Besucht wird das zweitälteste Gebäude Neuruppins, die Hospitalkapelle Sankt Georg. Dabei wird räsoniert, wer der historische Georg gewesen ist – ein römischer Offizier, der aufgrund seines christlichen Glaubens ein Martyrium auf sich nahm, oder ein furchtloser Ritter, der einen bösen Drachen tötete? Nicht nur Neuruppin hat zwei Hospitalkapellen – eines der ältesten Gebäude Berlins, die Heilig-Geist-Kapelle gehört in dieselbe Kategorie. Es lohnt sich, sie anzuschauen.
Nach der interessanten Visite der Sankt Lazarus-/Siechenhauskapelle in der Neuruppiner Siechenhausstraße steigen wir in unseren wartenden Reisebus ein, um zur Sankt Georg-Hospitalkapelle zu gelangen. Wir starten in Richtung Nordosten. Unsere Fahrtroute führt uns am quirligen Verkehrsknotenpunkt ‚Bahnhof Rheinsberger Tor’ vorbei, in die Straße des Friedens Nummer 8, in der sich das zweitälteste Gebäude Neuruppins, die nur 70 Quadratmeter große Hospitalkapelle Sankt Georg, aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts befindet. Leider bleibt es bis dato ungeklärt, in welchem Jahr sie genau aus partiellem Fachwerk erbaut worden war.
Woher die Sankt Georg Kapelle ihren Namen hat
Die Hospitalkapelle Sankt Georg hat ihren aus dem griechischen stammenden Namen vom Märtyrer Georg erhalten, dessen Vorname mit ‚Landmann’ oder ‚Bauer’ übersetzt wird. Allerdings ist die historische Existenz des Heiligen Georg bis in unsere Tage umstritten. Nach einer Legende zufolge soll Georg als römischer Offizier im frühen 4. Jahrhundert aufgrund seines christlichen Glaubens getötet worden sein. In einer anderen Interpretation ist er ein furchtloser Drachentöter.
Im Mittelalter gelangte der zunächst in der byzantinischen Kirche viel verehrte Georgkult durch die rauen Kreuzfahrer nach Mittel- und Westeuropa. Hier wurde er, beispielsweise nicht nur im mittelalterlichen England, bis heute zum Schutzpatron verschiedener königlicher Dynastien. In jener Zeit wurde in der bildenden Kunst des westlichen Europas der Heilige Georg vornehmlich als tapferer Ritter dargestellt, der mit seiner wehrhaften Lanze einen bösen Drachen durchbohrt. Schnell entwickelte sich dieser gefährliche Drachenkampf zu der am häufigsten verbreiteten Form der Georg-Darstellungen. Eine legendäre und bekannte plastische Darstellung aus dem 14. Jahrhundert ist die bronzene Reiterstatue des Heiligen Georg des Brüderpaars Martin und Georg von Klausenburg auf dem Prager Hradschin, (Hradčany). Da sich die bronzene Reiterstatue einer großen Popularität erfreute, wurden sowohl eine Kopie des Heiligen Georg im rumänischen Klausenburg, Cluj-Napoca, als auch auf der belebten und beliebten Budapester Fischerbastei, Halászbástya, im westlich der Donau gelegenen Stadtteil Buda aufgestellt.
Mittelalterliche Lage und die Bewohner der Sankt Georg-Hospitalkapelle
Die zum früheren Georghospital gehörende Hospitalkapelle lag im Mittelalter aus Sicherheitsgründen vor der Neuruppiner Stadtmauer. Logischerweise sollte die Verbreitung von Epidemien in der märkischen Kleinstadt am Ruppiner See vermieden werden, so dass in der kleinen Kapelle zunächst Aussätzige und lepröse Personen untergebracht worden waren. In späteren Jahren durften aber auch ältere Menschen, besitzlose Familien und mittellose Witwen in der Georg-Kapelle wohnen. Nicht nur im frommen Mittelalter gehörte lange Zeit das Sprechen eines Gebets zum obligatorischen Tagesrhythmus aller Kapellenbewohner. Daher ist es nicht schwer vorstellbar, dass bis in das späte 19. Jahrhundert hinein sämtliche dort lebenden Personen im strikten Hausreglement darauf hingewiesen wurden, dass sie sich am Abend jedes Tages in dem winzigen Kirchlein versammeln müssen. Lediglich Kranken war es erlaubt, abwesend zu sein.
