Kennen Sie noch das Tal der Ahnungslosen?
Vermissen Sie das Turmcafé im Dresdner Fernsehturm und wann ist eine Wiedereröffnung geplant?
Von uns bekommen Sie die Antwort und obendrauf einen Geheimtipp: ein kleiner Spaziergang von den Elbhängen hinunter zu den Elbterrassen.
Stolze 85 Meter misst alleine die rot-weiß gestreifte Kunststoffzylinder-Antenne, die den Dresdener Fernsehturm nach oben hin abschließt. Insgesamt bringt er es auf beachtliche 252 Meter Gesamthöhe. Wenn man dann noch bedenkt, dass er am oberen Rand des Elbtalkessels steht, also in gut 120 Metern über dem dahinfließenden Strom, dann ahnt man bereits: das muss ein tolles Bild abgeben vom Elbufer aus! Genau dahin wollen wir uns heute begeben bei unserem dreigeteilten Ausflug mit dem Reisebus. Wir besuchen den Fernsehturm (der leider seit 1991 nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich ist), wandern den Elbhang hinab und lassen den Tag an den Elbterrassen in Wachwitz bei gutbürgerlicher Küche ausklingen. Selbstverständlich in einem Restaurant mit Freisitz direkt an der Elbe. Eine Gastronomie gab es auch über lange Zeit im Fernsehturm, womit dieser nach dem Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz das zweithöchste Gebäude mit Besucherverkehr in der DDR war. Als wichtige und repräsentative Bauten der Ost-Moderne hatten sie und haben sie bis heute eine große Bedeutung. Und auch wenn der Berliner Fernsehturm, der bis heute das größte Bauwerk in Deutschland ist, mit seinen imposanten 365 Metern den kleinen Bruder in Dresden deutlich in den Schatten stellt, so gibt es doch einen kleinen historischen Triumph zu vermelden. Die offizielle Eröffnung des Dresdener Fernsehturmes anlässlich des 20. Jahrestages der DDR war zwar ein paar Tage nach der offiziellen Einweihung des Berliner Fernsehturms am 03. Oktober 1969 durch Walter Ulbricht. Aber, um bei den historischen Fakten zu bleiben, fertig gestellt war das Dresdener Bauwerk einige Zeit früher. Da sieht man mal wieder, dass auch die vermeintlich Kleinen (Dresden) den Großen (Berlin) durchaus mal eine Nasenlänge voraus sein können.
Der Dresdener Fernsehturm im Tal der Ahnungslosen
Doch während der Berliner Fernsehturm in erster Linie errichtet wurde, um den West-Berliner Funkturm mit einer Bauhöhe von fast 150 Metern deutlich zu überflügeln, so ging es in der sächsischen Landeshauptstadt auch darum, den Elbtalkessel mit seinen Städten von Pirna über Dresden und Radebeul bis Meißen mit Funk und Fernsehen zu versorgen. Nicht umsonst genoss das Elbtal und die Region Dresden zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik den zweifelhaften Ruf als Tal der Ahnungslosen. Auch wenn natürlich diese Formulierung auf die Tatsache abzielte, dass im Elbtal (ebenso wie beispielsweise in der Lausitz oder in der Gegend um Greifswald) kein Westfernsehen empfangen werden konnte. Dies war eigentlich sowieso untersagt, war aber für 85% der Fläche der Volksrepublik möglich. In heutigen Zeiten von Mobilfunkstreaming, dem dauernd verfügbaren Internet, Kabelfernsehen und Satellitenschüsseln nur noch schwer vorstellbar, aber ein aufschlussreiches Gedankenexperiment. Der Dresdener Fernsehturm strahlt übrigens bis heute Radio- und TV-Sender aus. Auch für den Mobilfunk wird er genutzt.
