Nachdem wir uns die kursächsische Postmeilensäule unweit der Belziger Burg Eisenhardt anschauten, geht es hinauf zu Norddeutschlands größter Höhenfestung.
Unser Buskompass-Autor berichtet, dass diesen steilen Weg bereits Doktor Martin Luther, die sächsischen Kurfürsten Ernst und dessen Sohn Friedrich der Weise sowie der König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen genommen hatten.
Um das im 10. Jahrhundert als slawische Grenzfestung erbaute Castell Belici fanden Jahrhunderte lang gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Slawen und deutschen Feudalherren statt. Aus dem Jahr 997 ist uns eine Urkunde des Sachsenkaisers Otto III. überliefert, in der das Burgwardium Belici das erste Mal genannt wird. Damit gehören die Relikte der ersten, der romanischen Burg zu den ältesten Höhenfestungen im heutigen Bundesland Brandenburg. Allerdings war die romanische Burg beträchtlich kleiner, als es die heute vor uns liegende Zitadelle ist. Unserem ersten Markgrafen von Brandenburg, dem sagenumwobenen Askanier Albrecht dem Bären, war es gelungen, die Belziger Verteidigungsanlage zu erobern und die slawischen Stämme zu unterwerfen.
Flämische Kolonisten siedeln im Belziger Land und gelangen unter sächsische Lehnshoheit
In der Mitte des 12. Jahrhunderts wurde nicht nur die noch heute unweit des Achtung gebietenden Hauptportals der Burg befindliche und aus Feldsteinen erbaute Bricciuskapelle erstmals erwähnt, sondern auch norddeutsche Familien und vor allem flämische Siedler, Vlaamse kolonisten, hatten sich in der Belziger Region niedergelassen. Jene flämischen Kolonisten gaben dem Fläming ihren Namen. Zudem gelangten in jener Epoche die flämischen und die alteingesessenen Belziger unter die langjährige Lehnshoheit der sächsischen Herzöge und späteren Kurfürsten.
Kurfürst Ernst von Sachsen erweitert die Grenzfestung – seitdem heißt sie Eisenhardt
Nach der Mitte des 15. Jahrhunderts ließ der legendäre Stammvater des ernestinischen Zweigs der Dynastie der Wettiner, Kurfürst Ernst von Sachsen, die alte romanische Bastion zu einer landesherrlichen und frühneuzeitlichen Zitadelle ausbauen und erweitern. In Folge dessen erlangte sie als sächsische Grenzfestung zu den beiden benachbarten Landesterritorien der nördlich gelegenen Mark Brandenburg und des nordwestlichen Magdeburger Erzstifts eine immense Bedeutung. Überdies erhielt die kursächsische Festung ihren noch heute gebräuchlichen Namen: Eisenhardt.
Kurfürst Friedrich der Weise lässt Burg Eisenhardt umbauen und hält seine schützende Hand über den Reformator Martin Luther
Der älteste Sohn und Nachfolger des Kurfürsten Ernst, Friedrich III. der Weise, ließ gegen Ende des 15. Jahrhunderts großzügige Umbauten an der Burg Eisenhardt im damaligen Stil der sächsischen Spätgotik vornehmen, die er persönlich aus seiner privaten Schatulle finanzierte. Kurfürst Friedrich der Weise war eine der schillerndsten und einflussreichsten Persönlichkeiten in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs. Wenngleich er einerseits eine der größten und wertvollsten Reliquiensammlungen besaß, hielt er andererseits zeitlebens seine schützende Hand über den vom Papst exkommunizierten und vom Kaiser gebannten Wittenberger Reformator Doktor Martin Luther. Aus diesem Grund verwundert es uns nicht, dass der in Eisleben im Mansfelder Land geborene Doktor Luther im Verlauf seiner Kirchen- und Schulvisitation in Belzig im kurfürstlichen Wohnbereich der sächsischen Burg Eisenhardt übernachten konnte.
