Nach unserem Besuch des Schlosses Plaue wenden wir uns dessen ehemaligem barockem Garten zu, der heute im Stil eines englischen Landschaftsparks vor unseren Augen liegt.
Der Buskompass-Autor berichtet anhand von historischen topografischen Karten von der wechselvollen Geschichte des Parks und geht auf einige der architektonischen Objekte näher ein.
Das am Plauer See und an der Havel gelegene Schloss Plaue weist eine lange und ereignisreiche Historie auf. Während eines Besuchs soll dort der gestrenge Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. den bis heute unvergessenen Kronprinzen Friedrich, der später der Große genannt werden wird, zum Ritter geschlagen haben. Ebenso hat in dem barocken Havelschloss der legendäre russische Zar Peter I. mit seiner über 100-köpfigen Entourage auf dessen erster Westeuropa-Reise übernachtet.
Der südlich und westlich vom Schloss gelegene sechs Hektar große Park zieht sich nicht nur an der Havel und dem Plauer See entlang, sondern er grenzt auch an den Stadtpark an. Promenierende können während ihres ausgedehnten Spaziergangs auf dem Plauer Fontaneweg die bukolische Landschaft aus Wiesen, Wald und Wasser genießen. Der mit unterschiedlichen Laub- und Nadelgehölzen bepflanzte Park wird bis heute durch eine immense Artenvielfalt geprägt. Dadurch lädt uns der verträumte Landschaftspark gerne zum Wandern ein. Seine himmlische Ruhe, seine unverfälschte Idylle und sein endloser Fernblick über den stillen Plauer See lassen uns die Hektik der Moderne und den Stress des Alltags schnell vergessen.
Geschichte des Schlossgartens geschildert anhand von historischen Karten
Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts – Anlage des Thirgartens – 1000 Eichen werden gepflanzt
Auf dem durch den preußischen Offizier und Kartographen Friedrich Wilhelm Carl Graf von Schmettau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zusammengetragenen und aufgenommenen Schmettau‘ schen Kartenwerk – das das gesamte preußische Staatsgebiet östlich der Weser umfasst – ist auch unsere älteste bekannte Abbildung des kompletten Parkareals des Barockschlosses Plaue verzeichnet. In Schmettaus Kartenwerk wird die südlich des Ortes Plaue gelegene Halbinsel als Thirgarten bezeichnet. Die detaillierte Darstellung stammt aus der Zeit, als der preußische General der Infanterie und Amtshauptmann zu Lebus, Heinrich Wilhelm von Anhalt, als Erbherr auf Schloss Plaue residierte.
Heinrich von Anhalt hatte das Schloss zusammen mit dem Park für die Summe von 160.000 Talern von Leopold von Görne gekauft. Dessen Vater, Friedrich von Görne, Etatminister unter Friedrich Wilhelm I., hatte mit der Hilfe eines niederländischen Planteurs, eines Pflanzers, am Anfang des 18. Jahrhunderts circa 1000 junge Eichen aus dem Ribbeckschen Forst nach Plaue verpflanzen lassen. Wenn aufmerksame Besucher die Bäume im heutigen Plauer Landschaftspark genauer betrachten, sollte es ihnen auffallen, dass es noch immer ein großes mit einem reinen Eichenbestand bepflanztes Areal im früheren Schlossgarten zu sehen gibt.
Erste Hälfte des 19. Jahrhunderts – Bau einer Orangerie und eines Treibhauses – Baronin von Stoltzenberg wird die neue Herrin von Plaue
Das auf den Preußischen Generalstab zurückgehende Decker’sche Kartenwerk aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildet die erste bekannte Darstellung einer regelmäßigen Gartenanlage südwestlich des Schlosses Plaue ab. Jene barocke Struktur stammt noch aus der Zeit Leopold von Görnes. Auf einer Karte können wir die neu angelegten Alleen nach Brandenburg an der Havel und nach dem im Jerichower Land gelegenen Genthin erkennen. Um dieselbe Zeit ließ Leopold von Görne den Lustgarten am Schlosse, […] mit einer hohen Mauer umgeben, die schönsten grünen Hecken darin anlegen und ein neues Orangerie- und Treibhaus aufführen.
Indessen war die neue Herrin von Plaue und restlicher Besitztümer eine gewisse Marie Magdalene Charlotte, die Tochter des Gothaer Hofkellermeisters Cramer geworden. Als blutjunge Aktrice und debütierende Opernsängerin hatte die Kellermeistertochter am Schwedter Theater den damals über 70-jährigen Markgrafen Friedrich Heinrich von Brandenburg-Schwedt kennengelernt, dessen einflussreiche Mätresse sie schnell geworden war. Der schlimme Markgraf – wie der Prinz von Preußen auch genannt wurde – ehelichte noch mit 75 Jahren seine kokette Kurtisane zur linken Hand, die alsbald Mutter eines properen Sohnes geworden war und zur Baronin von Stoltzenberg geadelt wurde. Nach dem baldigen Tod des schlimmen Markgrafen heiratete die nunmehrige Witwe und Baronin erneut, diesmal den Forstrat und späteren Freiherren Adolf Julius Lauer von Münchhofen. Nach der Auskunft unseres gut informierten Historiographen Theodor Fontane in seinem fünften Band der Wanderungen durch die Mark Brandenburg soll das junge Paar für 76.000 Taler das Schloss Plaue mit den dazugehörigen Ländereien erworben haben. Für die kommenden 45 Jahre wird Marie Charlotte nunmehrige Freifrau Lauer von Münchhofen in dem havelländischen Schloss leben, das sie nach dem Tod ihres zweiten Gatten auch selbst bewirtschaftete.
