Unser Bus bringt unsere Reisegesellschaft in das havelländische Roskow, in dem das spät-barocke Schloss der Familie derer von Katte liegt.
Der Buskompass-Autor berichtet von dem populärsten Familienmitglied, Hans Hermann von Katte, dessen Freundschaft mit dem Kronprinzen Friedrich tragisch enden sollte.
Heute bietet das Kulturschloss Roskow Veranstaltungen und Übernachtungsmöglichkeiten an.
Das im ausgehenden Barockstil des 18. Jahrhunderts neu erbaute Schloss Roskow diente einem Zweig der altmärkischen Uradelsfamilie derer von Katte als Herren- beziehungsweise als Gutshaus ihrer umliegenden Ländereien.
Der schicksalsschwere Held unseres heutigen Reiseberichts ist der im Jahr 1704 in Berlin geborene Hans Hermann von Katte, der verhängnisvolle Sohn des späteren preußischen Generalfeldmarschalls Hans Heinrich von Katte, die beide bekannte Mitglieder jener Familie waren.
Hans Hermann von Katte dient im Kürassierregiment Gens d’armes
Zunächst war es vorgesehen, dass der als hochintelligent charakterisierte Hans Hermann von Katte eine zivile Verwaltungslaufbahn im preußischen Staatsdienst einschlagen sollte. Allerdings musste er entgegen seinem ausdrücklichen Willen im Jahr 1724 in das am Berliner Gendarmenmarkt kasernierte Kürassierregiment Gens d’armes eintreten. In dem gleichen erstklassigen Reiterregiment diente kein geringerer als der junge Kronprinz, der spätere Preußenkönig Friedrich der Große.
Leutnant von Kattes enge Freundschaft mit dem jungen Kronprinzen
Es sollte keine lange Zeit vergehen, bis der unerfahrene Friedrich eine enge Freundschaft mit dem gebildeten Leutnant Katte schloss. Der Kronprinz war nicht nur von Kattes weltläufigen Manieren entzückt, sondern jener teilte mit ihm das Interesse für Poesie und Flötenspiel. Bald darauf nahm Katte auch an den Unterrichtsstunden des talentierten Thronfolgers teil. Schließlich stieg der Offizier zum engsten Vertrauten Friedrichs auf, der für den Prinzen allerlei Obliegenheiten erledigte. Andererseits galt Hans Hermann von Katte als unachtsam und blasiert, da er sich überall lauthals mit seiner stürmischen Eskapade mit dem unbedarften Kronprinzen brüstete.
Ein Fluchtversuch nach England scheitert
Vermutete der pedantische Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. mehr als nur eine lapidare Freundschaft zwischen dem 26-jährigen Hans Hermann von Katte und seinem gerade erst 18-jährigen Sohn, dem preußischen Sukzessor? Weil sich der musisch veranlagte Friedrich dem strengen Reglement seines übermächtigen Vaters, des Soldatenkönigs, der ihn mitunter auch körperlich misshandelte, nicht gewachsen fühlte, wollte er jenem entkommen. Dafür bot der Aufenthalt des blutjungen Thronfolgers bei einem vom König August dem Starken unweit der sächsisch-brandenburgischen Grenze im Frühjahr 1730 abgehaltenem Militärmanöver – dem sogenannten Zeithainer Lustlager – die hervorragende Möglichkeit, seine geplante Flucht aus Preußen über Frankreich nach England zu riskieren.
Wenngleich der Fluchtplan von den schottischen Leibpagen des Kronprinzen, den kongenialen Brüdern Keith, aus panischer Furcht vor dem cholerischen Zorn des Soldatenkönigs verraten wurde, versuchte Leutnant Katte zunächst noch die Stellung in der Potsdamer Residenzstadt zu halten. Dennoch wurden die beiden Jünglinge verhaftet und wegen Fahnenflucht zu einer strengen Festungshaft verurteilt.
Kattes Exekution in der Oderfestung Küstrin
Da dem vor Wut rasenden König das Urteil des zuständigen Köpenicker Kriegsgerichts als zu Milde erschien, verschärfte er es persönlich in der Form, dass der unglückliche Katte vor den Augen des in der Oderfestung Küstrin einsitzenden Kronprinzen am 6. November 1730 mit einem Schwert exekutiert wurde. Eine gnädige Ohnmacht bewahrte Friedrich allerdings vor dem furchtbaren Bild die Enthauptung seines leidvollen Lieblings mit ansehen zu müssen. Sicherlich wird der nachtragende Soldatenkönig in dem älteren Katte den diabolischen Verführer seines Sohnes gesehen haben. Demzufolge dürfte sich Friedrich Wilhelm mit dem an Katte vollstreckten Todesurteil über die ihm missliebigen femininen Neigungen seines flötenspielenden Sohnes bitter gerächt haben. Der britische Historiker Alfred L. Rowse behauptete in seiner Schrift Homosexuals in History, dass Katte der aktive Partner einer homoerotischen Beziehung mit dem jüngeren Kronprinzen Friedrich gewesen sei. Folglich wird der jähzornige Soldatenkönig in höchster Sorge um die Weiterexistenz der preußischen Monarchie gewesen sein. Aus diesem Grund hatte Friedrich Wilhelm rigoros gehandelt und den sich sträubenden Kronprinzen im Jahre 1732 zu einer Ehe mit der ungeliebten Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern gezwungen. Zu einem Enkel und dem ersehnten Stammhalter für den Thron führte diese glücklose Verbindung, wie wir alle wissen, dennoch nicht. Friedrich hingegen schenkte seiner koketten Gemahlin am nördlichen Stadtrand von Berlin ein schmuckes Palais – dort kann sie schön hausen – das bis in unsere Tage Barockschloss Schönhausen genannt wird.
