Nach unserem Besuch der Belziger Burg Eisenhardt wollen wir per Reisebus die nur 15 Autominuten entfernt gelegene Burg Rabenstein anschauen, deren abwechslungsreiche Geschichte uns unser Buskompass-Autor näher bringt.
Die auf dem Steilen Hagen thronende Höhenburg ist die südlichste der Flämingburgen. Anschließend betrachten wir die Gebäude der Burganlage.
Der landschaftlich pittoreske Hohe Fläming ist eine an herrlichen Laubwäldern, prähistorischen Gesteinen und phantastischen Sagen im südwestlichen Zipfel des Landes Brandenburg gelegene Region. Dieses an das Bundesland Sachsen-Anhalt grenzende Territorium wird aufgrund seiner imposanten Burgen Eisenhardt und Rabenstein sowie des Schlosses Wiesenburg auch das Burgendreieck genannt. Die auf dem 153 Meter (!) hohen Steilen Hagen befindliche Höhenburg Rabenstein ist die südlichste der sogenannten Flämingburgen. Allerdings kommt der Terminus Raben nicht von der bekannten Familie der schwarzen Rabenvögel her, sondern von Rauen, infolgedessen der Rabenstein mit Rauer Stein übersetzt werden muss. Zweifellos gehört die als mittelalterliches Schmuckstück ersten Ranges zu bezeichnende Burg Rabenstein zu den am besten erhaltenen und idyllischten Feudalsitzen in der Mark Brandenburg.
Die Burg Rabenstein blickt auf eine bewegte Geschichte zurück – die drei Grafen von Belzig
In uns überlieferten Urkunden des 12. Jahrhunderts wird die Familie der adeligen Amtsträger Gottschalk, Siegfried und Baderich von Belzig erwähnt, die allesamt nacheinander den Titel eines Burggravius oder castellanus von Brandenburg führten. Wir gehen davon aus, dass gegen Ende des 12. Jahrhunderts ein kleines, wehrhaftes Holz-Erde-Kastell als erster Vorgängerbau der späteren Burg Rabenstein existierte, das den Belziger Burggrafen als südlichster Grenzpunkt ihres Lehens gedient hatte. Da der letzte des Geblüts, Baderich von Belzig, offensichtlich keinen männlichen Erben hinterließ, gelangte die Grafschaft Belzig nicht nur zum Herzogtum Sachsen, sondern sie verblieb auch zunächst in dessen Herrschaftsbereich.
Burg Rabenstein überwacht die Handelsroute von Wittenberg in die Mark – Albrecht II. weilt auf der Burg und Markgraf Hermann von Brandenburg versucht sie einzunehmen
Im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts wurde die auf dem Steilen Hagen thronende Burg Rabenstein in ihrer Funktion als Straßenwarte errichtet, um von der Berghöhe aus die vom sachsen-anhaltinischen Wittenberg in das märkische Brandenburg an der Havel verlaufende Fernhandelsroute im Auge zu behalten, die hier mithilfe einer Brücke den Fluss Plane überquerte. Eine primäre schriftliche Erwähnung findet die Burg in einem Dokument aus dem Jahr 1251. Der erste bekannte Besucher, der für einen längeren Zeitraum auf dem Rabenstein weilte, war der Stammvater des Herzogtums Sachsen-Wittenberg, der Kurfürst und Reichs-Erzmarschall Albrecht II. im Jahr 1296.
Der aus der Dynastie der Askanier stammende Albrecht II. hatte Wittenberg an der Elbe nicht nur das begehrte Stadtrecht verliehen, sondern darüber hinaus zur florierenden Residenzstadt seines neuen Herzogtums Sachsen-Wittenberg erhoben. Wie aus alten Chroniken hervorgeht, versuchte der Markgraf Hermann, der Lange, von Brandenburg in dem nach dem Tod Albrechts II. im Jahr 1298 entstandenen machtpolitischen Vakuum als erster Kriegsherr mit seinen Heerscharen die sächsische Trutzburg Rabenstein zu belagern. Hermann von Brandenburg, der sich darüber hinaus als Markgraf der Lausitz bezeichnete, wurde in der in der märkischen Zauche gelegenen Zisterzienserabtei Lehnin bestattet.
Das Dorf Raben wird urkundlich erwähnt – Magdeburger Soldateska setzt den Rabenstein in Flammen – die Burg gelangt erneut in kursächsischen Besitz
Wie im Mittelalter üblich, siedelten sich Bauern, Handwerker und Händler im Umfeld der ihnen Schutz bietenden Burg Rabenstein an. Nachdem die lose und rings um die Feste entstandene Besiedlung zu dem Dorf Raben enger zusammen gewachsen war, fand es im dritten Viertel des 14. Jahrhunderts auch seine erste urkundliche Erwähnung. In Folge territorialer Streitigkeiten wurde der Rabenstein einige Zeit später von Magdeburger Landsknechten des Erzbischofs Albrecht IV. in Brand gesetzt. Nachdem die wieder aufgebaute Burg vielfach ihre neuen Eigentümer gewechselt hatte, gelangte sie am Ende des 15. Jahrhunderts erneut in kursächsischen Besitz.