Architektur und Innenausstattung der Sankt Georg-Hospitalkapelle
Ein auf dem oberen Dachfirst eines steilen Satteldachs montierter Dachreiter, ein hölzernes Glockentürmchen, thront auf dem rechteckigen Backsteingebäude, das Sankt Georg-Hospitalkapelle genannt wird. Zur erwähnenswerten Innenausstattung gehören die barocke Stuckdecke, die Empore mit einem Orgelprospekt, die die Schauseite des großen Tasteninstruments ist, und der gleichfalls ins 18. Jahrhundert zu datierende Kanzelaltar. Zudem stammt ein spätmittelalterlicher Schnitzaltar aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Seine beiden aufklappbaren Flügel und der Aufsatz, das Altarretabel, gehören in das 16. Jahrhundert. Zu guter Letzt datiert ein hölzernes Kruzifix in das 15. Jahrhundert.
Wem die beiden gotischern Neuruppiner Hospitalkapellen, Sankt Georg und die vorher besichtigte Sankt Lazarus – die Siechenhauskapelle – gefallen haben und wer noch eine weitere, prächtig anzuschauende Hospitalkapelle besuchen möchte, dem sei die Heilig-Geist-Kapelle in Berlin empfohlen.
Auch Berlin hat eine klassische Hospitalkapelle – die Heilig-Geist-Kapelle
Ein Berliner Kleinod ersten Ranges ist die Heilig-Geist-Kapelle, die zu den ältesten, erhalten gebliebenen Gebäuden der Stadt gehört und die erstmals nachweisbar 1272 erwähnt worden ist. Wobei die einstigen zur Kapelle dazugehörigen Spitalgebäude 1825 abgebrochen worden sind. Die als einziges Relikt aus dem hohen Mittelalter unbeschadet die Jahrhunderte überdauernde Heilig-Geist-Kapelle ist ein apartes, rechteckiges Backsteingebäude, das auf einem flachen Feldsteinsockel errichtet worden ist. Ihr ursprünglicher Kapellenkern dürfte in das frühe 13. Jahrhundert datiert werden, der aber in spätgotischer Zeit von mittelalterlichen Baumeistern wieder korrigiert worden war.
Bereits von Weitem können scharfblickende Touristen, die an der Spandauer Straße im Bezirk Mitte gelegene Ostseite der Heilig-Geist-Kapelle erkennen, weil sie drei markante, hohe spitzbogige Fenster aufweist, durch die viel helles Licht in den Andachtsraum gelangt. Die ursprünglich flache Decke des Innenraums wurde im 17. Jahrhundert durch ein bemerkenswert geometrisches und immer wieder in zahlreichen Berlin-Publikationen abgebildetes Sternengewölbe ersetzt, das erst in den vergangenen Jahren unter der fachgerechten Federführung des hauptstädtischen Landesdenkmalamts, in bewährter Kooperation mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, restauriert worden ist. Überdies ist die farbenfrohe, floreale Gewölbedekoration im Inneren der Heilig-Geist-Kapelle für jedermann ansehenswert. Am Eingang der hübschen Berliner Kapelle befindet sich ein eingemauerter Sandsteinepitaph, eine aufrecht stehende Grabinschrift, für einen gewissen Chr. Nagel mit dem Datum † 1699.
Hinweis
Heute arbeiten und forschen Mitarbeiter der angesehenen Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin in der mittelalterlichen Heilig-Geist-Kapelle, so dass sie bedauerlicherweise nicht für einen öffentlichen Rundgang zugänglich gemacht werden kann. Interessierte Gruppen, Schulklassen, etc. pp. sollten deshalb vorher einen zwanglosen Exkursionstermin im Dekanat vereinbaren.
Anschrift Dekanat
Humboldt-Universität zu Berlin – Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Spandauer Straße 1, Erdgeschoss: Raum 4-6
10178 Berlin-Mitte
Email dekanat.wiwi(at)hu-berlin.de
Tel. +49 (0)30 2093 99500
Stiftung St.Georg
Stiftung St. Georg Kapelle Neuruppin e.V. – c./o. NIC Verwaltungs GmbH
Gerhart-Hauptmann-Str. 6 – 16816 Neuruppin
Vorstandsvorsitzende: Christine Dabitz – Tel.: 03391 655995
Links
www.denkmalschutz.de/denkmal/Heilig-Geist-Kapelle-Spandauer-Strasse-1.html
www.wiwi.hu-berlin.de/
Literatur
Müller, Hans: Dome ∙ Kirchen ∙ Klöster – Kunstwerke aus zehn Jahrhunderten, ein Tourist-Führer. Berlin/Leipzig 21986. S. 178. Zur Hospitalkapelle St. Georg in Neuruppin