Wir machen uns auf die Suche nach dem wahren Waldschlösschenblick!
Fahren Sie mit uns in den Nordosten der sächsischen Landeshauptstadt und machen wir gemeinsam einen Abstecher in die Dresdener Heide.
Ein wunderbarer Tag zwischen Architektur, Kultur und Natur!
Die Waldschlösschenbrücke in Dresden kennt jeder. Oder zumindest weiß jeder von dem Streit, der sich am Bau der Brücke entzündete. 2013 wurde sie fertig gestellt und Dresden verlor deswegen seinen Weltkulturerbetitel. Aber wer weiß schon, was das Waldschlösschen ist? Um seine Existenz ranken sich Legenden und wir müssen mit dem Reisebus in den Nordosten von Dresden steuern, um dem Geheimnis auf den Grund zu gehen. Hier in der Radeberger Vorstadt an der Radeberger Straße 60 werden wir schließlich fündig. Von hier ist es nicht mehr weit zur Radeberger Landstraße am Rande der Dresdener Heide. Die Straßen hier tragen Namen wie Am Jägerhauspark oder Fischhausstraße. Wir vermuten also richtig: es geht um Wald-, Forst- und Fischwirtschaft. In der sächsischen Landeshauptstadt mit seiner kurfürstlichen Vergangenheit waren das wichtige Einkommens- und Verwaltungszweige. Auch gingen die Adeligen selbst gerne Jagen oder Ausreiten. Graf Marcolini (1739-1814), der einst auch im heutigen Friedrichstädter Krankenhaus mit seinem Neptunbrunnen weilte (dem damaligen Palais Brühl-Marcolini), lebte seit 1800 auch im Waldschlösschen. Das Gebäude stand ganz anders als heute einsam am Waldrand. Von hier aus bot sich ein Blick hinunter ins Elbtal und auf die auf der anderen Elbseite liegende Dresdener Altstadt. Dies war der berühmte Waldschlösschenblick, gegenüber dem der heutige gleichnamige Ausblick vermutlich nur ein schwacher Abglanz ist. Er bietet sich von einem etwa 500 Meter vom Waldschlösschen entfernt liegenden, 1939 errichteten steinernen Pavillon aus. Dieser steht etwas unschön direkt an der B6 und man schaut seit gut einem Jahrzehnt nun direkt auf die Waldschlösschenbrücke; nicht mehr wie einst über unberührte Elbauen hinweg hinüber zur Dresdener Altstadt mit Frauenkirche, Zwinger und Residenzschloss. Der originale Waldschlösschenblick wurde allerdings schon im Jahr 1838 verbaut. Damals wurde unterhalb des Waldschlösschens am sanft aufsteigenden Elbhang die Waldschlösschen-Brauerei errichtet. Seit der Zeit (immerhin musste Graf Marcolini das nicht mehr erleben) galt die Aussicht vom Freisitz der Brauerei als eine der besten auf die Stadt. Als sich dann auch noch die Natur mit ausladenden Bäumen in die Sichtachse schob, gab es die Notlösung mit dem Pavillon. Schlussstrich unter der Geschichte ist die Waldschlösschenbrücke.
Das Waldschlösschen und die Spuren englischer Gotik
Aber zurück zum wahren Waldschlösschen. Marcolini war mit einer Irin verheiratet und so kommt es vielleicht, dass er ein Haus bezog, welches einen architektonischen Historismus pflegte, der sich an die englische Gotik anlehnte; so ist es beispielsweise an den Fensterformen zu beobachten. Da das Gebäude seit einigen Jahren eine Privatklinik beherbergt, die nur am jährlichen Tag des offenen Denkmals öffentlich zugänglich ist, ist es gar nicht so einfach, sich ein Bild zu machen. Es hilft aber, einmal um das an drei Straßen grenzende Gebäude mit kleiner Parkanlage herumzugehen. Dann eröffnen sich unerwartete Perspektiven und ein sicher zu Unrecht zu lange unbeachtetes Gebäude wird aus der Vergangenheit gehoben. Mit dem Reisebus lässt es sich ja vielleicht ein gutes Stück abseits parken, um nicht ganz so viel Aufheben um die Spurensuche zu machen.
Der Gambrinus-Brunnen zeigt das Waldschlösschen
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, sich das Waldschlösschen anzuschauen. Bei der Waldschlösschen Brauerei (aktuell noch immer geschlossen) gibt es ein Relief an einem Wandbrunnen. Der Brunnen ist in etwa 10 barrierefrei zurückzulegenden Minuten vom Waldschlösschen aus zu Fuß gut zu erreichen. Am schönsten über den Sudhausweg, der an das Waldschlösschen grenzt. Der Gambrinus-Brunnen zeigt nicht nur den germanischen Königssohn, welcher der Legende nach im 16. Jahrhundert das Brauereihandwerk revolutionierte und eigentlich begründete; auf ihm ist auch das Waldschlösschen sehr fassaden- und facettenreich abgebildet. Eingerahmt wird der Brunnen von wechselseitig verlaufenden Treppen, die hinauf zur Brauerei führen, an der zeitnah wieder die Terrasse mit Freisitz eröffnen soll. Dann lässt es sich hier bei gut-bürgerlicher Küche und einem ehrlichen Bier sicher gut aushalten. Wir freuen uns drauf!
Vom Waldschlösschen zum Aussichtsturm in der Dresdener Heide
Wir sind aber noch immer auf der Suche nach dem wahren Waldschlösschenblick. Wenn Sie noch etwas Zeit haben, empfehlen wir Ihnen unbedingt, sich noch einmal kurz zum Reisebus zu begeben und mit diesem die Radeberger Landstraße in Richtung Dresdener Heide zu fahren. Schon nach 2 km kommen die letzten Häuser (auf der rechten Seite das Restaurant Historisches Fischhaus), nach einem weiteren Kilometer ein Wanderparkplatz, an dem auch ein Reisebus parken kann. Von hier aus können Sie auf beschilderten Wanderwegen den etwa 1 Kilometer entfernten Wolfshügelturm erreichen. Oder genauer gesagt, was von ihm noch übrig ist. Er wurde 1911 von dem Dresdener Stadtbaurat und Architekten Hans Erlwein (1872-1914) errichtet und zählte zu den großartigsten Ausflugszielen in der Dresdener Umgebung. Von ihm hatte man einen einzigartigen Waldschlösschenblick und von seinen Trümmern aus (1945 sprengten ihn die Wehrmachtsoldaten bevor die Russische Armee in die Stadt einrückte) kann man noch heute auf die Waldschlösschenbrücke schauen. Es gibt Pläne zur Wiedererrichtung des einst 25 Meter hohen Aussichtsturmes. Schon seit 1886 gab es einen Vorläufer aus Holz. Möglicherweise findet sich ja auch ein mutiger Nachfolgentwurf und so können Sie vielleicht schon bei einem Ihrer nächsten Dresdenbesuche den besten Ausblick auf das Elbtal mit seinen Elbauen und auf die Dresdener Altstadt am schon etwas fernen Horizont genießen!
Hinweise
Beim Historischen Fischhaus können Sie durchaus etwas vornehmer essen gehen. Es gibt Wild- und Fischgerichte. Für Reservierungen wählen Sie bitte die 0351-899100. Die Adresse lautet: Fischhausstraße 14, 10999 Dresden
Lesenswert
Es gibt einen im Heimatbuchverlag erschienenen Band mit dem Titel: Der Wanderführer, Dresdener Heide: Heimatkundlicher Wander- und Touristenführer. Erschienen ist er 2012 und er kostet keine 15€