Der Auensee in Leipzig war, ist und bleibt eine Attraktion.
Die Geschichte vom ehemaligen Lunapark bis heute.
Vielleicht darf es eine Runde mit der Parkeisenbahn sein?
Zwischen Luppe und weißer Elster, am Rande der Stadtteile Wahren und Möckern wird Leipzig beschaulich. Hier im Nordosten der pulsierenden sächsischen Metropole wird alles ganz leise und sehr grün. Auf den Flüssen, die durch den Leipziger Auwald in Richtung Halle und Sachsen-Anhalt fließen, ziehen Paddler gemächlich dahin. Ein Graureiher steht ruhig und lauernd an der Uferböschung. Aber das war nicht immer so.
Hereinspaziert! Bitte nehmen Sie Platz, halten Sie sich fest, los geht die wilde Fahrt durch atemberaubende Gebirgslandschaften! Genießen Sie die Aussicht auf den See, meine Damen! Und wenn Sie sich hinterher von den Herren galant zum Essen einladen lassen wollen, versäumen Sie nicht, sich auf unserer eleganten Seeterrasse niederzulassen! Es gibt Hummer und Wein, lassen Sie sich verzaubern… !
Ja, so mag es geklungen haben, als vor über einem Jahrhundert hier einer von Europas größten Vergnügungsparks entstand. Sehen und gesehen werden.
Der Lunapark am Auensee. Leipzigs vergangene Attraktion
Im Jahr 1912 eröffnete die Luna-Park GmbH im Leipziger Auwald das „größte Vergnügungsetablissement Deutschlands mit einer halben Million Quadratmetern“ – so wurde das damals vermarktet. Nicht besonders nachhaltig mitten im Auwald. Aber in der Tat war es beachtlich, was hier dem staunenden Besucher dargeboten wurde. Es gab nicht nur eine Achterbahn mit einer spektakulären künstlichen Gebirgsszenerie und zahlreiche weitere Fahrattraktionen. Auf dem Musikpavillon wurde aufgespielt und am Hippodrom konnten Pferde bestaunt werden. Neben einem Tanzpalast gab es großzügige gastronomische Freiterrassen. An diesen konnten sich die Flaneure oder Vergnügungssüchtigen zu Beginn des 20. Jahrhunderts niederlassen. Im Jahr 1913 kam sogar ein Strandbad dazu. Mit Ruderbooten konnte der 12 ha große Auensee von Nord nach Süd und von Ost nach West vermessen werden. Doch was ist davon heute noch übrig, nachdem im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1932 die Insolvenz angemeldet werden musste und 1934 die meisten Fahrgeschäfte abgerissen wurden? Danach brachen ohnehin erst einmal düstere Zeiten an, die wenig Raum für Vergnügungen ließen.
Die Parkeisenbahn am Leipziger Auensee
Die gute Nachricht ist, den Auensee gibt es noch heute! Eine Miniatureisenbahn mit dem Namen Liliput umrundet das nierenförmige große Nass. Benannt ist sie nach der fiktionalen Insel aus dem Roman Gullivers Reisen von Jonathan Swift. Eine originale Dampflock aus dem Jahr 1925, hergestellt von der Krauss & Co AG München, pumpt, zieht und schiebt die begeisterten Besucher auf dem kleinen, zwei Kilometer langen Rundkurs entlang von drei Miniaturbahnhöfen. Diese wurden zu DDR Zeiten von Jungpionieren betreut, da die Strecke ursprünglich 1951 als Pioniereisenbahn freigegeben wurde. Heute nennt sie sich Parkeisenbahn und wird schon seit Mitte der Neunzigerjahre um eine weitere Lok ergänzt; ein Umbau einer ursprünglichen Feldbahndiesellok zur elektrischen Akkulokomotive. Freilich aufregender ist die Fahrt mit der Dampflok. Anders als der ursprüngliche Luna-Express fährt sie aber nicht mehr über eine Brücke über den See. Diese war seit Langem baufällig und gesperrt. 2020 wurde sie schließlich abgerissen. Welche Lokomotive wann zum Einsatz kommt, gehört übrigens zu den sagenumwobenen Geheimnissen des ehemaligen Lunaparks. Der ganze Rundweg ist übrigens ohne Steigungen und somit barrierefrei auch mit Rollstühlen und Kinderwagen zu befahren. Bänke am Ufer laden zum Verweilen ein.
