Fulminante wie beliebte Spielwiese der Berliner mit Specials und Besonderheiten.
Und ganz nebenbei: eine der größten Kultur- und Freiflächen im Zentrum einer Metropole weltweit.
Das Tempelhofer Feld als eine echte Einmaligkeit unter den Erholungs- und Kulturlokalitäten der Hauptstadt hat eine ebenso historisch bewegte wie jüngere, aktuell bemerkenswerte Geschichte. In Stationen von Vergangenheit, welche mit anderen Worten als besondere Laufbahn mitunter Buchstäbliches beschreibt und im Folgenden dieses Artikels, in welcher Weise genau. Mit Bezug zur Einmaligkeit betrifft das zunächst die schiere Weite und Ausdehnung des Ortes, welcher, verglichen zur relativ dichten übrigen Bebauung und Baumbepflanzung der Großstadt, geradezu gigantisch sich ausnimmt.
So weit das Auge reicht
In welcher Großstadt sonst auf der Welt gibt es das Phänomen, in Zentrumsnähe, der Innercity, den Blick ohne Häuser, ohne jedes Hindernis unverstellt kilometerweit wandern lassen zu können, auf einer zivil genutzten und jedem uneingeschränkt zugänglichen, öffentlichen Freifläche?
Auf über 300 Hektar grünem Freizeit- und Veranstaltungsraum bietet das offene Areal als tatsächlich eines der größten global dieser Dimension, Sport-, Kultur- und Naherholungsmöglichkeiten vielfältiger Art. Ob zum Skaten, Schlendern, gemeinsam Schweigen beim Meditieren oder Schwitzen beim Tanzen. Ob Radeln, Gärtnern, Picknicken, Vogelbeobachten, Drachensteigen, Kiteboarden oder naturnahen Kindergeburtstag. Und damit nur ein Ausschnitt des sich aktuell ständig erweiternden Angebots der Anlage genannt ist, die für findige Köpfe, schräge Glücksritter wie straighte Geschäftstüchtige, Grenzgänger wie ganz normale Großstadtbewohner und Besucher eine magnetische Anziehung zu haben scheint.
Hier auf dem ehemaligen Gelände des Tempelhofer Flughafens wuchsen bereits Jahrhunderte zuvor lebhafte, nicht selten auch erstaunliche, außerordentliche Aktivitäten zu einer bis heute dauernden Tradition des Ortes. Bis Anfang des 18. Jahrhunderts von Schöneberger Bauern als Getreideanbau- und Ackerfläche genutztes Land ließ Friedrich Wilhelm I., der Vater vom Alten Fritz, 1722 ein militärisches Manövergelände an Ort und Stelle errichten, das zunächst als Parade- und Exerzierplatz der preußischen Truppen zu neuen Diensten berufen wurde.
Von steilem Stechschritt zu Wettkampfsport im Pferderitt
Der seinerzeit für tolerante Religions- und Einwanderungspolitik international beachtete Regent (auch bekannt als Soldatenkönig), einerseits für seinen enormen Ehrgeiz im Aufbau eines bislang für Preußen einmalig großen Heeres, andererseits gleichfalls innerländisch gefürchtet, schuf damit einen der Grundsteine zu einem neuen Format protziger Schaustädte von (militärischer) Staatsmacht. Als diese währte sie immerhin zwei volle Jahrhunderte, bis kurz vor Abdankung der deutschen Monarchie und Beginn des Ersten Weltkriegs es damit eine Wendung nahm. In jener Zeit unterdessen gab es neben einer bei Berlinern sehr beliebten Pferderennbahn auch regen Eisenbahnverkehr und einen Armeebahnhof, der im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 eine nicht unwesentliche Rolle im Ausgang der Auseinandersetzungen spielte.
Mit Kick und Tritt – des Michels liebster Lederball
Anfang des 20. Jahrhunderts fanden sich hier auch etliche Sport- insbesondere Fußball Vereine ein, darunter der älteste heute noch existierende Deutschlands. Der BFC Germania 1888 bestritt auf dem Tempelhofer Feld die ersten Spiele. Mit dem errichtenden damaligen Preußen Stadion entwickelte es sich zu einer der wichtigsten Spielstätten in Berlin und war bis 1933 auch Austragungsort mehrerer Endrundenspiele der deutschen Fußballmeisterschaft. Als Begegnungsstätte und Geburtshelfer technischen Wettlaufs, von seinerzeit besonderen Ausnahme- und Höchstleistungen, eignete sich das geräumige Tempelhofer Freifeld hervorragend für die im 19. Jahrhundert zunehmenden Fortschritte in der zunächst bemannten Ballon- und bald darauf auch Zeppelinfahrt in Europa. Es gab zahlreiche Vorführungen, nicht selten halsbrecherisch gewagter (und nicht immer erfolgreicher) Experimente ihrer Wissenschaftler, Forscher und Enthusiasten der neuen Faszination: Luftfahrt.
Von Himmelstürmer Wolkenritt zu Fluggeschick mit Messerschmidt
Vor anfangs nur geladenem Publikum aus Militär und Monarchie, dann auch teils öffentlich, führten die Erfinder hier ihre neuen Innovationen vor. Unter anderem die ältesten, ersten deutschen Luftaufnahmen stammen vom Tempelhofer Feld, wie die damalig spektakuläre Aktion zweier Meteorologen, die 1901 im Ballon und offenem Korb bis in die Stratosphäre zu einer Rekordhöhe von 10800 Metern aufstiegen. Eine Zeit der großen Aufbruchsstimmung, in der alles möglich schien und später auch in der revolutionären Tragflächen-Fliegerei durch den großen Luftfahrtpionier Otto Lilienthal (welcher in Berlin lebte und wirkte) entscheidend geprägt wie buchstäblich beflügelt war. So war es naheliegend, dass sich hier auch der erste Berliner Flughafen Tempelhof formierte, welcher nach Ende des Zweiten Weltkriegs besondere Bedeutung durch die prekäre politische Situation der Berlin-Blockade in der Stadt erlangte, die durch die berühmten Rosinen-Bomber, den alliierten Versorgungsflugzeugen, (zum Wohle der hungernden Berliner Bevölkerung) gebrochen wurde. In den 1970er durch den Bau des Flughafens Tegel im Berliner Norden zunächst geschlossen und 1985 wieder in Betrieb genommen, wurde der Flugverkehr 2008 endgültig eingestellt.
Betrieb im Wandel, neue Wegbereiter und ein Feld bleibt in Bewegung
Das Ende der Flugzeuge an diesem Ort war der Beginn der großen Bürgerbewegungen und Initiativen, welche die teilweise tatsächlich absurden und lieblos konzipierten Kommerzialisierungs- und Bebauungsvorhaben aus Politik und Wirtschaft als nicht hinnehmbar sahen und mit eigenen Plänen zur Schlacht ins Feld schritten. Eben nicht irgendeinem, sondern diesem, dem Tempelhofer Feld, das sich in Bündelung zahlreicher Bürgervereine basisdemokratisch bilderbuchartig, unter erstaunlichen Aktionen und Bemühungen gegen die feuchten Privatisierungsträume nationaler und globaler – und Gentrifizierungsmühlen erfolgreich zur Wehr setzte. Nach vielem Hick-Hack und zähem Ringen zwischen den Interessen-Lagern wurde schließlich durch einen offiziell erwirkten Volksentscheid im Jahr 2014 mit großer Mehrheit für die Erhaltung der Freiflächen für alle Bürger und Berliner gestimmt.