Eine Stadt wie Berlin hat viel zu bieten.
Verborgenes entdeckt man oft per Zufall.
Eine Runde mit dem Bus fahren, einfach loszugehen, etwas spazieren zu gehen, eröffnet neue Horizonte.
Ich wohne in Berlin. Am vergangenen Samstag musste ich einiges erledigen. Und zwar am Bahnhof Zoo, am Potsdamer Platz, am Bahnhof Friedrichstraße und in Steglitz. Wer die Stadt und ihre Entfernungen kennt, weiß, dass das vermutlich kein ganz gemütlicher Samstag werden wird – aber vielleicht ein interessanter?
Los ging es am Bahnhof Zoo. Dort in der Nähe ist das Kino Delphi Lux. Lange schon war ich nicht mehr im Kino gewesen, wollte aber unbedingt einen bestimmten Film sehen, bevor er wie mitunter sehr schnell weg vom Kino-Spielplan ist. „Walchensee for ever“ behandelt die Lebensgeschichten von fünf Frauen aus fünf Generationen, die alle am Walchensee beheimatet sind. Leider kam der Film nur noch um 14 Uhr. Und das bedeutet, die einzig hellen Stunden des Tages zu verpassen – trotzdem wollte ich in den Film. In Berlin kann man die Kinokarten derzeit direkt vor Ort kaufen, muss am Eingang seine Impf- oder Testbelege vorzeigen und darf im Kino auf dem Platz die Maske abnehmen. Es kann zudem passieren, dass der junge Mann am Eingang des Kinos einen unvermittelt duzt. Das ist eine Gewohnheit, die immer üblicher wird. Auch im Bio-Laden oder in anderen Geschäften – plötzlich sind alle per „Du“. Mir ist ein freundliches „Sie“ im Umgang mit fremden Menschen angenehmer. Ich mag es nicht, wenn Unbekannte, die jünger als meine Kinder sind, plötzlich zu mir sagen: „Zeig mir bitte Deine Impfbescheinigung.“ Da werden zugleich zwei Punkte, die bislang tabu waren, sozusagen ohne Vorwarnung angesprochen.
Wie auch immer – der Film war gut. Das Kino voll besetzt, es war einfach schön, mal wieder unter vielen Menschen zu sein und auf einer großen Leinwand zwei Stunden lang konzentriert einen Film anzuschauen. Ganz anders als in der Flimmerkiste zu Hause mit vielen Ablenkungen nebenbei. Als ich das Kino verließ, war es draußen dunkel. Etwas spazieren gehen wäre jetzt gut, um den Kopf zu lüften. Ich machte mich auf zum Bahnhof Friedrichstraße, wo ich mir eine Freiluft Ausstellung anschauen wollte. Vom Bahnhof Zoo nach Friedrichstraße fuhr ich einige Stationen S-Bahn. Dort suchte ich das Ausstellungsgelände außerhalb des S-Bahnhofs. Leider war sie schon fast abgebaut, da die Veranstalter mir sagten, dass die Tafeln wegen des heftigen Novemberwindes andauernd umfallen würden – sie gaben mir als Trost ausführliches Infomaterial mit und von einer Zeitungsverkäuferin erhielt ich den Tagesspiegel von morgen. Das versöhnte mich etwas, denn ich war extra gekommen, um die Ausstellung zum Thema „Menschen im Fadenkreuz des rechten Terrors“ zu sehen. Dieses Thema ist ein beängstigendes Thema unserer Zeit, dem, wie ich finde, entgegen getreten werden muss. Öffentlichkeit ist eine Chance. Die Ausstellung gehen mit großen Porträts von Menschen, die bedroht werden, an die Öffentlichkeit. Zitate zu alltäglichen Situationen stehen daneben und zeigen, dass diese mutigen Leute, Leute wie du und ich sind.
Womit wir wieder beim „du“ wären. Die Veranstalter der Ausstellung haben mich übrigens gesiezt.
Mit dem Bus vom Potsdamer Platz nach Schöneberg und weiter nach Steglitz
Weiter ging es nun zum Potsdamer Platz. Bei schönem Wetter könnte man dahin spazieren gehen, es war aber wie gesagt schon dunkel. Ich fuhr mit der S-Bahn und erledigte, was ich erledigen musste. Mein nächstes Ziel war die Schloßstraße in Steglitz. Hierhin kann man mit dem M48er Bus in gut einer halben Stunde kommen. Am Samstagabend sind die Straßen leer und in den Bussen sind nicht viele Leute. Es war angenehm, vorne im Bus hinter dem Fahrer zu sitzen und durch die erleuchte Stadt zu fahren. Vom Potsdamer Platz ging es über Schöneberg und Friedenau nach Steglitz. Vorbei an der Philharmonie, an der ein großes erleuchtetes Plakat hing: IMPFEN SCHÜTZT, auch die KUNST. An dem Bau von Hans Scharoun hängt selten ein Plakat, daher war dieses eindrücklich. Weiter an Straßen und Plätzen vorbei, die selbst ich nicht kannte. Busfahren kann viel gemütlicher und angenehmer sein, als sich in einer vollgestopften U-Bahn fortzubewegen. Und der Fahrer duzt einen bestimmt nicht!
Und ja – in Berlin gibt es auf einigen Strecken auch Elektrobusse, die sehr leise fahren. Darin schwebt man quasi ans Ziel, der Verkehrslärm wird leiser. Diese Busse sind klimafreundlicher, nachhaltiger und haben weniger Abgase. Der 147er verkehrt zum Beispiel auf der Strecke vom S-Bahnhof Friedrichstraße über den Hauptbahnhof bis nach Wedding.