Attraktionen von heute. Bootsverleih, Gastronomie und Konzerte
Außerdem gibt es einen Tretboot- und Ruderbootverleih am Haus am See, einem Terrassencafé direkt am südlichen Ufer. Zum Baden ist der See aufgrund seiner Wasserqualität leider nicht freigegeben, aber laut Anglerverband tummeln sich zumindest Karpfen, Zander und sogar Hechte in ihm. Der Parkplatz, an dem auch ein Reisebus problemlos stehen kann, befindet sich am Westufer an der Gustav-Esche-Straße. Dort wurde in den 80er Jahren das ehemalige Hauptrestaurants zum Haus Auensee umgestaltet. Es ist sozusagen der natürliche Nachfolger des Tanzpalastes, in dem hier in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ausgelassen gefeiert wurde. Heute gibt es hier vor allem Konzerte. Dabei geht die Bandbreite von Silly und David Hasselhoff (also vergangenen Protagonisten und Stellvertretern von Ost und West) bis hin zu ganz unterschiedlichen modernen Popstars wie Clueso oder Tim Bendzko, die sich hier ein Stelldichein geben. 3500 Personen können hier zu nationalen und internationalen Stars im Haus Auensee feiern. Wer also nicht, was aber sehr zu empfehlen ist, eine Runde um den See schlendern möchte (oder besser noch mit der Parkeisenbahn fahren!), der kann hier auch die Nacht zum Tage machen.
Tatsächlich ist es möglich, als kleine Gruppe, die mit dem Bus anreist, auch auf dem benachbarten Campingplatz zu übernachten. Dort lassen sich gemütliche Finnhütten für je zwei Personen mieten oder man kann mit mehr Personen in rustikalen, komfortabel möblierten Blockhütten mit eigenem Bad übernachten. Selbstverständlich gibt es auch Mobilheime.
Wer nur einen Tagesausflug macht, kann auch auf dem Freisitz vom Haus Auensee zum Essen Platz nehmen. Auch im schon erwähnten Haus am See bekommt der sich durch vergangene Zeiten Träumende Kaffee und Kuchen – oder wie wäre es mit einem Fischbrötchen? Es muss ja nicht immer das ganz große Hummerfestessen sein wie zu Zeiten des Luna-Parks. Wer sich im Vorfeld anmeldet, kann auch für bis zu 30 Personen eine exklusive Kaminstube mit eigenem Terrassenbereich buchen. Ideal für Feiern, Betriebs- und Gruppenausflüge. Während die Kleinen sich vielleicht noch von ihren Abenteuern auf dem Spielplatz mit großem Holzschiff erholen, stößt man mit Blick auf den Auensee mit Rentnern, Studenten und erschöpften Eltern Seite an Seite mit einem Radler oder Bier an. Hier mischt sich am Wochenende das Laufpublikum mit Leipzigtouristen und Stammgästen.
Wer sich dem Lebensgefühl der USA verbunden fühlt, für den haben wir auch noch einen besonderen Tipp: JaNi´s Diner. Ein Burgerladen mit amerikanischem Stil und Interieur liegt direkt beim Campingplatz auf der Westseite des Sees. Hier lässt sich in Gedanken der Tag auf den Spuren des versunkenen Europäischen Lunaparks mit Fantasien von oder Erinnerungen an Disneyland abgleichen. Er ist keinen Kilometer vom großen Parkplatz (Rittergutstraße) an der nordwestlichen Ecke des Sees entfernt. Nicht zu verwechseln mit dem schon beschriebenen Haupt- und Veranstaltungsparkplatz direkt am Haus Auensee. Auch JaNi´s Diner plant Jubiläen, Betriebsfeiern, Hochzeiten und Geburtstagsfeiern mit Ihnen und Euch.
Den Auensee gab es übrigens schon vor dem Lunapark. Als am 16. November 1909 der Grundstein für den Leipziger Hauptbahnhof gelegt wurde, wurde jede Menge Kies benötigt; und ebendieser stammte aus diesem Kiesabbausee im Leipziger Nordwesten. Den Auensee wird es hoffentlich noch lange geben; trotzdem höchste Gelegenheit, sich mit dem Reisebus auf den Weg hierhin zu machen!
Hinweise
Beim Haus am See und bei JaNi´s Diner lässt sich auch für größere Gruppen reservieren – beide Lokale haben ganzjährig geöffnet: Kontakt Haus am See: 0177 8685062 / Kontakt JaNi´s Diner: 0341/ 46 51 700
Wer sich für noch mehr Infos zur Geschichte des Leipziger Auensees und die Geschichte des Lunaparks interessiert, kann sich an den Bürgerverein Möckern/Wahren e.V. wenden. Kontakt unter 0341/9011781
Im Leipziger Süden beim Cospudener See (direkt an der A38 gelegen) befindet sich übrigens ein noch aktiver großer Freizeit- und Vergnügungspark. Belantis! Hier gibt es Achter- und Wildwasserbahnen, nachgebaute Pyramiden, Themenwelten und vieles mehr. Von Frühjahr bis Herbst geöffnet.
Lesenswert
Leider derzeit vergriffen ist der 2011 erschienene Bildband 60 Jahre Parkeisenbahn Auensee. Aber vielleicht werden Sie ja in einem der vielen schönen Leipziger Antiquariate fündig. Dort gibt es manchmal auch historische Ansichtskarten vom alten Leipzig und mit etwas Glück vielleicht sogar vom ehemaligen Lunapark am Auensee.