Ein Wittenberger Professor kauft sich eine Burg – der Schwedenkönig Gustav II. Adolf weilt auf dem Rabenstein – zwei Jahre später plündern seine Soldaten die Burg
Mitten im Verlauf des von 1618 bis 1648 stattfindenden Dreißigjährigen Kriegs kaufte der an der Wittenberger Universität Leucorea (weißer Berg) lehrende Professor Unruh für die stattliche Summe von 20.000 Reichstalern die Burg Rabenstein und das sie umgebende Land. Vor der im Jahr 1632 im heutigen Sachsen-Anhalt erfolgten Schlacht bei Lützen weilte der legendäre Schwedenkönig Gustav II. Adolf mit seinem überragenden Reichskanzler Graf Oxenstierna für einige Tage auf der Burg Rabenstein. Nachdem der protestantische Schwedenkönig in jener sagenumwobenen Schlacht des Dreißigjährigen Kriegs bei einem Reitergefecht von katholischen Truppen unter der Führung des kaiserlichen Generalissimus Albrecht von Wallenstein getötet worden war, kehrten die Schweden vier Jahre später zurück, um die mittelalterliche Burg Rabenstein zu plündern und zu brandschatzen.
Im Bergfried der Burg wird die Rosmarien-Kapelle eingeweiht – der Fürst zu Anhalt-Dessau erwirbt den Rabenstein – ein Marschall des französischen Kaiserreichs nimmt dort Quartier
Im Burgturm, dem Bergfried oder Donjon der Feste Rabenstein wurde in den 1710er Jahren die sogenannte Rosmarien-Kapelle eingebaut und ein wenig später auch feierlich eingeweiht. Nachdem am Ende des 18. Jahrhunderts ein anhaltinischer Hofmarschall den imponierenden Feudalsitz erworben hatte, kaufte am Beginn des 19. Jahrhunderts der regierende Fürst zu Anhalt-Dessau, Leopold III. Friedrich Franz, jenem die Burg Rabenstein mitsamt dem dazu gehörigen Gutshof und dessen Ländereien ab.
Im Verlauf der von 1813 bis 1815 gegen die napoleonische Fremdherrschaft erfolgten Befreiungskriege verlegte der französische Maréchal d’Empire, der Marschall des Kaiserreichs, Jean-Baptiste Bernadotte sein militärisches Hauptquartier für einige Zeit auf die strategisch günstig gelegene Zitadelle Rabenstein. Nach der endgültigen Niederlage des Kaisers Napoleon und dem mit ihm alliierten Königreich Sachsen wurde auf dem im Jahre 1815 stattfindenden Wiener Kongress nicht nur die Feste Rabenstein mitsamt der Gemeinde Raben, sondern auch das sie umgebene Land endgültig der Provinz Brandenburg und damit dem aufstrebenden Königreich Preußen zugesprochen. Die Eigentümer der Burg blieben zunächst die Fürsten zu Anhalt-Dessau und nach deren Erlöschen die ihnen nachfolgenden Herzöge von Anhalt. Weil die militärische Relevanz der märkischen Festung inzwischen obsolet geworden war, wurden auf dem Rabenstein forstwirtschaftliche Werkstätten eingerichtet.
Die Burg Rabenstein dient im zwanzigsten Jahrhundert als Forstschule und als Jugendherberge
Offensichtlich erwirtschafteten die auf dem märkischen Rabenstein angesiedelten Werkstätten nicht den erhofften Gewinn, so dass die Burg in den 1920er Jahren aufgrund vermeintlicher Verwitterungen gesperrt wurde. Fünfzehn Jahre später waren an der in arge Mitleidenschaft gezogenen Rabensteiner Zitadelle umfangreiche Restaurationsarbeiten vorgenommen worden, bevor sie nach dem katastrophalen Zusammenbruch des Jahres 1945 in kommunales Gemeineigentum überführt wurde. Im weiteren Verlauf zogen eine renommierte Försterei und Forstschule für die zu qualifizierenden Forstanwärter in die brandenburgische Burganlage ein. Von den frühen 1950er bis in die Mitte der 1990er Jahre fungierte die für Kinder und Jugendliche interessante Burg in den langen Sommerferien als beliebte Jugendherberge, ehe sie in den öffentlichen Besitz der Rabensteiner Gemeinde überging. Heute zeigt eine auf der Burg untergebrachte Falknerei kunstvolle Flugvorführungen mit unterschiedlichen Greifvogelarten und bewahrt damit ein altes Stück europäisches Kulturerbe vor dem Vergessenwerden.
Hinweis
Burg Rabenstein ∙ Zur Burg 49 ∙ 14823 Rabenstein OT Raben ∙ Naturpark Hoher Fläming ∙ Landkreis Potsdam-Mittelmark
Parken
Unterhalb der Burg Rabenstein befindet sich ein kostenloser Parkplatz. Von dort aus führt ein gut einhundert Meter langer Fußweg zur märkischen Burganlage hinauf.
Lesenswert
Feist, Peter: Burg Rabenstein im Fläming. Berlin 1995