Traumatische Erfahrungen für Friedrich II.
Wir können uns lebhaft vorstellen, dass Kattes gewaltsamer Tod für den sensiblen Kronprinzen ein traumatischer Einschnitt gewesen war. Viele namhafte Historiker mutmaßen, dass die Küstriner Exekution das auslösende Schlüsselelement für die menschlichen Eigentümlichkeiten des späteren preußischen Souveräns bildete. Bis in die ferne Zeit, in der aus dem jungenhaften Friedrich bereits der sagenumwobene Alte Fritz geworden war, war es niemanden bei Hofe gestattet, Hans Hermann von Kattes Namen zu nennen. Dementsprechend wird dessen brachialer Tod bis an das Ende seiner irdischen Tage eine unheilbare Wunde in der feinsinnigen Seele des legendären alternden Monarchen hinterlassen haben. Kattes diskrete Beisetzung war in der Ostgruft der romanischen Dorfkirche von Wust erfolgt. Sein Sarg kann noch immer in der kleinen ansehenswerten Kirche im Landkreis Stendal angeschaut werden.
Vom Herrenhaus der Familie von Katte zum Kulturschloss Roskow
Wir wenden uns jetzt der zweigeschossigen Dreiflügelanlage des Roskow’schen Herrenhauses derer von Katte zu, das in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts weiter ausgebaut worden war. Nach dem Ende des verheerenden II. Weltkriegs wurde das spätbarocke Schloss zunächst von der sowjetischen Militärkommandantur, anschließend als Flüchtlingsunterkunft und last but not least von der märkischen Gemeinde während der DDR-Zeit als Schulgebäude genutzt.
Seit der zweiten Dekade des neuen Millenniums führen nahe Verwandte der Familie von Katte im havelländischen Herrenhaus ein charmantes Event Centre mit dem Namen Kulturschloss Roskow. Durch zahllose Kunst- und Kulturveranstaltungen sowie den privaten Feierlichkeiten von nicht nur gutbetuchten Gästen werden die spätbarocken Räumlichkeiten erneut mit pulsierendem Leben erfüllt. In diesem Zusammenhang wird der einstige Festsaal heutzutage als modernisiertes Musikkabinett genutzt, indem noch die originale Stuckdecke und ein stilvoller Kronleuchter aus Kristall erhalten geblieben sind.
Schlosspark, Gutsverwalterhaus und Landarbeitersiedlung
Zu dem spätbarocken Herrenhaus gehören der ehemalige Schlosspark, das Verwalterhaus und die Landarbeitersiedlung für die Kleinpächter des Gutshofs. Das zwischen dem Schloss und den Landarbeiterhäuschen gelegene Gutsverwalterhaus weist einige Barockelemente auf, wenngleich es insgesamt schlicht ausgeführt wurde. Ebenfalls haben die Roskow’schen Landarbeiterhäuschen große Ähnlichkeit mit den über einhundert Jahre später als sogenannte Kolonien errichteten Reihenhäusern für die einfachen gesellschaftlichen Schichten des Ruhrgebiets.
Hinweis
Kulturschloss Roskow ∙ Dorfstraße 30 ∙ 14778 Roskow
Roskow liegt zwischen Potsdam und Brandenburg an der Havel. In einer Stunde kann es von Berlins Mitte aus mit dem Reisebus erreichet werden. Heute steht das Kulturschloss Roskow mit seinem großen Gartensaal und den vier angrenzenden Salons für diverse Veranstaltungen wie Ausstellungen, Seminare und Hochzeitsfeiern, zu Ihrer Disposition. Übernachtungen sind in mehreren im traditionellen Countrystyle eingerichteten Doppelzimmern möglich. Telefon: 0 33 8 31 / 14 91 35
Lesenswert
Geiseler, Udo & Monika Loddenkemper: Roskow, in: Peter Michael Hahn & Hellmut Lorenz: Herrenhäuser in Brandenburg und der Niederlausitz. Berlin 2000, Bände 1+2