Mitte des 19. Jahrhunderts – eine Ziegelei und ein Fährhaus werden genannt – die Grafen von Königsmarck werden neue Eigentümer
Auf einer topografischen Karte, einem sogenannten Messtischblatt, der Königlich Preußischen Landesaufnahme ist von der barocken Anlage des Schlossgartens Plaue nichts mehr zu sehen. Erstmals sind aber auf dem Messtischblatt eine Ziegelei und ein Fährhaus im Park eingezeichnet. Außerdem ist der Nahbereich des Schlosses gegenüber dem waldartigen Abschnitt durch eine Mauer abgetrennt. Kurz vor ihrem Tod im Jahre 1838 hatte unsere umtriebige Baronin von Stoltzenberg das Schloss Plaue und den dazugehörigen Park an den Grafen Hans Valentin Ferdinand von Königsmarck veräußert, der das gesamte Anwesen drei Jahre später an seinen Sohn Hans Karl Albrecht vererbte.
Nach der Mitte des 19. Jahrhunderts – Neugestaltung des Parks durch die Anlage eines Staffageturms, eines Tontaubenschießstands und eines künstlichen Sees
Auf einer Flurkarte nach der Mitte des 19. Jahrhunderts können wir keine detaillierten Strukturen mehr im Parkareal erkennen. Hingegen taucht für den westlichen Teil des Parks zum ersten Mal der Name Ziegelberg auf. Der Ziegelberg war von Hans von Königsmarck nicht nur erworben, sondern auch in den damals entstehenden weitläufigen Landschaftspark integriert worden. Zudem ist es uns bekannt, dass das Schloss unter der Leitung des Berliner Architekten Herrmann Ende umgebaut worden war, der auch das exquisite Grand Hotel de Rome am Linden-Boulevard errichtet hat. In dessen Verlauf dürfte auch die vollständige Neugestaltung der gesamten Plauer Parkanlage mit erfolgt sein. Ob sich der Schlossherr Hans von Königsmarck in Bezug der Umgestaltung seines Schlossparks von einem professionellen Landschaftsgartengestalter, einem damaligen Jardinier, erste Entwurfsvorschläge unterbreiten ließ oder ob er die diversen Gestaltungsideen selbst entwickelt hat, ist uns leider nicht bekannt. Es gilt aber als gesichert, dass die Neugestaltung des Schlossparks in der Form eines englischen Landschaftsgartens durch die geplante Integration verschiedener baulicher Elemente peu à peu weiter verfolgt wurde, zu denen der Staffageturm, der Tontaubenschießstand und ein künstlicher Teich gehören.
Der durch Zuflüsse mit dem Plauer See in Verbindung stehende Teich grenzt pittoresk an das schlossnahe Parkareal an. Zwei bogenförmig geschwungene Ziegelsteinbrücken aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts führen über das angelegte Gewässer.
Südwestlich des Teichs liegen die erhalten gebliebenen Fundamente des Staffageturms, der noch bis in die 1950er Jahre intakt war. Er diente in der Epoche der Grafen von Königsmark als beliebter Aussichtspunkt, von dem aus eine freie Blickachse hinüber zum Schloss und zum Plauer See möglich war.
Neben dem Turm befand sich eine verloren gegangene Urnenstatue, deren Sockel aber bis heute erhalten blieb. Darunter sollen die Hunde der Grafen begraben worden sein.
Beeindruckend ist der angeblich weltweit älteste erhalten gebliebene Tontaubenschießstand, den der frühere Schlossbesitzer Hans Adolf Erwein Max Graf von Königsmarck erbauen ließ. Auf den später angebauten Sockeln erinnern die beiden Figuren eines Bären und eines Markhors, einer zentralasiatischen Schraubenziege, an eine erfolgte Jagdreise in das Himalaya-Gebirge und an die mitgebrachten Trophäen von einem der stolzen Königsmarcker Grafen. Allerdings handelt es sich bei den beiden heutigen Tierfiguren nur noch um zwei Duplikate, die anstelle der stark beschädigten Originale ersetzt werden mussten. Gleichermaßen wurde die gesamte terrassenförmige Anlage restauriert. Noch immer ist die Sicht vom Tontaubenschießstand auf die weite Wasserfläche des Plauer Sees markant. Bei schönem wolkenlosem Himmel schweift der Blick der Besucher von der terrassenartigen Höhe der Warte auf den südlich von Brandenburg gelegenen Ortsteil Kirchmöser mit seinem alten Wasserturm.