Der Dresdener Fernsehturm wartet auf ein neues Turmcafé
Für einen Reisebus ist es übrigens gar nicht so leicht, hier oben in Oberwachwitz gut 7 Kilometer entfernt von der Dresdener Innenstadt einen geeigneten Parkplatz zu finden. Zum einen ist die Zufahrt zum Oberwachwitzer Weg nur für Anlieger freigegeben und es herrscht eingeschränktes Halteverbot. Zum andern sind die Gassen und Straßen etwas schmal, um mit einem sehr langen Vehikel einen geeigneten Parkplatz zu finden. Zumindest einen, mit dem man nicht möglicherweise den Zorn der Anwohner auf sich zöge. Aber am besten ist es ohnehin, Sie lassen sich hier lediglich rauswerfen – denn schließlich wollen wir nach einer äußeren Besichtigung des Fernsehturms hinab zum Elbufer laufen, um in einem Restaurant an den Elbterrassen Platz zu nehmen. Stehen wir am Fuße des riesigen Funkturms, wünscht man sich schon, man könnte hinauf. Wenn auch vielleicht nicht über die 750 Stufen, so doch zumindest mit einem Aufzug, den es hier im Innern natürlich gab und noch immer gibt. Beim Bau ist übrigens ein Arbeiter in dessen tiefen Schacht gefallen und tödlich verunglückt. Bis zu 200.000 Besucher jährlich waren es, die bis zum Jahr 1991 auf gut 145 Meter Höhe befördert wurden. Von der sich oberhalb des Restaurants befindlichen Aussichtsplattform war nicht nur der Blick hinab zur Elbe, ins Elbtal und auf Dresden möglich. Auch in die Sächsische Schweiz und ins Erzgebirge ließ es sich von hier oben aus schauen. Kein Wunder also, dass es seit dem Tag der Schließung Pläne für eine Wiedereröffnung des Bauwerkes gibt. Seit einigen Jahren sind sogar die bisher anberaumten und für die Sanierung notwendigen 25 Millionen Euro bewilligt (die Kosten teilen sich Bund, Land und Dresden), aber noch fehlt der endgültige Startschuss. Der aktuelle Betreiber des Turmes zielt momentan auf das Jahr 2025. Aber ob es dann wirklich so kommen wird, ist noch ungewiss. Aus Brandschutzgründen muss die Küche eines zukünftigen Restaurants im Erdgeschoss (im Bereich des ehemaligen Eingangsbereiches) liegen. Eine schöne Vorstellung, wie dann Kuchen und Kaffee mit Lastenaufzügen in die Höhe geschossen werden, um dann hoffentlich unversehrt hinter gewaltigen Panoramaglasfenstern verköstigt zu werden. Träumen ist ja nicht verboten, schließlich gab es das alles bereits einmal.
Vom Dresdener Fernsehturm hinunter zu den Elbterrassen
Da es nun für uns hier oben am Fuße des Fernsehturms Dresden nichts weiter zu tun gibt, laden wir Sie ein, mit uns gemeinsam den Abstieg zu wagen. Der Oberwachwitzer Weg führt direkt hinunter bis an die Pillnitzer Landstraße, welche die Landeshauptstadt mit dem flussaufwärts gelegenen Wasserschloss Pillnitz verbindet. Dabei kurvt der gut begehbare, kontinuierlich nach unten führende Weg auf etwa 2 km Länge auch durch ein kleines Wäldchen. An der ein oder andern Villa kommt man auch vorbei, denn die Elbhänge sind als Wohnlage natürlich fantastisch beliebt. Sind Sie erst einmal bis hinunter an die Elbe gelangt, können Sie dort an einem breiten, mit Wiese bewachsenen Uferstreifen verweilen. Eine kleine Anlegestelle für Boote gibt es dort ebenfalls. Von einem Hafen zu sprechen wäre dennoch reichlich übertrieben. Jedenfalls befindet sich das Restaurant Elbterrasse Wachwitz ebenfalls gleich am Ende der am Elbufer mündenden Straße. Insbesondere von Frühjahr bis Spätsommer ist die Aussicht vom Freisitz ganz wunderbar. Wenn Sie sich hier zu einem Zwiebelrostbraten mit Bohnen und Bratkartoffeln oder zu Sülze aus der Hausschlachterei mit Remouladensauce niederlassen, passt ein gut gezapftes Bier sicherlich hervorragend. Aber ein Weißwein von den Elbhängen (von denen Sie soeben herabgestiegen sind) mit einem frischen Salat ist natürlich auch nicht zu verachten. Und vielleicht können Sie ja in der Zukunft tatsächlich in luftiger Höhe in ganz ähnliche Genüsse kommen. Wenn dann der Fernsehturm Dresden für Publikumsverkehr wieder geöffnet hat und mit einer Wiederauflage des Turmcafés erneut 200.000 Besucher pro Jahr anlockt. Dann werden Sie das Bauwerk allerdings nicht mehr so für sich alleine haben wie wir es heute hatten bei unserem besonderen Ausflug.
Hinweise
Der Fernsehturm liegt am Oberwachwitzer Weg 37. Die Adresse sollte nicht so schwer zu finden sein. Immerhin ist das 252 Meter hohe Gebäude weithin sichtbar.
Beim Restaurant Elbterrasse Wachwitz können Sie auch für größere Gruppen reservieren; die Telefonnummer lautet: 0351-269610 / E-Mail: post@elbterrasse-wachwitz.de. Die Adresse lautet: Altwachwitz 14 , 01326 Dresden. Montag und Dienstag sind im Winter Ruhetage. Ansonsten ist immer von 12.00 Uhr bis 21.30 Uhr geöffnet. Guten Appetit!
Lesenswert
Im Jahr 2017 ist der reich bebilderte Band Der Dresdner Fernsehturm erschienen. Den legen wir Ihnen natürlich heute ganz besonders ans Herz! Allerdings ist er nicht mehr so leicht zu bekommen.