Die Zwickauer Mulde im Tal. Hoch oben liegt die Doppelschlossanlage von Glauchau. Ein Ausflug zurück in die Zeit der Renaissance. Wunderbar saniert und voller Überraschungen. Eine vergrabene mittelalterliche Burg, ein Gelehrter für Gesteinskunde und ein 200 kg schwerer Meteorit erwarten Sie.
Ein geheimer Tunnel ermöglichte den Zugang zu den Schlössern hoch oben über der Zwickauer Mulde. Er wurde im Mittelalter angelegt und so gelangte man im Notfall über den Burgbrunnen im Hof von Schloss Glauchau ins Freie. Der Hirschgrund verschluckte einen dann mit seinen Wäldern. Wenn Sie mit dem Reisebus anreisen, bleiben Ihnen in der Regel solche Abenteuer erspart. Sie können die Doppelschlossanlage über Brücken und Gräben hinweg barrierefrei betreten. Und doch wollen wir Ihnen nicht vorenthalten, dass sich spezielle Touren buchen lassen, bei denen die Kellergewölbe und sonst der Öffentlichkeit nicht zugängliche Orte besichtigt werden können. In Gruppen bis zu 15 Personen lässt sich diese ungewöhnliche Schlossführung unter Tage bestreiten. Dafür müssen Sie etwa eineinhalb Stunden einplanen und zusätzlich zum Eintritt für das Schloss (5€ / ermäßigt 4€) noch einmal 30€ als Gruppe drauflegen. Nicht nur an heißen Sommertagen eine abwechslungsreiche Alternative zum üblichen Laufen durch edle Gemächer. Hier erfahren Sie Wissenswertes über geheime Vorratslager, Notreserven und die Verbindungen zur Bergbauregion Zwickau.
Ausstellung für antike Möbel und Inventar auf Schloss Glauchau
Aber es gibt auch die Gelegenheit zur traditionellen Schlossbesichtigung. Nicht nur die Höfe, Treppentürme, Apsiden, Giebel und Remisen lassen das Herz von Schlossfreunden höher schlagen. Auch Möbel und die Innenausstattung von verschiedenen Epochen können begutachtet werden. Eine Zeitreise durch Räume und Vergangenheit. Die schon 1945 enteigneten Schönburgs (sie stellten in verschiedenen Verzweigungen seit Jahrhunderten die rechtmäßigen Besitzer) hatten noch so einiges in ihrem Fundus. Der Rest wurde ergänzt und liebevoll gestaltet. Und so haben wir das Glück, heute Räume im klassizistischen Stil oder aus der Zeit des Historismus (spätes 19. Jahrhundert) betrachten zu können. Auch ein Biedermeierzimmer und einen Rokokoraum gibt es. Da finden Sie ganz bestimmt Ihre persönliche Vorliebe. Und vielleicht ja auch Anregungen für Ihren Stil daheim – es muss ja nicht immer nur die schnelle Fahrt zu einem schwedischen Möbelkaufhaus sein. Antiquitäten gibt es manchmal auch auf den Flohmärkten zu entdecken oder Sie lassen sich von einem Handwerker ein Möbelstück entwerfen. Natürlich braucht es dafür das nötige Kleingeld, aber manchmal reicht es ja auch schon, einen alten Sessel oder ein Sofa neu beziehen zu lassen, anstatt die guten alten Dachbodenfunde oder Erbstücke einfach zu entsorgen. Mit Liebe fürs Detail werden Sie auch auf Schloss Hinterglauchau und auf Schloss Forderglauchau einiges entdecken können, was den lustvollen Sinn für das Schöne weckt.
