Zur Zeit von August dem Starken wurde ein Palais erbaut, welches die Phase des Dresdener Barock einläutete.
Wir besuchen den Großen Garten und schlendern um angelegte Teiche und Seen.
Wir schauen, was aus dem Carolaschlösschen geworden ist, und machen uns auf die Suche nach einem ganz besonderen Stein: Carrara-Marmor.
Willkommen im Großen Garten von Dresden! In unserer zweiteiligen Serie über den weitläufigen Park beschreiben wir heute nicht den Botanischen Garten, Zoologischen Garten und Parkeisenbahn, sondern begeben uns in die prächtige Vergangenheit des 17. Jahrhunderts. Wir wollen Sie einladen, ein Palais zu besuchen und mit uns gemeinsam um die im Großen Garten angelegten Gewässer zu spazieren. Zur Zeit August des Starken (1670-1733) wurde das erste Palais des später so genannten Dresdener Barock errichtet. Anregungen holte sich der sächsische Architekt Johann Georg Starcke (1630-1695) in Norditalien. Die opulenten Villen Venedigs mit ihren breiten Freitreppen dienten ebenso als Vorbild wie die Säulen, Fenster und Fassadengliederung venezianischer Bürgerhäuser. Entstanden ist der Prachtbau im Zentrum des Großen Gartens im Jahr 1680. Weithin präsentiert er sich den Sichtachsen, die den fast 2 Kilometer langen und 1 Kilometer breiten Großen Garten durchziehen. Die Fassade des Palais hat anders als weite Teile der Parkanlage die Luftangriffe und Bombardierungen Dresdens zum Ende des Zweiten Weltkrieges so gut überstanden, dass sie erhalten und saniert werden konnte. Im Innern des Gebäudes brannte allerdings alles aus und es ist auch nicht wieder in historischer Form wiederhergestellt worden. Skulpturen aus der Zeit des Barock gibt es heute im Museum im Erdgeschoss zu bestaunen.
Der Große Garten – 350 Jahre Dresdner Geschichte
Einzigartig zur Geltung kommt das Palais aber vor allem durch seine Umgebung. Die weiten Wiesen, die das Auge erblickt, sind in der Ferne umsäumt von alten Baumbeständen. Der Landschaftspark kann allerdings nicht mehr als barock gelten, da seine Umgestaltungen und Zerstörungen zu häufig waren. Der Park und seine Gebäude waren für das Begehen höfischer Feste und für die Fasanenjagd angelegt worden. Der Kurfürst Johann Georg III. (1647-1691) hatte die Pläne entwickelt, umgesetzt und bis zu seinem Ruhestand zur Vollendung gebracht hat sie der Obergärtner des Großen Gartens, Johann Friedrich Karcher (1650-1726). Er war es, der sich französische Gartengestaltung zu Eigen machte, als die Zeit sich weiterentwickelte. Im 18. Jahrhundert bis zum Beginn des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) gab es eine harmonische erste Blütezeit im Großen Garten. Die Arbeit von Jahrzehnten war getan, die Bäume wuchsen und zahlreiche Skulpturen von italienischen Künstlern und Bildhauern prägten den Park. Vieles wurde aber in dem bis 1763 wütenden Krieg zerstört; immer wieder zogen preußische Armeen durch die sächsische ehemalige Weltkulturerbestadt an der Elbe. Brachial waren auch die Zerstörungen, die während der Napoleonischen Kriege verursacht wurden. Im Jahr 1813 diente der ganze Park ein halbes Jahr lang als Lazarett. Nicht einmal die Bäume wurden damals vor den Verwüstungen verschont. Sie dienten als Baumaterial und wurden gefällt und verfeuert. Bei der Bombardierung Dresdens zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Große Garten umgewühlt wie ein großes Schlachtfeld. Und das war es ja auch. Viele Areale des Parks überstanden das nicht. Zum Glück liegen auch diese Zeiten inzwischen ein wenig zurück und die Spuren der Vergangenheit sind im wahrsten Sinne inzwischen ein wenig überwachsen.