Schmalkaldischer und Dreißigjähriger Krieg hinterlassen ihre Spuren an der Burg
Während des Schmalkaldischen Kriegs, 1546-47, mit dem der katholische Habsburger Kaiser ein Bündnis protestantischer Landesfürsten, den Schmalkaldischen Bund, unter der Ägide Kursachsens und Hessens zurückdrängen wollte, eroberte seine mit kaiserlichem Sold bezahlte Soldateska das kursächsische Belzig. Im Verlauf der Kämpfe beschädigten jene spanischen Landsknechte und Caballeros auch die Burg Eisenhardt. Fast einhundert Jahre später drangen die Schweden inmitten des verheerenden Dreißigjährigen Kriegs, 1618-48, in die Stadt Belzig ein, in dessen Verlauf sie die kursächsische Zitadelle eroberten und brandschatzten. Aus diesem Grund wurde sie am Ende des 17. Jahrhunderts teilweise wieder aufgebaut.
Eisenhardt dient dem General von Sayn-Wittgenstein während der Befreiungskriege gegen Napoleon als Hauptquartier – Belzig wird preußisch!
Die von 1813 bis 1815 erfolgten Befreiungskriege gegen den mächtigsten Mann Europas, den Kaiser der Franzosen Napoleon I., veränderten das gemächliche Leben der Belziger Bürger gravierend. Der im russischen Militär dienende Generalfeldmarschall, der Graf von Sayn-Wittgenstein, hatte von seinem auf der Burg Eisenhardt befindlichen Hauptquartier aus am 30. März 1813 einen leidenschaftlichen Aufruf an die Bevölkerung Sachsens proklamiert. Mit jenem eindringlichen Ukas wurden alle Sachsen dazu aufgefordert, sich von dem erzwungenen Bündnis mit den Franzosen zu lösen. Daraufhin war es am 27. August desselben Jahres vor den Stadttoren Belzigs zu der für die Preußen und den mit ihnen verbündeten Russen siegreichen Landwehrschlacht auf dem Hagelberg gegen die napoleonischen Truppen und den auf französischer Seite kämpfenden sächsischen Kontingenten gekommen. Ein ansehenswertes Zinnfigurendiorama veranschaulicht in der sogenannten Heimatstube der Zitadelle Eisenhardt die erfolgreiche Landwehrschlacht des Jahres 1813, von der noch mehr zu lesen sein wird. Im Ergebnis des nach Napoleons vernichtender Niederlage erfolgten Wiener Kongresses kam das im Hohen Fläming gelegene Belzig im Jahr 1815 endlich zum damaligen Königreich Preußen zurück.
König Friedrich Wilhelm IV. besucht Eisenhardt und das für Preußen zurückgewonnene Belzig
Nach seinem für lange Zeit angekündigten Besuch des an der Architektur begeisterten preußischen Monarchen Friedrich Wilhelm IV. wurden auf dessen kompetente Anregung hin mehrjährige Rekonstruktionsarbeiten an der nunmehr brandenburgischen Zitadelle Eisenhardt durchgeführt.
Hingegen konnten erst im Jahr 1914 die preußische Festung zusammen mit der sie umgebenen Sandberger Siedlung in das Belziger Stadtgebiet eingemeindet werden. Seit damals war im gut erhaltenen Torhaus der Burg für viele Jahrzehnte das märkische Amtsgericht Belzig untergebracht worden.
Burg Eisenhardt nach dem gesellschafts-politischen Umbruch 1989/90 – Archäologen legen die mittelalterliche Burgkapelle frei
Nach dem tiefgreifenden gesellschafts-politischen Umbruch in den Jahren 1989/90 konnte endlich mit der notwendig gewordenen Restaurierung der Burg Eisenhardt begonnen werden. Bis zum Beginn des neuen Millenniums wurden sowohl das markante Torhaus und das spätgotische Salzmagazin als auch die Ostmauer, einzelne Abschnitte der Nordmauer sowie der kolossale Bergfried, der Donjon, generalüberholt. Erwähnenswerterweise konnten versierte Archäologen des brandenburgischen Landesdenkmalamts im Verlauf der umfangreichen Sanierungen nicht nur die mittelalterliche Burgkapelle der Grafen von Belzig eruieren, sondern auch einige Gräber mit ihren dazugehörigen Epitaphen freilegen.
