Wir wollen uns das Straßenbahnmuseum in Brandenburg an der Havel anschauen, das 125 Jahre havelländische Verkehrsgeschichte in historischen Dokumenten und in Sachgegenständen überliefert.
En passant berichtet unser Buskompass-Autor von der abwechslungsreichen Geschichte der ersten Pferdebahn bis zur modernen Tram unserer Tage in Brandenburg.
Straßenbahnmuseen, die neben Straßenbahnwaggons und straßenbahntechnischen Werkstätten, Karten des Streckennetzes, Fahrpläne, Billetts und historische Straßenbahner Uniformen ausstellen, gibt es sowohl in Berlin, Dresden, Leipzig und in Halle an der Saale als auch in Brandenburg an der Havel.
1897 – eine Pferdebahn-Ringlinie wird in Brandenburg in Betrieb genommen
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann der innerstädtische Nahverkehr im havelländischen Brandenburg zuzunehmen. Damit Arbeiter und Angestellte die großen Industrieanlagen zeitnah erreichen konnten, wurde ab 1897 eine Pferdebahn in Betrieb genommen. Die Pferdebahn-Ringlinie bewältigte zunächst eine 4,75 Kilometer lange Strecke. Die Streckenführung ging vom damaligen Staatsbahnhof durch die Hauptstraße zur Nicolai- der heutigen Damaschkestraße. Ein Jahr später wurde der vollständige innerstädtische Ring befahren. Bis zum Jahr 1904 wurden weitere Strecken eingerichtet. Sie führten vom Innenstadt-Ring bis zur Planebrücke und zum Bahnhof Altstadt.
1. April 1911 – die Pferdebahn wird durch eine elektrische Straßenbahn ersetzt
Je weiter das industrielle Wachstum prosperierte, desto schwerer hatte es die Pferdebahn, den steigenden Transportbedarf dauerhaft zu bewältigen. Aus diesem Grund entschloss sich der Rat der Stadt im Jahr 1910, die Pferdebahn durch eine elektrische Straßenbahn zu ersetzen. Allerdings entsprach die Streckenführung der Elektrischen der der ehrwürdigen Pferdebahn.
Am 1. April 1911 wurde die vom Staatsbahnhof, dem Hauptbahnhof, bis zum westlich der Havelstadt gelegenen Altstädtischen Bahnhof verlaufende Grüne Linie in Dienst gestellt. Seit damals wurden die einzelnen Linien mit Farben bezeichnet. Beispielsweise eröffnete die eigenständige Stadt Plaue mit der Gelben Linie zwei Jahre vor dem Beginn des I. Weltkriegs den elektrischen Straßenbahnbetrieb zwischen dem Ortsteil Kirchmöser und der Fouquéstraße. Eine weitere Linie fuhr ab dem Jahr 1914 vom Altstädtischen Markt zur Brielower Straße. Sie wurde am Ende der 1920er Jahre durch eine neue Streckenführung zur Mühlentorstraße ersetzt, die allerdings im Jahr 1939 wieder aufgegeben worden war. Bis zum Ausbruch des II. Weltkriegs kam zum Brandenburger Streckennetz noch eine weitere Linie hinzu, so dass nun insgesamt sechs Linien befahren wurden.
Die Elektrische nach dem II. Weltkrieg
Wenngleich am Beginn der 1950er Jahre eine neue Strecke zur Quenzbrücke in Betrieb genommen worden war, wurde die provisorische Linie zum Brandenburger Stahlwerk wieder stillgelegt.
Ebenso wurden im Jahr 1955 die bisherigen Farben der einzelnen Straßenbahnlinien durch eine Bezifferung ersetzt. Genau 10 Jahre später war die zur Planebrücke führende eingleisige Strecke stillgelegt worden.
Im Jahr 1979 war eine weitere Linie fertiggestellt wurden, mit der das an der Leninallee befindliche Neubaugebiet an das Straßenbahnnetz angeschlossen worden war. Schließlich wurde 1985 die Strecke in das Neubaugebiet Hohenstücken Nord in Betrieb genommen. Das neue Millennium brachte eine einschneidende Änderung mit sich. In deren Folge wurde die über Plaue nach Kirchmöser verlaufende Streckenführung bis zur Anton-Saefkow-Allee verkürzt.
Das aktuelle Liniennetz ist deutlich reduziert
Obwohl das aktuelle Liniennetz gegenüber den 1980er Jahren deutlich reduziert wurde, befördert die Brandenburger Tram noch heute einen bedeutenden Teil des öffentlichen Personennahverkehrs. Die bewegte Historie des Massenbeförderungsmittels ist im Straßenbahnmuseum zu sehen. Zu besonderen Anlässen wird den Besuchern ein im Original erhaltener Triebwagen präsentiert.
Das Brandenburger Straßenbahnmuseum
In dem in der Bauhofstraße gelegenen Straßenbahnmuseum wird die wechselvolle Geschichte der Brandenburger Elekrischen gezeigt. Seine Pforten für den Publikumsverkehr hatte das Museum zum ersten Mal im Jahr 1997 geöffnet. Das im Obergeschoss eines Gleichstromunterwerks eingerichtete Museum zeigt seinen Besuchern historische Dokumente und Zeugnisse aus den ersten Tagen der Pferdebahn. Eine Reihe von Fotos, die die modernen Straßenbahntypen der Havelstadt abbilden, sind inzwischen neu angefertigt worden. Ebenfalls gibt es neuartige Vitrinen zu sehen, die zahllose Exponate präsentieren. Zur Ausstellung zählt auch eine nachgebaute Modellstraßenbahn, die von Kindern hin- und herbewegt werden kann.
Der im Original erhaltene Triebwagen der Brandenburger Tram
Vor dem Museumsgebäude befindet sich ein original erhaltener Triebwagen, der just restauriert wurde. Beispielsweise musste sein Dach neu abgedichtet werden. Das anschließende Streichen des Innenraums hat die Arbeitsgemeinschaft des Museums unter Kurator Jörg Schulze selbst übernommen. Ebenfalls wurden die Beleuchtung erneuert und die Beschriftungen des Straßenbahnwaggons neu angebracht. Zu den Besuchern des Museums gehören nicht nur einheimische Brandenburger, sondern auch zahlreiche Gäste. Während der Sommerferien wird es vor allem gerne von Kindern und deren Großeltern besucht. Andererseits gibt es auch ausgewiesene Straßenbahn-Liebhaber, die ausgesprochen weite Anfahrtswege auf sich nehmen, um das Museum zu besichtigen. Wer jetzt näheres Interesse daran gefunden hat, dem Straßenbahnmuseum einen Besuch abzustatten, der ruft am besten Jörg Schulze unter der Telefonnummer: 0 175 / 162 69 05 an.
Hinweis
Straßenbahnmuseum · Bauhofstraße 2 · 14776 Brandenburg an der Havel
Lesenswert
Menzel, Walter & Jörg Schulze: 100 Jahre elektrische Straßenbahn in Brandenburg an der Havel. Berlin 2011