Wir lüften das Geheimnis des Harzer Rollers und verraten Ihnen, wie man Mausbrunnenkönigin wird. Heißum nördlich des Harzes lockt mit einer Fachwerkkirche, einem Religionsstreit und einer friedensstiftenden Wasserquelle im Wald. Als Jungbrunnen gilt der Mausebrunnen sowieso!
Jedes Jahr zu Pfingsten tut sich einiges im Wald rund um Heißum. Der Ortsteil gehört zur Gemeinde Liebenburg im nördlichen Harzvorland und duckt sich am westlichen Rande des Salzgitter-Höhenzuges in die Landschaft. Im Jahr 1907 versammelten sich eine Handvoll Männer des Ortes an der kleinen Quelle im Wald und frühstückten dort. Jährliche kleine Treffen an Pfingsten entwickelten sich und im Jahr 1933 wurde der Mausebrunnenclub Heißum gegründet. Schon seit 1928 gab es ein traditionelles Mausebrunnenfest mit Speis, Trank und Blasmusik. Inzwischen feiert man an der Quelle und im Ort. Ganz Pfingsten steht dann unter der Regentschaft des Mausebrunnenkönigs und seit einigen Jahren werden auch Frauen in den traditionsverbundenen Verein aufgenommen. Das bedeutet, schon bald gibt es vielleicht auch eine Mausebrunnenkönigin in Heißum. Gefeiert wird auch neben einer 1950 gepflanzten Eiche, die zu Ehren eines der Mitbegründer des Clubs gesetzt wurde. Inzwischen zählt man gut zweihundert Mitglieder, was sehr beachtlich ist, da der gesamte Ort nur ein paar Hundert Einwohner hat. Wenn wir also dieses kleine Mäusenest nördlich des Harzes besuchen, sollten wir wissen, dass man hier nicht unbedingt auf große Besucherströme eingestellt ist.
Spaziergang von Heißum zum Mausebrunnen
Wenn Sie mit dem Reisebus anreisen (was ganzjährig zu empfehlen ist), parken Sie am besten außerhalb der kleinen Ortschaft am Rande der Felder und suchen sich einen Platz, an dem Sie den ruhigen Ablauf des Ortes nicht unnötig aufrütteln. Beispielsweise ist man in der Nähe der großen Gärtnerei Fricke am Wanneweg eher auf Besucher eingestellt als mitten im von Fachwerk geprägten Ortskern. Um zum Mausebrunnen zu gelangen, müssen Sie allerdings die am östlichen Teil des Ortes vorbei führenden Eisenbahnschienen überschreiten; der Mausebrunnenweg führt Sie direkt dorthin. Ist das erst einmal geschafft, ist es noch etwa ein Kilometer bis zur Quelle. Sie ist in Feldsteinen eingefasst und inzwischen gibt es eine Schutzhütte, ein paar Bänke und eine Infotafel. Der kleine Spaziergang führt Sie über Felder und durch dichter werdenden Wald bis zu unserem heutigen erholsamen und sehr naturnahen Ausflugsziel. Wenn Sie sich unterwegs einmal umdrehen, können Sie Ihren Blick über Heißum schweifen lassen und erblicken vielleicht auch aus der Ferne den winzigen Glockenturm mit Wetterfahne, der die Ortskirche Sankt Georg schmückt.
Das Mausebrunnenfest schlichtet den Religionskrieg von Heißum
Die erwähnte Kirche im Ortskern von Heißum hat eine mindestens so spektakuläre Geschichte wie die Entstehung des Mausebrunnenfestes. Das kleine Gotteshaus aus Fachwerk hat einen niedrigen Turm mit einer Wetterfahne. Die Glocke hängt zugleich an dem Balken, der auch das Türmchen und das Dach stützt. Eine gelungene Konstruktion, die so seit dem Jahr 1723 besteht; letzte große Renovierungen wurden in den Jahren 1902 und 1955 durchgeführt. Sankt Georg wurde gebaut als letzter Schwank in einer großen Posse. Die protestantische und katholische Kirche kämpften hier in dem winzigen Örtchen am Rande des Mausebrunnens jahrzehntelang um die Vorherrschaft. Da Heißum schon im 12. Jahrhundert zum Kloster Sankt Georg in Goslar gehörte, war unstrittig, dass von dort aus zunächst auch die Macht ausging. Im frühen 17. Jahrhundert sollte die Religionszugehörigkeit der Ortsbewohner den Ausschlag dafür geben, welche Konfession sich durchsetzte; da die Mehrheit protestantisch war, schien auch die Kirchenfrage zunächst geklärt. Da man aber immer noch zur Hemisphäre des weiterhin katholischen Kloster Sankt Georg gehörte, ließ ein Probst im Jahr 1702 die Kirche kurzerhand abreißen. Da verzog sich einstweilen auch die letzte Kirchenmaus vom heiligen Acker. Stattdessen errichtet man eine katholische Kirche. Daraufhin landete alles bei den juristischen Instanzen in Hildesheim, Braunschweig und Goslar. Letzten Endes wurde die katholische Kirche dazu verdonnert, den Protestanten ein neues heiliges Obdach zu errichten. An dieser kleinen Fachwerkkirche kommen wir heute vorbei, wenn wir uns auf den Weg zum Mausebrunnen machen. Ironie der Geschichte ist: Die katholische Kirche durfte sich zwar auch selbst ihr eigenes Gotteshaus bauen, allerdings wurde dieses bereits 1833 verkauft und abgerissen. Wer anderen eine Grube gräbt, steht am Ende selbst ohne Kirche da, könnte man den Streich der Geschichte zusammenfassen. Anzumerken ist, dass das Mausefest diesen religiösen Graben zugeschüttet hat; ganz gleich, welcher Religion man sich heute zugehörig fühlt, entscheidend sind heute Heimatverbundenheit und Tradition. Und die Jugend hat ohnehin Lust zum gemeinschaftlichen Anpacken und Feiern. Am besten Sie machen sich selbst ein Bild davon, wenn Sie mit dem Reisebus das Mausebrunnenfest besuchen.