Das Carolaschlösschen im Großen Garten
Wir wollen uns aber noch ein wenig umschauen im Großen Garten und nicht nur über die Vergangenheit sinnieren. Direkt hinter dem Palais gibt es mit dem Palaisteich eine der ältesten Brunnenanlagen im Stadtraum von Dresden. Angelegt wurde das kühle Nass im Jahr 1715. Der Palaisteich ist eines von drei Gewässern im Großen Garten. Neben dem Neuen Teich ist hier vor allem der Carolasee zu erwähnen. Er ist ein wenig größer und langgestreckter als die anderen beiden Teiche. Er wurde naturnah aus einer ehemaligen Kiesgrube weitergeformt. Hier haben Sie als Besucher am ehesten das Gefühl von einem kleinen Gewässer. Enten schwimmen umher und auch Gänse, die sich vom nicht weit entfernten Elbufer hier herüber verirrt haben, lockern die Szenerie auf. Auch wenn es nicht mehr so viele Fasane und Pfauen gibt wie in vergangenen Zeiten, ahnt man, dass sich Tiere als Kulturfolger durchaus wohl fühlen auf dieser grünen Insel im urbanen Raum. Und kulinarisch wie ästhetisch erwartet Sie etwas Besonderes an diesem südöstlich gelegenen Abschnitt des Großen Gartens: das Carolaschlösschen. Ende des 19. Jahrhunderts wurde im Neorenaissancestil ein kleines, aber feines Schlösschen errichtet, mit richtigen Zinnen und einem Türmchen. Abriss, Zerstörung im Krieg und Neubau einer Gastwirtschaft mit selben Namen haben den Charme dieses Plätzchens auf einer kleinen Halbinsel im See nicht zerstören können. Es gibt einen Freisitz, die sogenannte Seeterrasse mit Wasserfontänenblick. Und auch im Innern gibt es für den anspruchsvollen Besucher einiges zu sehen. Parkettböden, edle Hölzer, buntes Glaskuppeldach und ein reges Treiben. Es geht hier manchmal auch etwas vornehmer zu; ein Sonn- und Feiertagsbrunch fällt da schon mal mit 35€ ins Gewicht. Da müssen Sie entscheiden, ob Ihnen das zusagt oder ob Sie lieber mit einem gemieteten Ruderboot eine naturnahe Runde über den idyllischen Teich paddeln und dabei Ihren mitgebrachten Reiseproviant verzehren.
Der Große Garten – von Dresden nach Carrara und zurück!
Eine der Skulpturen mit einem besonderen Namen steht (oder vielmehr stand) ebenfalls im Großen Garten. Direkt in der Nähe des Palais. Der italienische Bildhauer Pietro Balestra (1672-1729), der nicht nur in Rom und in Siena gewirkt hat, sondern auch in Dresden, schuf Die Zeit entführt die Schönheit. Eine Mahnung an die Vergänglichkeit. Und die gilt auch für die einzig erhaltene Skulptur von Pietro Balestra, die dieser aus dem berühmten Carrara-Marmor herausschlug. Sie wird aktuell wegen eines gebrochenen Flügels beschützt und verwahrt – erst 2025 soll eine aus demselben italienischen Stein gefertigte Kopie wieder im Großen Garten zu sehen sein. Aber wir haben zum Abschluss für Sie zumindest ein Bild von ihr – auch wenn Sie die Skulptur im Großen Garten folglich nicht antreffen werden, die schönsten Reisen unternimmt man ohnehin mit der Fantasie. Oder mit dem Reisebus!
Hinweise
Mit dem Reisebus parken SIe am besten auf den breiten Straßen, die rund um die grüne Lunge Dresdens führen. Durch den Garten selbst bewegt man sich nur zu Fuß, auf Rädern oder mit der Parkeisenbahn.
Der Große Garten ist sehr eben und ist barrierefrei gut begeh- und befahrbar.
Reservierungen für größere Gruppen im Carolaschlösschen (auf der Seeterrasse oder auf der Galerie) können Sie unter 0351-250600 oder auf der Homepage des Restaurants vornehmen. Etwas vornehm sind auch die Preise, wenn man nicht bloß auf einen Kaffee oder ein Kaltgetränk im Freisitz Platz nimmt. Die Adresse lautet: Querallee 7 in 01219 Dresden
Lesenswert
Der in Dresden geborene Erich Kästner schildert in seinem Buch über seine Kindheit Als ich ein kleiner Junge war Szenen aus dem Großen Garten in Dresden. Erschienen ist der kleine Band für knapp über 10 € im dtv Verlag. Ohnehin ist Erich Kästner immer lesenswert.