sichtbaren Teil einer dahinter liegenden monumentalen Halle bilden. Auf dem Gebälk der Halle thronen über den achtzehn kannelierten Säulen ebenso viele aus sächsischem Sandstein gefertigte Adler. Zu dem vom Bildhauer Albert Wolff gefertigten und mit reicher Ornamentik sowie allegorischem Figurenschmuck versehenen zweiflügeligem Bronzeportal führt eine breite, von Seitenwangen eingefasste Freitreppe hinauf. Auf den beiden Treppenwangen erheben sich zwei kolossale Bronzegruppen. Auf der westlichen Treppenwange befindet sich der ebenfalls von Albert Wolff geschaffene und auf einem aufbäumenden Pferd sitzende „Löwenkämpfer“, während auf der östlichen eine auf einem schnaubenden Ross galoppierende „Amazone“ mit einem Panther kämpft. Sie stammt von August Kiß. Beiden Bronzegruppen ist gemeinsam, dass sie in die Mitte des 19. Jahrhunderts datieren.
Auf dem Dach des erhöhten Mittelbaus stehen vier Figurengruppen, von denen die beiden in einem Eisengussverfahren angefertigten rossebändigen Dioskuren hervorzuheben sind, die nach antiken Vorbildern von Christian Friedrich Tieck in den 1820er Jahren künstlerisch gestaltet wurden.
Die an der Front des Alten Museums über dem Gesims in vergoldeten Versalien angebrachte lateinische Weihinschrift lautet:
„[König] Friedrich Wilhelm III. hat zum Studium der Altertümer jeder Art sowie der freien Künste dieses Museum 1828 gestiftet.“
Erneut stand das römische Pantheon Pate – die kolossale Rotunde des Alten Museums
Nachdem die Besucher das zweiflüglige Bronzeportal des Alten Museums durchschritten haben, gelangen sie in das großartige, sich zum Lustgarten hin öffnende Vestibül mit seiner weiten Treppenanlage, deren verziertes Geländer aus vergoldetem Gusseisen konstruiert wurde. Hinter dem Vestibül befindet sich eine der schönsten Raumschöpfungen Schinkels – die überwältigende Rotunde. Sie ist gleichermaßen wie die Rotunde der Sankt-Hedwigs-Kathedrale dem antiken Pantheon auf dem Campo Marzio in Rom nachempfunden worden.
Der kreisrunde Kuppelraum des Alten Museums besitzt eine ringförmige, von zwanzig korinthischen Säulen getragene Galerie, entsprechend der zwei Geschosse von Schinkels Bauwerk. In den Säulenzwischenräumen sind Skulpturen aufgestellt. Die mit einem Oberlicht im Zenit versehene 23 Meter hohe Kuppel wurde in einzelne Kassettenfelder strukturiert, die mit geflügelten Genien, Tierkreiszeichen und Rosetten bemalt sind. Der pittoreske und plastische Schmuck ist ebenfalls von Schinkel konzipiert worden.
Die legendäre Antikensammlung des Alten Museums
Seit der Wiedervereinigung und auch in Zukunft wird im gesamten Alten Museum erneut die Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin präsentiert. Zur mannigfaltigen Antikensammlung gehören Waffen, Skulpturen, Silberschmuck und Goldschätze der griechischen Kultur- und Kunstgeschichte von der prähistorischen Kykladenkultur der Bronzezeit bis in die Spätzeit der römischen Epoche. Die griechische Kunst wird seit dem Jahr 2011 in einer didaktisch verbesserten Neuaufstellung in den einzelnen Sälen des Hauptgeschosses gezeigt. In chronologischer Reihenfolge werden wir durch die verschiedenen Epochen des antiken Griechenlands vom 10. bis zum 1. Jahrhundert vor Christus geführt. Im Verlauf des interessanten Besuchs gelangen wir in die unter einem blauen Himmelszelt befindliche sowie mit erlesenen Silber- und Goldpretiosen gefüllte Schatzkammer. Von der reichhaltigen Schatzkammer ist unsere nächste Stationen die blaue Kammer, in der die hohe Kunst der antiken Münzprägung zu sehen ist. Diese kostbare Sammlung von über 1.300 Nominalen reicht vom 7. Jahrhundert vor bis zum 3. Jahrhundert nach Christus.
Julius Caesar und Kleopatra – das Nonplusultra des Museumsbesuchs
Ausgesprochen beliebt ist bei den Besuchern die griechische Marmorstatue der sogenannten „Thronenden Göttin von Tarent“ aus dem 5. Jahrhundert vor Christus.
Als Nonplusultra gelten hingegen sowohl das streng blickende Porträt des Staatsmanns, Feldherrn und Schriftstellers Gaius Julius Caesar, 100-44 vor Christus, als auch das bewundernswerte Konterfei von Kleopatra VII., der sagenumwobenen letzten Königin des hellenistischen Ptolemäerreichs, die gleichzeitig als letzte weibliche Pharaonin über das alte Ägypten herrschte, 51-30 vor Christus.
Etruskische Kunst und das umfangreiche „Antiquarium“ sind im Obergeschoss zu sehen
Eine weitere Ausstellungsabteilung im Obergeschoss beherbergt die größte Sammlung etruskischer Kunst außerhalb ihres sonnigen Mutterlandes Italien. Hervorzuheben ist die aus der italienischen Toskana stammende und in Hausform gestaltete Urne aus Chiusi, die die nuancierte Lebenswelt der alten Etrusker zeigt.
Seit dem Jahr 1998 kehrten mit dem sogenannten „Antiquarium“ peu à peu auch die umfangreichen Kleinkunst-Bestände der wertvollen Antikensammlung aus ihren beiden getrennten Standorten im Pergamonmuseum und in Charlottenburg an ihren angestammten Ausstellungsplatz im Alten Museum zurück.
Hinweis
Adresse: Altes Museum, Am Lustgarten 1, 10178 Berlin-Mitte
Anfahrt: Buslinien 100, 300 & N5, Haltestelle: Lustgarten, 200 Meter Fußweg
Öffnungszeiten: Di-So 10-18 Uhr, Do 10-20 Uhr
Eintrittspreise: 10 EUR, ermäßigt 5 EUR
Führungen bitte erfragen unter Telefon: 030 2 66 36 66
Ein barrierefreier Zugang befindet sich am Diensteingang „Am Lustgarten“, bitte beim Pförtner melden.
Lesenswert
van Wezel, Elsa: Die Konzeptionen des Alten und Neuen Museums zu Berlin und das sich wandelnde historische Bewusstsein. Berlin 2003