Die Geburtsstadt des Komponisten Georg Friedrich Händel liegt an der unteren Saale. Zu DDR-Zeiten ein bedeutender Industriestandort ist Halle heute ein kultureller Mittelpunkt und Universitätssitz. Und es gibt ungleich mehr zu entdecken.
Fangen wir mit einer Geschichte an. Stellen Sie sich vor, Sie würden Ihren Großvater nie kennengelernt haben, weil er schon vor ihrer Geburt gestorben ist. Ihr Großvater wäre zudem ein Maler gewesen, und im Nachlass ihrer Großmutter, zu der Sie ein herzliches Verhältnis hatten, finden sich einige Öl-Bilder, die Sie nach dem Tod der geliebten Großmutter in der Eile eines Trauerfalls an die Kinder des Großvaters weitergegeben hätten.
Ein Jahr später erfahren Sie, dass in einer anderen Stadt, in Halle an der Saale eine Ausstellung unter anderem mit eben diesen Bildern ihres Großvaters ausgerichtet wird. Das war in meinem Fall der Anlass, warum ich kürzlich nach Halle fuhr, da die Tochter einer Freundin eben diese Enkelin war. Da wir ein Grüppchen aus Freundinnen, Töchtern und Enkeln waren, mieteten wir uns einen Bus. So waren wir unabhängig und flexibel.
Malerei, Keramik, Fotos und Ringe. Eine familiäre Ausstellung in der Zeitkunstgalerie
Die Ausstellung in einer kleinen Galerie war eine Überraschung. Hier war das malerische Lebenswerk des Malers Hansjorg Manthey zusammengefasst und ausgestellt. Zudem noch schöne Stücke seiner ersten Frau, der Malerin und Keramikerin Heidi Manthey und deren beider Kinder, die längst erwachsenen Mareile und Jacob Manthey. Mareile ist eine bekannte Goldschmiedin in Potsdam und Jacob unter anderem Fotograf. Es war sozusagen eine familiäre Ausstellung posthum. Mit Bildern, Keramik, Fotos und Schmuckstücken in der Zeitkunst Galerie.
Dies war unser Anlass, nach Halle zu fahren. Vermutlich haben Sie einen ganz anderen. Was ich damit sagen will, ist, auch indirekte Anlässe können ein feiner Grund sein, mal eine andere Stadt zu besuchen. Mein Besuch war daher ein persönlicher, der sich mit der Geschichte der Stadt Halle verwob. Heidi Manthey, geboren 1929, hatte seit ihren jungen Jahren zwanzig Jahre lang in Halle gelebt und ich kenne sie seit meinen Kindertagen.
Nach dem Besuch in der Galerie gingen wir im Brauhaus Wenzel zum Mittagessen. Hier wird böhmisch-mährische Küche in rustikal gemütlicher Atmosphäre angeboten. Knödel, Gulasch und Palatschinken schmeckten an diesem nass-kalten Tag besonders gut.
Marienkirche, Stadtspaziergang und das Café NT

Danach besichtigten wir die Marktkirche Unserer lieben Frau, auch Marienkirche genannt. Diese berühmte Kirche mit vier Türmen, sollte man auf jeden Fall anschauen, wenn man in Halle ist. Denn sie zählt zu den bedeutendsten Bauten der Spätgotik aus der Renaissance in Mitteldeutschland.

Sie ist Wahrzeichen der Stadt Halle und einfach eine Augenweide und mächtiger Ruhepol inmitten der Stadt. 1529 bis 1554 erbaut, entstand sie aus der Zusammenlegung zweier Kirchen. Dies Beispiel der Baukunst allein ist eine Besichtigung wert.

Ein kleiner Stadtspaziergang schloss sich an. Kaffeepause machten wir im Café NT, dem Kulturcafé in Halle, das zum Neuen Theater gehört.
Das Kunstmuseum Moritzburg und mehr

Nun wollte ich unbedingt ins Kunstmuseum Moritzburg, denn diesem Haus eilt ein legendärer Ruf voraus. Ich hatte im Lauf der Jahre viel von der „Burg der Moderne“ gehört. Die Moritzburg ist heute ein modernes Museum und wurde im Lauf der Jahrhunderte aus einer Burgruine rekonstruiert. Der Grundstein wurde 1484 als spätere Residenz der Magdeburger Erzbischöfe gelegt. Sie wurde im spätgotischen Stil erbaut und ist heute eines der imposantesten Bauwerke der Stadt Halle. Seit 1904 ist sie als Museum ausgebaut worden. Von 2004 bis 2008 erweiterten die spanischen Architekten Enrique Sobejano und Fuensanta Nieto das Bauensemble topmodern. Das Kunstmuseum Moritzburg besticht heute besonders durch die gelungene Verbindung zwischen alt und neu, Historie und Moderne.

Die ständige Ausstellung Wege der Moderne. Kunst in Deutschland 1900- 1945 ist sehr empfehlenswert. Hier sind zum Beispiel herausragende Bilder von Lyonel Feininger, der Marktkirche und des Roten Turms in Halle zu finden und für mich waren zudem die feinen, liebe- und humorvollen Bilder des Malers Albert Ebert eine Entdeckung, ein freudiges Wiedersehen.
Aktuell ist außerdem die Ausstellung Der andere Picasso. Zurück zu den Ursprüngen zu besichtigen. Seine keramischen Arbeiten und Werke auf Papier anzusehen, plane ich für den nächsten Besuch ein.
Da ich nun zum Abendessen verabredet war und zudem die Museen um 18 Uhr schließen, musste ich meine Museumsbesuche hier beenden. Dass ich bald wieder kommen will, war für mich klar. Auf meinem Zettel stehen neben Picasso in der Moritzburg die Franckeschen Stiftungen Halle, das Händel-Haus und auf jeden Fall das Landesmuseum für Vorgeschichte. Hier ist nämlich die berühmte Himmelsscheibe von Nebra zu finden und sehr vieles mehr. Das Landesmuseum für Vorgeschichte Halle gehört zu den wichtigsten archäologischen Museen in Mitteleuropa.
Ein Spaziergang an der Saale entlang zur Burg Giebichenstein muss bei Sonnenschein sehr schön sein, so wurde mir gesagt. Ich bin sehr froh, dass mich die Familie Manthey an diesem Tag nach Halle geschickt hat. Der Besuch war sehr nachhaltig. Und: es hat sogar geschneit.