Das Erzgebirge zeigt sich manchmal auch jenseits von Bergwerken und dem Abbau wertvoller Bodenschätze. Besuchen Sie ein Schloss und eine Kirche in der Kreisstadt Schwarzenberg. Können Sie klöppeln, schmieden, töpfern – alles möglich bei diesem besonderen Ausflug.
Schwarz und Weiß. Weiß und Schwarz. An die Kontraste eines Schachbretts erinnert uns der erste Anblick. Zwei Gebäude, ein Ensemble. Keine profanen Bauten, sondern ein Schloss und eine Kirche in völliger Harmonie. Das wird jedenfalls der erste Eindruck sein, wenn Sie sich mit dem Reisebus auf den Weg ins tiefe Erzgebirge machen. Sie parken am großen Besucherparkplatz des fast 500 Meter hoch liegenden Städtchens Schwarzenberg. Und dann thronen die Bauwerke auch schon hoch über Ihnen. Aber wie kommen Sie die steile Anhöhe vom Hammerweg nun hinauf in die höher gelegene Altstadt. Hier hat sich die gut 15.000 Einwohner zählende Kreisstadt Schwarzenberg etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Wir wechseln das Fortbewegungsmittel und tauschen den Reisebus gegen den Schrägaufzug. Das ist ein am Hang gelegener Aufzug; nicht ganz Seilbahn, nicht ganz Schienenfahrzeug – eben ein schräg fahrender Aufzug. Freilich mit gläserner Kabine und Fernblick. 50 Cent kostet die einfache Fahrt und runter lässt es sich ja vielleicht auch laufen.
850 Jahre Schwarzenberg
Begonnen hat Schwarzenberg als Burgwall im 12. Jahrhundert (vielleicht sogar unter dem Kaiser Barbarossa). Handelsrouten aus Böhmen nach Norden und Westen liefen hier entlang. Ohne die mittelalterliche Burg hätten sich hier gar keine Dörfer angesiedelt. Ein paar Jahrhunderte später sollte es dann richtig losgehen mit dem Bergbau. Logisch, wir befinden uns mitten im Erzgebirge. Eisenerz und Zinn sollten hier sehr bald abgebaut werden. Die im 19. Jahrhundert eingerichteten Zugverbindungen in andere wichtige Bergbaustädte wie Annaberg-Buchholz und Johanngeorgenstadt zeugen noch heute davon. Um die Strecke nach Johanngeorgenstadt einzurichten, wurde damals sogar der Schlossfelsen mit einem Tunnel untergraben – lange stillgelegt finden dort heute Kulturveranstaltungen statt. Oder zumindest Modelleisenbahnausstellungen, was ja dann wiederum sehr passend für den Standort ist. Sie merken, die Beschäftigung mit Schwarzberg ist ein wilder Ritt durch alle Zeiten. Kein Wunder bei 850 Jahren abwechslungsreicher Stadtgeschichte. Niedergebrannt ist Schwarzberg übrigens auch. 1824 wurde die Fachwerkstadt zerstört; das Schloss Schwarzenberg und die Ende des 17. Jahrhunderts errichtete Sankt Georgenkirche haben das gut überstanden. Sachsenweit wurde damals für den Wiederaufbau gesammelt. Erfolgversprechend sicher auch, weil zwei so bedeutende Bauwerke die Katastrophe überstanden hatten.
Schloss Schwarzenberg und die Sankt Georgenkirche
Das mehrstöckige Schloss, welches uns heute weiß verputzt entgegen strahlt, ist einem Auf- und Weiterbau aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zu verdanken. Doch seine Grundform erhielt es bereits im 16. Jahrhundert. Es wurde für den Kurfürsten August von Sachsen (1526-1586) zum Jagdschloss umgebaut. Natürlich kein Vergleich mit dem später ebenfalls von ihm errichteten Jagdschloss Augustusburg, aber ein, wie wir finden, prachtvoller Anfang. Auch beim Jagdschlossbauen ist noch kein Meister vom Himmel gefallen; und doch haben Frühwerke stets einen besonderen Charme und sind richtungsweisend für die Architektur der Zukunft. Natürlich stets im strengen Korsett der Zeit. Den Bau der in unmittelbarer Nachbarschaft errichteten Sankt Georgenkirche konnte der Kurfürst leider nicht mehr erleben. Die Fertigstellung erfolgte zur Freude seiner Nachfolger im Jahr 1699. Zur Freude deshalb, weil es eigens eine eingebaute kurfürstliche Loge gab. Ohnehin handelt es sich um eine innen im Stil des prächtigen Barock ausgestaltete Kirche, die sehr geräumig wirkt. Das liegt daran, dass es dem Baumeister gelang, eine gewaltige freitragende Holzdecke einzubauen, die damals wie heute architektonisch für etwas Aufregung sorgte und sorgt. Und falls Sie hinzufügen wollen, nun ja vielleicht in der Provinz, so vergessen Sie bitte nicht, dass Sachsen zu dieser Zeit ein wahrlich machtvolles Fürstentum war, aus dem einhundert Jahre später gar ein Königreich hervorgehen sollte. Die Pracht des Dresdener Barock erzählt viele Geschichten davon – einige auch nachzulesen bei uns im Buskompass.