Ende des 19. Jahrhunderts – der Ziegelberg und ein französischer Nutzgarten kommen hinzu
Ein Messtischblatt der Königlich Preußischen Landesaufnahme zeigt die gesamte Ausdehnung des Königsmarck’schen Besitzes gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Das bis damals noch als Garten bezeichnete Areal stellt sich durch den Zukauf des sogenannten Ziegelbergs als erheblich vergrößert und durch die neue Gestaltung erstmals als eine landschaftliche Parkanlage im englischen Stil dar. Überdies weisen die Parkwege zum ersten Mal keine symmetrisch angelegten Barockformen mehr auf, sondern sie ziehen sich in geschwungenem Lauf durch das gesamte Gelände, das auf dem Preußischen Messtischblatt als Laubwald dargestellt ist. Einer der Hauptwege führte die damals Promenierenden vom Schloss entlang der Havel, an einer feuchten Wiese und an dem neu angelegten Parkteich vorbei bis hinauf zur Ziegelei. In diesem Zusammenhang fällt eine am westlichen Wegesrand gelegene und durch eine separate Mauer umschlossene Gartenpartie auf, der sogenannte französische Nutzgarten, jardin potager, in dem vermutlich Obst und Gemüse für die eigene herrschaftliche Küche kultiviert worden war.
Zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts – ein Kino, Schule, Sportplatz und Schiffsanlegestelle entstehen
Eine topografische Karte Brandenburgs zeigt uns die Lage des Schlosses mitsamt seines Parks in der Zeit der späten DDR, wie wir sie im Wesentlichen auch heute noch vorfinden. In der Nordwestecke sind ein Kino und eine Schule in den Park integriert worden, südlich davon befindet sich eine sogenannte Aufhaldung, die zur Anlage des Sportplatzes benötigt wurde. Zudem wurde am Havelufer eine Schiffsanlegestelle im Bereich der Uferzone erbaut.
Die hinter dem Landschaftspark mit seinem Engelstor gelegene Pfarrkirche von Plaue
Die äußere, in der Frühphase des 19. Jahrhunderts angelegte Begrenzung des Landschaftsparks fußt teilweise auf den Relikten der ehemaligen Mauer des barocken Schlossgartens. Dort befindet sich auch das aus Sandstein gearbeitete Engelstor. Es besteht aus zwei großen, von dem Bildhauer Möller angefertigten Engelsskulpturen, die sich gegenüber dem gerahmten zweiflügeligen Tor befinden und zwischen dem einstigen Schlossgarten und dem Friedhof stehen. Den Auftrag für die Errichtung des Tores hatte die damalige Schlossherrin, unsere inzwischen doppelt verwitwete Charlotte Freifrau von Lauer Münchhofen beziehungsweise Baronin von Stoltzenberg gegeben. Von hier aus läuft in elegantem Schwung in die eine Richtung ein Weg, der inzwischen rekonstruierte Kutschweg, mitten durch den Park direkt auf das Schloss Plaue zu. Von der Friedhofseite des Engelstors gelangen die Besucher hinter der zur gleichen Zeit entstandenen hohen Pfarrgartenmauer in die andere Richtung, zu der großen Familiengrabstätte derer von Königsmarck.
Eine bronzene Plastik schmückt die Grabstelle der Gräfin Lily von Königsmarck, auf deren Inschrift folgende Worte zu lesen sind:
LILY
GRÄFIN VON KOENIGSMARCK
GEB. PRINZESSIN ZU SCHOENAICH-CAROLATH
GEB. 17. MAI 1867
GEST. 21. NOVEMBER 1911
Hinter der Königsmarck’schen Familiengrablege gelangen wir zu der spätromanischen Kirche aus dem frühen 13. Jahrhundert. Sie erhebt sich auf einer kleinen in der Gemeinde Plaue zentral gelegenen Anhöhe.
Dieses malerische Gotteshaus bildet ein Beispiel ersten Ranges für den kleinstädtischen Pfarrkirchenbau in der gesamten Mark Brandenburg. Von dem spätromanischen Kernbau haben sich bis in unsere Tage noch die Umfassungsmauern, die vermauerten romanischen Rundbögen und die alten Schmuckfriese erhalten.
Im Inneren der Plauer Pfarrkirche befindet sich die hervorragend kultivierte Grabplatte des Leonard von Arnim aus dem späten 16. Jahrhundert, der in jener Epoche einer der zahlreichen Besitzer des Havel-Schlosses gewesen war. Nach der Reformation wurde die Kirche nicht nur umgebaut, sondern von den unterschiedlichen Schlossherren auch reich ausgestattet, die das Patronat inne hatten. Im Inneren der Pfarrkirche kann natürlich auch geheiratet werden. Sie ist zu Fuß, per Kutsche oder mit dem Reisebus zu erreichen.
Hinweis
Schloss & Schlosspark Plaue • Schlossstrasse 27a • 14774 Brandenburg an der Havel OT Plaue
Lesenswert
Geiseler, Udo & Sibylle Badstübner-Gröger: Broschüre über die Historie SCHLOSS PLAUE. Herausgeber: Freundeskreis Schlösser und Gärten der Mark, in der Deutschen Gesellschaft e. V. Heft Nr. 131