Unser Burgrundgang beginnt –
die Ringmauer, der Wehrgang und die Rundtürme
Von dem aufwendig erbauten Befestigungssystem der Burg Eisenhardt sind noch immer die in der Form eines Siebenecks ausgeführte Ringmauer mit ihrem umlaufenden Wehrgang und einigen vereinzelten Wachstuben erhalten. Darüber hinaus haben mehrere Rundtürme die Jahrhunderte überdauert.
Besonders sorgfältig war der nordöstliche Turm ausgebaut worden, in dessen tiefem Inneren sich das dunkle Burgverlies befindet.
Im südwestlichen Rundturm ist das ansehenswerte Burgmuseum – die sogenannte Heimatstube – untergebracht, in der den interessierten Besuchern von der langen Burggeschichte berichtet wird. Hingegen war der südöstliche Turm bereits am Beginn des 19. Jahrhunderts abgetragen worden.
Das zweigeschossige Torhaus mit seinen beiden Rundtürmen
Bei dem am Südrand der Ringmauer gelegenen Gebäude haben wir das zweigeschossige Torhaus der Zitadelle Eisenhardt vor uns, das an seiner Feldseite von zwei kräftigen Rundtürmen flankiert wird. Über der steinernen Toreinfahrt können wir noch heute das farbig gestaltete kursächsische Wappen bewundern. Nicht nur das Innere der Durchfahrt, sondern auch einige Nebenräume sind mit herrlichen spätgotischen Zellengewölben ausgestaltet worden.
Das Salzmagazin aus dem 15. Jahrhundert
Nach dem Passieren des gewaltigen Tordurchgangs wenden wir uns in Richtung Osten, wo sich ein langgestrecktes, zweigeschossiges und feldseitig über der Ringmauer errichtetes Speichergebäude befindet. Es handelt sich um das am Beginn des 15. Jahrhunderts erbaute Salzmagazin, dessen Außenansicht eindrucksvoll ausgefallen ist. Zu Zeiten der DDR war im geräumigen Speicher eine Jugendherberge einquartiert.
Das Herzstück der Burg Eisenhardt – der Bergfried oder Butterturm
In Zentrum der Burg Eisenhardt erhebt sich der 33 Meter hohe Bergfried, der unerklärlicherweise Butterturm genannt wird. Sein mächtiges Fundament fußt auf einem aufgeschütteten Turmhügel. Der imposante Butterturm selbst wurde aus sauber geschichtetem Feldsteinmauerwerk erbaut, wobei einige in roten Backsteinen ausgeführte Ergänzungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts vorgenommen wurden. Von dem Eisenhardter Bergfried aus können wir eine phänomenale Aussicht auf die Belziger Altstadt mit ihrer spätromanisch-frühgotischen Sankt Marienkirche genießen, in der bereits Martin Luther predigte. Nach einer ausgiebigen Pause steigen wir wieder in unseren wartenden Reisebus ein, der uns zum nahe gelegenen Hagelberg, dem historischen Ort der Landwehrschlacht von 1813 im Verlauf der Befreiungskriege fährt.
Hinweis
Burg Eisenhardt ∙ Wittenbergstraße 14 ∙ 14805 Bad Belzig ∙ Landkreis Potsdam-Mittelmark
Öffnungszeiten
Montag + Dienstag Ruhetag ∙ Mittwoch bis Freitag 13-17 Uhr ∙ Wochenende & Feiertage 10-17 Uhr
Eintrittspreise
Turm (ohne Museum) 1,00 € ∙ Turm + Museum Erwachsene 2,50 € ∙ Turm + Museum ermäßigt 1,50 €
Familienkarte (2 Erwachsene + Kinder) 6,50 €
Lesenswert
Langer, Thomas: Die Burg Eisenhardt in Belzig – Ein kursächsischer Festungsbau des 15. Jahrhunderts, in: Burgenforschung aus Sachsen 24, 2011