Zur Geschichte von Schloss Hinterglauchau und Schloss Forderglauchau
Es begab sich zu einer Zeit vor über 800 Jahren, als das Adelsgeschlecht Schönburg eine Burganlage errichtete. Die nahe Zwickauer Mulde und die etwas exponierte Lage schienen dafür vortrefflich. Im späten 12. Jahrhundert wurde die Burg errichtet, welche viele Phasen der Umgestaltungen und Erweiterungen durchlaufen sollte. Im ausgehenden 15. Jahrhundert entstand das Renaissanceschloss Hinterglauchau, um 1530 kam mit Forderglauchau gleich ein ganzes Schloss hinzu. Daher spricht man von einer Doppelschlossanlage. Der Zugang zum hinteren Schloss ist nur über eine Brücke vom vorderen Schlosshof aus gewährleistet. Diese führt freilich noch heute über einen Graben, den sogenannten Halsgraben, hinweg. Dieser hat seinen Namen, weil er stets an der Stelle der schmalsten Landverbindung ausgehoben wurde. Dies entspricht sinngemäß einem Flaschenhals. In die anderen Richtungen ist die Schlossanlage (und so auch Hinterglauchau) durch natürliche Geografie geschützt. Der Hirschgrund und der Steilhang des Mühlberges gaben der Burganlage und der darauf errichteten Doppelschlossanlage ihre räumliche Struktur vor. Eine Schlosskapelle kam ebenso hinzu wie ein weiterer Turm. Vier sind noch heute erhalten.
Der berühmteste Sohn der Stadt – Gregorius Agricola
Neben der Stadt- und Schlossgeschichte, die im Museum präsentiert wird, gibt es zwei weitere Ausstellungen, die erwähnenswert sind. Etwas vergessen und vielleicht zu wenig gewürdigt ist der berühmteste Glauchauer der Geschichte. Georgius Agricola (1494-1555) gilt als der Vater der Gesteinskunde. Mit diesem schönen, alten und anschaulichen Begriff werden die Wissenschaften der Mineralogie und Geologie umschrieben. Zwickau und Glauchau gehören zum Erzgebirgsbecken, das sich entlang der Zwickauer Mulde erstreckt. Hier erheben sich hohe steile Hügel, hier wurde Steinkohle gefördert und von jeher waren hier die Berge mit ihren Gesteinen und Bodenschätzen nicht weit. In diesem Umfeld wuchs der junge Georgius im frühen 15. Jahrhundert auf und wurde letztlich Gelehrter für die Gesteinskunde, nachdem er auch schon als Mediziner und Apotheker tätig gewesen war. Er reiste als Berater für Fragen des Bergbaus nach Thüringen und nach Schlesien. Zu seiner Biografie und seinem Schaffen und Wissen erfahren wir noch mehr in der Ausstellung. Ein Stein ganz anderer Güte begegnet uns in der Sammlung des Mediziners Paul Geipel (1896-1956): ein sechs Zentner schwerer Meteorit mit einer beachtlichen Kantenlänge von 44x49x32 cm aus der Wüste von Namibia. Das ist für den Reisebus heute ein wenig weit, aber bis zur Doppelschlossanlage in Glauchau bei Zwickau hat er uns zuverlässig gebracht.
Hinweise
Die Adresse von Schloss Glauchau lautet Schlossplatz 5a in 08371 Glauchau / Es liegt nahe der sächsisch-thüringischen Grenze etwa 30-40 km nördlich von Zwickau und westlich von Chemnitz. Mit dem Reisebus ist es ganz wunderbar über die nahegelegene A4 zu erreichen.
Das Schloss Glauchau, das außer montags und dienstags jeweils von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet hat, erreichen Sie unter der Telefonnummer 03763777580. Für Gruppenreservierungen für die ungewöhnliche Keller- und Katakombentour schreiben Sie gerne auch an schlossmuseum@glauchau.de
Auf der Paul-Geipel-Straße in unmittelbarer Umgebung der Doppelschlossanlage von Glauchau finden Sie öffentliche Parkplätze, an denen Sie auch mit dem Reisebus stehen können.
Falls Sie nach einer Besichtigung essen gehen möchten, gibt es auf Schlosshöhe (also barrierefrei ohne großen Berganstieg zu erreichen) das italienische Restaurant Bellini (Telefon: 03763717099)
Lesenswert
Es gibt für 10€ ein schön aufgemachtes Buch zur Sammlung Paul Geipel und es gibt ein von Friedrich Naumann (Professor für Wissenschafts- und Technikgeschichte an der TU Chemnitz) verfasstes, ebenfalls sehr günstiges Taschenbuch mit dem Titel Gregorius Agricola – Berggelehrter, Naturforscher, Humanist. Also statt Literaturempfehlungen zur Doppelschlossanlage von Glauchau hier eine doppelte Empfehlung zu den beiden biographischen Einzelausstellungen.