Wo gibt es in Berlin einen Platz für Unterhaltung für Jung und Alt?
Wo kommen Freunde der leichten Muse und des tiefsinnigen Vergnügens gleichermaßen auf ihre Kosten?
Wo gibt es ein Festmahl für die Sinne versteckt im westlichen Winkel der Stadt?
Unweit des Kurfürstendammes, im ruhig-verschlafenen Wilmersdorf findet man unter Kastanienbäumen – auf dem Parkdeck des Hauses der Berliner Festspiele – die Bar Jeder Vernunft. Der Name ist Programm und zugleich ein Wortspiel, findet man hier doch etwas, was es sonst nirgends gibt. Ein Jugendstil-Spiegelzelt vom 1912.
Im Haus der Berliner Festspiele, der ehemaligen Freien Volksbühne, findet zum Beispiel jährlich das Berliner Theatertreffen und vieles andere mehr statt. Dieses Haus ist im Stil der Nachkriegsmoderne von Fritz Bornemann erbaut, hat klare Linien und Formen, eine leichte deutliche Sachlichkeit. Im Kontrast dazu erscheint das feste Spiegelzelt der Bar Jeder Vernunft wie ein wirklich gewordener und zugleich märchenhafter Traum. Holz und Glas mit über 1000 Spiegeln.
Die besondere Biografie des Gründers und Impresarios Holger Klotzbach
Der Kabarettist, Kulturmanager und höchst kreative Unternehmer Holger Klotzbach erwarb 1992 das einzigartige Spiegelzelt in der Schweiz, das in den Niederlanden als Danse Palais erbaut worden war. Um die Jahrhundertwende diente es in den mondänen Seebädern Flanderns und der Niederlande als Ball- und Tanzzelt. Dann war es aus der Mode gekommen und machte einen langen Winterschlaf.
Klotzbach, 1946 geboren, studierte zunächst Theologie, später Lehramt und ist in der Studentenbewegung sozialisiert. Wegen seines politischen Engagements bekam er 1975 Berufsverbot, bedingt durch den Radikalenerlass. Er konnte also nicht Lehrer werden und heuerte zunächst beim Zirkus Busch-Roland als Hilfskraft an. Nach kurzer Zeit war er Privatlehrer für die Zirkuskinder und wurde bald darauf Pressesprecher. Durch Bekanntschaft mit André Heller war er an der Gründung des Circus Roncalli beteiligt. 1977 gründete er zusammen mit Günter Thews und Arnulf Rating das sehr erfolgreiche, anarchistische Kabarett-Trio Die 3 Tornados und zudem das Schwarze Café in der Kantstraße. Das Schwarze Café, eine Berliner Institution, besteht heute noch und man kann hier bis nach Mitternacht frühstücken.
Bei so viel Kreativität kann einem schwindelig werden und zugleich zeigt es, welche hervorragenden, tollen Leute unserem Land als Lehrer, Juristen, aber auch Putzfrauen durch den Radikalenerlass von 1975 verloren gingen. Eine ganze Generation stand unter Verdacht. Holger Klotzbach allerdings ist diesem Schicksal eher dankbar, er hat Glück gehabt, hat eine außergewöhnliche Begabung. Manch andere landeten im Abseits. Natürlich muss die Verfassung, die Demokratie geschützt werden. Dies war jedoch nicht der richtige Weg. Die durch den Radikalenerlass in ihrer beruflichen Laufbahn Geschädigten sind bis heute nicht rehabilitiert.
Und heute – lassen Sie sich verzaubern. Hier stimmt alles auf den Punkt
Ein klein wenig versteckt in Wilmersdorf gibt es also einen Ort, an dem der Glamour weiterlebt. Hier erinnert das nachtverliebte Berlin an die 20er Jahre. Bohème Sauvage – im Spiegelzelt, von außen unscheinbar, von innen glitzernder Festsaal – gibt es alles, was das Herz begehrt. Die Crème de la Crème der intelligenten Kleinkunst von Chanson, Kabarett, Theater, Comedy, Jazz ist hier zu finden. Meret Becker, heute bekannt als Tatortkommissarin, verhalf der Bar Jeder Vernunft 1992 zum Durchbruch. Ihre Varieté-Produktion im März 1993 war sieben Wochen ausverkauft und rettete die Bar Jeder Vernunft vor dem Bankrott. Ebenso die Geschwister Pfister, Max Raabe, Eckart von Hirschhausen und Otto Sander. Es gibt Lustiges und Listiges, Putziges und Patziges, Wichtiges und Wuchtiges, vor allem gibt es jede Menge Sternstunden, zu denen wir Sie von ganzem jubilierendem Herzen einladen. So Holger Klotzbach im Vorwort zum Programmheft 30 Jahre Bar Jeder Vernunft. Viele Künstler, die damals der Bar zum Durchbruch verhalfen, sind heute berühmt und bekannt. Wenn sie können, treten sie immer wieder gern hier auf. Über die Jahrzehnte sind Freundschaften und Arbeitsbeziehungen entstanden. In der Bar Jeder Vernunft wurden sie aufgefordert, etwas auszuprobieren, konnten sich entwickeln.
Kürzlich war ich beim Jubiläumsspecial des immer wieder frenetisch gefeierten Vokaltrios Muttis Kinder. Claudia Graue, Marcus Melzwig und Christopher Nell kennen sich seit der Schauspielschule in Rostock. Sie bieten Minimalismus im Weltklasseformat. Singen hochmusikalisch neu arrangierte Musikstücke von Keimzeit, Coolio und Sophie Hunger, Peaches und Prince auf vertraut-spielerisch und einzigartige Weise. Ein Abend, den man sich nicht entgehen lassen sollte.
Neben dem ausgezeichneten Showprogramm ist die Bar Jeder Vernunft auch für ihre gute Küche bekannt. Man nimmt entweder an elegant und liebevoll gedeckten Tischen in der Manege Platz oder trifft sich bei schönem Wetter auf einen Drink vorab oder in der Pause im Biergarten. Die Bedienung, Platzanweiserinnen und alle Servicemitarbeiter sind von einnehmender und persönlicher Freundlichkeit. Der Gast, die Besucherin, fühlt sich gemeint und persönlich angesprochen. Jeder ist hier VIP.
Dieses zauberhafte Ambiente kann man auch für private Feiern oder Firmenevents mieten, sämtlich barrierefrei.
Und wer noch mehr sucht – mehr Platz für Zuschauer – findet im Tipi am Kanzleramt, Intendant ebenfalls Holger Klotzbach, bestimmt etwas.