Klöppeln auf Schloss Schwarzenberg
Wenn Sie die Sankt Georgenkirche (benannt nach dem Heiligen, Drachentöter und Märtyrer Georg) besichtigen möchten, wollen wir Sie noch auf etwas aufmerksam machen. Bekannt ist ein filigran gearbeitetes Altargitter aus dem frühen 18. Jahrhundert. Abwertend könnte man von einem verschnörkelten Eisenzaun sprechen. Gemeint ist aber die physische Trennung zwischen Gläubigen und den die Liturgie Anleitenden. Überhaupt gibt es im Altarraum eine Menge Details zu entdecken; beispielsweise die imposante figürliche Darstellung des Abendmahls mit Jesus auf dem Altar selbst. Wer es etwas handfester mag (obwohl ja auch Jesus Zimmermann war), dem sei der Besuch der Ausstellung im Schloss Schwarzenberg empfohlen. Hier finden Sie Eisenarbeiten und Klöppelkunst. Auch Letzteres ist hier im Erzgebirge Tradition. Es gab im 19. Jahrhundert Klöppelschulen und später eine erzgebirgische Haushaltsschule, in der Frauen die Fertigkeiten beigebracht wurden, die sie nach Vorstellung der Zeit als gute Ehefrau mit in die Ehe einbringen sollten. Über solche kulturell traditionellen Gepflogenheiten können Sie weitere Einblicke gewinnen, wenn Sie das Schloss besichtigen. Das Stadtmuseum hat hier seinen Sitz und informiert nicht nur über die Schlossgeschichte und über die Sankt Georgenkirche, sondern auch über 850 Jahre Schwarzenberg. Es hat dienstags bis sonntags von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet und trägt den etwas mystischen Namen PERLA CASTRUM. Wir freuen uns, wenn Sie bei diesem Ausflug ein paar Geheimnisse des Erzgebirges lüften können. Vergessen Sie nicht, sich die schöne Altstadt in der Oberstadt anzuschauen, bevor es mit dem Reisebus zurück in die Heimat geht! Sie grenzt unmittelbar an Schloss Schwarzenberg und die Sankt Georgenkirche.
Hinweise
Das Stadtmuseum PERLA CASTRUM erreichen Sie unter der Rufnummer 03774-23389 oder unter der E-Mailadresse perla.castrum@schwarzenberg.de
Der Eintritt beträgt 6 €, ermäßigt 3 €. Ermäßigter Eintritt gilt auch für Gruppen ab 10 Personen. Über Klöppel- und Töpferkurse auf Schloss Schwarzenberg können Sie sich ebenfalls erkundigen. Und am Tag des offenen Denkmals wird auch schon mal live vor Ort geschmiedet.
Die Adresse des Schlosses ist Obere Schloßstr. 36 in 08340 Schwarzenberg/Erzgebirge. Die Sankt Georgenkirche ist gleich nebenan. Der Schrägaufzug endet zwischen beiden Bauten und startet am Hammerwegparkplatz. Er ist von 5.30 Uhr bis 22.00 Uhr in Betrieb. Von April bis Oktober sogar bis 23.00 Uhr
Kontakt zur Sankt Georgenkirche können Sie über das Pfarramt in der Oberen Schloßstraße 9 aufnehmen. Telefon: 03774-22377 / E-Mailadresse: kg.schwarzenberg@evlks.de
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Stefan Heym (1913-2001) hat eine Utopie über eine freie Republik Schwarzenberg im zerstörten Nachkriegsdeutschland geschrieben. Das Buch heißt einfach Schwarzenberg und ist im Jahr 1990 erschienen. Lesenswert.