Nachdem wir uns die auf dem alten Friedhof der Großbeerener Dorfkirche befindlichen Denkmäler für die tapferen Gefallenen der Befreiungskriege des Jahres 1813 angeschaut haben, wollen wir auch noch das von dem genialen Architekten Karl-Friedrich Schinkel errichtete und von hohen Bäumen umstandene Gotteshaus näher betrachten.
Bereits vor dem eigentlichen Bau der neogotischen Schinkelkirche hatte der regierende Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. persönlich veranlasst, dass auf dem alten Dorfkirchhof in Großbeeren ein von Karl-Friedrich Schinkel entworfener gusseiserner Obelisk als ein würdevolles Mahnmal für die in Folge der Befreiungskriege des Jahres 1813 gefallenen Soldaten aufgestellt wurde. Zudem missfiel es dem amtierenden Regenten sehr, dass seit über einem halben Jahrhundert in dem vor den Toren Berlins gelegenen märkischen Großbeeren keine eigene Kirche mehr existierte. Dafür müssen wir wissen, dass die ursprünglich mittelalterliche Großbeerener Feldsteinkirche schon während des Siebenjährigen Kriegs im Jahr 1760 in Flammen aufgegangen und nicht wieder aufgebaut worden war.
Seine Majestät befiehlt den Wiederaufbau der Kirche von Großbeeren
Die direkt im Ortskern von Großbeeren gelegene neue Dorfkirche war eine gemeinsame Schenkung des gläubigen Königs Friedrich Wilhelm III. und des preußischen Staats an sämtliche Einwohner der kleinen brandenburgischen Gemeinde. Sowohl der beflissene Souverän als auch die preußische Regierung wollten ihre großzügige Donation als ein Zeichen der tiefen Dankbarkeit für den famosen Sieg über die napoleonische Grande Armée in der Schlacht bei Großbeeren im Jahr 1813 kundtun. Durch die demütigende Niederlage der französischen Truppen konnte eine zweite Besetzung der preußischen Residenz verhindert werden. Wir erinnern uns, dass die erste Okkupation Berlins anno 1806 erfolgte, nachdem die legendäre friderizianische Armee unter der misslichen Führung des unglücklichen Generalfeldmarschalls Karl Wilhelm Ferdinand Herzog von Braunschweig in der legendären Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt am 14. Oktober desselben Jahres vernichtend geschlagen worden war.
Architekt Schinkel erbaut die Großbeerener Denkmalkirche 1818-1820
Friedrich Wilhelm III. hatte das in Neuruppin geborene Universaltalent Karl-Friedrich Schinkel damit beauftragt, die neue evangelische Kirche für Großbeeren zu entwerfen. Die zugrundeliegende Idee bestand darin, eine würdige Denkmalkirche zu konstruieren, die an die erfolgreiche Schlacht bei Großbeeren erinnern sollte. Im Vergleich zu den üblichen Feldsteinkirchen der märkischen Nachbargemeinden fällt an der exotisch anmutenden Schinkelkirche sofort deren ungewöhnliche Außengestaltung in das Auge des Betrachters. Schinkel hatte die mit neogotischem Maßwerk verzierte Fassade seines Gotteshauses mit den damals en vogue befindlichen Stilelementen des Klassizismus und der Neugotik ausgeführt.
In der Verwirklichung dieses aus England herkommenden Baustils mit seinem akademisch-reißbrettartigen Charakter strebten die damaligen Architekten eine Wiederbelebung des mittelalterlichen gotischen Stils an.
Die von Schinkel errichtete Kirche weist die seltene Form eines griechischen Kreuzes auf
Die feierliche Grundsteinlegung der als neogotischer Putzbau errichteten Schinkelkirche war zum 5. Jahresstag der erinnerungswürdigen Schlacht bei Großbeeren am 23. August 1818 erfolgt. Der ungewöhnliche Grundriss der von Karl Friedrich Schinkel erbauten Denkmalkirche weist die seltene Form eines griechischen Kreuzes auf. Bemerkenswerterweise steht der pyramidenförmig konstruierte und auf seiner Spitze ein markantes Kreuz tragende Kirchturm in nördlicher Richtung in einer direkten Sichtachse mit dem ebenfalls von Schinkel entworfenen gusseisernen Obelisken auf dem mit dichten Bäumen bewachsenen Dorffriedhof.
Schinkel realisiert auch das Interieur seiner originellen Denkmalkirche
Interessanterweise wurde auch der einheitlich gestaltete Innenraum nach den ausgereiften Plänen des Multitalents Karl Friedrich Schinkel realisiert. Das vierarmige Kirchenschiff besteht aus einem zentralen Raum, der von spitzbogigen, mit Rippen unterlegten Holztonnen überspannt wird, die sich in der Vierung kreuzen. Im östlichen Kreuzarm befindet sich der sakrale Altarraum. Es ist erstaunlich zu wissen, dass das hinter dem Altar gelegene farbige Chorfenster ein kulantes Geschenk des letzten Deutschen Kaisers und Königs von Preußen, Wilhelms II., war, das er der märkischen Gemeinde von Großbeeren im Jahr 1898 gemacht hatte.
Die drei anderen Seiten der Kreuzarme werden durch mehrere hölzerne, auf imposanten Spitzbogenarkaden ruhenden Emporen begrenzt. Ihre Zwickel und Brüstungen tragen zartgliedriges Blendmaßwerk. Ebenso feinlinig sind die Vorlagen, Gurte und Rippen, die ein typisches Merkmal der modifizierten Neogotik bilden.
Erste Veränderungen an der Schinkelkirche 1895 – zwei weitere erfolgten 1930 und 1980
Die im Jahre 1895 vorgenommene Neugestaltung der Großbeerener Denkmalkirche wurde bereits 1930 und noch einmal 1980 partiell wieder zurück gebaut. Im Zuge dessen ist auch die heutige ockerfarbige Tönung ihrer äußeren Fassade erneut ihrem ursprünglichen Farbton angeglichen worden. Die beiden bislang letzten professionellen Instandsetzungen an der außergewöhnlichen Schinkelkirche erfolgten in den Jahren von 2009 bis 2011.
Hinweis
Schinkelkirche Großbeeren ∙ Ruhlsdorfer Straße 2, Dorfaue ∙ 14979 Großbeeren
Besichtigungen können unter der Rufnummer 0 33 701 – 55 413 vereinbart werden.
Ansonsten kann die Kirche im Rahmen von Veranstaltungen, Gottesdiensten und bei Tagen der Offenen Kirchen und Denkmäler besichtigt werden.
Lesenswert
Evangelische Kirchengemeinde Großbeeren (Hrsg.): Die Schinkel-Kirche zu Großbeeren, in: Peda Kunstführer, Nr. 428. Passau 1998