Was wäre ein Mausebrunnen ohne Käse?
Zum Abschluss wollen wir Sie noch damit erheitern, was es mit dem Ruf von Heißum als Käsebäckerdorf auf sich hat. Vielleicht kommen Sie auch selbst darauf, wenn Sie sich vor Augen führen, nördlich von welchem Mittelgebirgszug wir uns heute befinden? Er bildet mit dem Brocken das höchste Gebirge Norddeutschlands (1141 Meter Höhe). Richtig, wir berichten aus der Nähe des Harzes. Und man muss keine Maus vom Mausebrunnen sein, um nun auf den Namen des gefragten Käses zu schließen; es ist der Harzer Roller! Er wurde von Hand in den Stuben der Familie gerollt und wurde ursprünglich aus Sauermilch hergestellt, die bei der Produktion von Butter übrig blieb. Heute wird er aus Sauermilchquark produziert und aufgrund seines sehr niedrigen Fettgehaltes und seines enorm hohen Proteinanteils gilt er als außerordentlich gesund. Man kennt ihn ganz klassisch als winzige nebeneinander stehende Käseräder, oft in Gruppen eingeschweißt. Ihren markanten und durchaus strengen Geruch und Geschmack entwickeln die goldenen Taler insbesondere wenn sie etwas länger liegen und somit weiter reifen. Oftmals werden sie einfach pur oder mit etwas Brot verzehrt. Hier im Harzvorland sicher auch schon deutlich länger, als es den auch schon historischen Mausebrunnenclub gibt. Als Brotzeit für einen Ausflug ins nördliche Harzvorland eignet er sich allemal. Guten Appetit! Ach so, leider müssen wir Ihnen zu guter Letzt verraten, dass der Mausebrunnen und das Mausebrunnenfest ihren Namen gar nicht vom käseliebenden Nagetier haben, sondern sich aus dem Wortstamm für Moos entwickelt haben. Aber eine feuchte, moosige Quelle lässt sich eben nicht ganz so gut vermarkten wie ein fröhlich klingender Mausebrunnen. Uns ist es einerlei und wir haben den Ausflug mit dem Reisebus in die Natur nicht bereut.
Hinweise
Zum Mausebrunnen gelangen Sie am besten, wenn Sie am östlichen Ortsausgang von Heißum den Mausebrunnenweg entlang laufen, die Eisenbahngleise überqueren und sich dann in Richtung Waldrand orientieren. Am Fortunateich kommen Sie so ebenfalls vorbei.
Der Mausbrunnenclub Heißum e.V. ist auch im Internet vertreten; dort finden Sie ein Kontaktformular und Informationen zu weiteren Veranstaltungen im laufenden Jahr.
Sankt Georg im Ortszentrum hat die Adresse An der Kapelle 5 in 38704 Heißum, Liebenburg.
Piepenbrinks Hof ist ein sehr altes schönes Gehöft im Ort; ein Vorbeigehen lohnt auf jeden Fall; manchmal gibt es hier auch Veranstaltungen für Groß und Klein; die Adresse lautet Gänsekamp 1, Heißum, 38704 Liebenburg / Kontakt per E-Mail: info@hof-piepenbrink.de.
Anfahrt nach Heißum bei Liebenburg am besten über die A36, Ausfahrt Schladen-Nord. Außerdem verläuft westlich des Ortes die B6 von Goslar nach Salzgitter.