Nach unserem Besuch der Staatsbibliothek wenden wir uns dem Reiterstandbild Friedrichs des Großen zu, das sich inmitten des Linden-Boulevards am Alten Palais befindet.
Derweil berichtet unser Cicerone von den diversen Plänen und Schwierigkeiten, die viele Jahre ins Land gehen ließen, bis die Errichtung des Denkmals in die Tat umgesetzt wurde.
Der Plan, König Friedrich dem Großen ein würdevolles Denkmal zu errichten, sollte noch zu Lebzeiten des preußischen Monarchen in die Tat umgesetzt werden. Die Schwierigkeiten, vergleichbare Pläne jener Dimension praktisch zu realisieren, zeigte sich darin, dass neben den königlichen Auftraggebern auch drei Generationen und circa 40 namhafte Künstler an den langwierigen Vorbereitungen zur Errichtung des monumentalen Reiterstandbilds für den Alten Fritz beteiligt waren. Zu den bekanntesten Bildhauern und Architekten, die um jene Ehre wetteiferten, zählten illustre Künstlerpersönlichkeiten wie Johann Gottfried Schadow, Karl Friedrich Schinkel und Carl Gotthard Langhans, um nur einige zu nennen. Außerdem waren sich die einzelnen Initiatoren nicht darüber einig, ob ihr geplantes Monument nur ein reines Architekturdenkmal werden sollte und an welcher Stelle dessen bester Standort sein würde.
Wie sollte Friedrich der Große bekleidet sein – „Teutsches Costüm“ oder antikes Gewand?
Die ausstehende Entscheidung verzögerte sich zudem immer wieder anhand der „Kostümfrage“, ob Friedrich der Große in einem antiken Gewand oder in seiner zeitgenössischen Uniform dargestellt werden sollte. Schließlich setzte sich die für ein „Teutsches Costüm“ plädierende und damit realistische Fraktion durch, da der Gedanke einer Apotheose, der Vergöttlichung, die mit einer antiken Toga symbolisiert würde, dem aufgeklärten preußischen Monarchen nicht entsprochen hätte. Überdies wurde die Entscheidung dadurch erschwert, ob Friedrich der Große einen römischen Lorbeerkranz oder seinen charakteristischen Dreispitz auf dem gesalbten Kopf tragen sollte. Sämtliche divergierenden Vorschläge und permanent vorgebrachten Änderungswünsche, welche die lange Entstehungsgeschichte des Monuments begleiteten, zeigen uns, wie die damalige Denkmalsauffassung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits im tiefgreifenden Wandel begriffen war.
Christian Daniel Rauch erhielt den Auftrag zur Errichtung des Reiterstandbilds
Im Jahr 1839 war es endlich soweit. Der talentierte Begründer der Berliner Bildhauerschule Christian Daniel Rauch erhielt den prestigeträchtigen Auftrag, ein eindrucksvolles Reiterstandbild für Friedrich den Großen anzufertigen, das am östlichen Beginn der prächtigen Straße Unter den Linden aufgestellt werden sollte. Bevor Rauchs endgültiger Bronzeguss erfolgte, wurden zuvor sowohl dessen erster Entwurf als auch dessen Modell von der Königlichen Eisengießerei ausgeführt. Die Grundsteinlegung für das zu errichtende Denkmal erfolgte im Jahr 1840, die feierliche Enthüllung fand aber erst 11 Jahre später an einem Sonnabend, dem 31. Mai 1851 statt. An den offiziellen Feierlichkeiten auf dem festlich geschmückten Linden-Boulevard durften hingegen die einfachen Berliner Bürger nicht teilnehmen.
Rauchs monumentales Reiterdenkmal für Friedrich den Großen sollte nicht nur seine bedeutendste und populärste Schöpfung werden, sondern sie diente auch als ein leuchtendes Vorbild für zahllose weitere Fürstendenkmäler jener Zeit. An dieser Stelle sollen das legendäre Kyffhäuserdenkmal und das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz genannt sein, die in der anbrechenden Epoche des Historismus bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland geschaffen wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte Friedrichs Reiterstandbild nach Potsdam
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Friedrichs imposantes Reiterstandbild nach Potsdam verbracht, wo es im weiten Park von Sanssouci an einem stillen versteckten Platz unterhalb der Neuen Orangerie aufgestellt worden war. Erst seit dem Jahr 1980 befindet es sich wieder auf der pulsierenden Straße Unter den Linden. Allerdings steht es seit damals aus technischen Gründen etwa 6 Meter weiter östlich von seinem ursprünglichen Standort entfernt.
Persönlichkeiten, die sich um den preußischen Staat verdient gemacht haben, sind zu sehen.
Über dem geschliffenen und polierten Unterbau aus Granit befindet sich ein hoher, dreifach abgestufter Sockel, das Postament. Auf der unteren Stufe lesen wir diverse Namens- und Widmungsinschriften. Auf der breiten Mittelstufe sind lebensvolle Darstellungen von Friedrichs berühmtesten Zeitgenossen zu sehen. Dazu gehörten nicht nur zivile Geistesgrößen wie Immanuel Kant und Gottfried Ephraim Lessing, sondern auch hohe Offiziere, Generäle und des Königs jüngerer Bruder August Wilhelm Prinz von Preußen, die sich in den langjährigen Feldzügen um den preußischen Staat verdient gemacht hatten.
Sämtliche Figuren sind ein wenig unterlebensgroß, an der markanten Vorderseite des Denkmals sind sie in vollplastischen Gruppen angeordnet. Wobei die Hintergrundfiguren allesamt im Relief wiedergegeben wurden. Vier Reiter stehen frei vor den jeweiligen Ecken auf der Deckplatte der unteren Stufe. Die schmale obere Stufe bildet einige Szenen aus dem abwechslungsreichen Leben des Souveräns ab, in denen aber Realität und Mythologie miteinander verwoben sind. An den vier Ecken, über den Köpfen der Pferde, sitzen die vier Kardinaltugenden – Tapferkeit, Gerechtigkeit, Besonnenheit und Weisheit – die nach dem griechischen Philosophen Platon einen frommen Herrscher auszeichnen sollen.
Friedrich II. zieht auf seinem Lieblingspferd Condé in seine Residenz Berlin ein
Die Bekrönung des insgesamt 13,50 Meter hohen Denkmals bildet der mit der bekannten Uniform des Goltzischen Infanterieregiments bekleidete und mit Orden dekorierte Monarch, der zusätzlich in einen darüber getragenen und hermelingefütterten Krönungsmantel gehüllt ist. Der auf seinem trabenden Lieblingspferd Condé sitzende König zieht gleichsam in sein Forum, das Forum Fridericianum, auf den heutigen Bebelplatz, in seine Residenz Berlin ein.
Im Verlauf der Restaurierung des gesamten Reiterdenkmals in den Jahren von 1997 bis 2000 wurden ebenfalls die historische Platzanlage mit ihrem gemusterten Pflaster, ihre gusseiserne Umzäunung und die Kandelaber originalgetreu wieder hergestellt.
Hinweis
Reiterstandbild Friedrichs des Großen, vor dem Alten Palais, Unter den Linden 9. Die gegenüberliegende Ecke ist die Universitätsstraße zwischen der Humboldt-Universität und der Staatsbibliothek zu Berlin. Das Reiterstandbild ist jederzeit barrierefrei erreichbar.
Anfahrt: Buslinien 100, 300 & N5. Haltestelle: Staatsoper, nur wenige Meter retour zu gehen.
Lesenswert
N.N.: Ein Denkmal für den König, in: Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Berlin 2001, Heft 17