Zu den Feiertagen hat man Lust auf Glanz und Glitzer, Musik und gute Laune.
Wo gibt es in Berlin eine wirklich Komische Oper für alle?
Wo verbinden sich Tradition und Avantgarde am schönsten?
Im Ost-Berlin der sechziger und siebziger Jahre hatten meine Eltern eine Zeitschrift im Heft-Format abonniert. Sie hieß Wohin in Berlin? und enthielt die Spielpläne sämtlicher Berliner Bühnen, der Kinos und Tipps für Restaurants und Vorträge. Sobald ich lesen konnte, studierte ich also die Spielpläne der Theater und Opernhäuser und entzifferte so seltsame Stücktitel wie Die Nase, Der Fiedler auf dem Dach, Schwarze Vögel, Juno und der Pfau, Die Liebe zu den drei Orangen und Ein Sommernachtstraum: Das sind nur einige Titel, die mir spontan einfallen. Jedenfalls weckten diese mir seltsam erscheinenden Satzzusammensetzungen meine Neugier. Später gingen wir mit der Schule ins Theater. Anfangs ins Kinder- und Jugendtheater, das Theater der Freundschaft, das heute Theater an der Parkaue heißt, und später in alle Berliner Bühnen – ins Deutsche Theater, die Kammerspiele, das Maxim Gorki Theater, das Metropol Theater und in die Komische Oper. Wir hatten ein Theateranrecht.
Theateranrecht in Berlin-Mitte und die Weltfestspiele 1973
Das hieß, unsere Klassenlehrerin Frau Müller organisierte, dass wir alle zwei Monate für wenig Geld ein Theater besuchten und anschließend über das Stück miteinander redeten. So gingen wir auch in die Komische Oper. Es war während der Weltfestspiele im Sommer 1973. Weltfestspiele – das bedeutete, dass 25 000 junge Menschen aus 140 Ländern in Ost-Berlin zu Gast waren, einer Stadt, in der sonst Weltläufigkeit abgeschrieben war. Die Straßen waren voller Menschen und wir gingen in die Komische Oper, in den Sommernachtstraum nach Shakespeare von Benjamin Britten in der damals schon berühmten Inszenierung von Walter Felsenstein. Ja, was soll ich sagen? Ich war von zu Hause an Musik gewöhnt, mein Vater spielte in einem Laienorchester mit und meine Mutter sang im Kirchenchor – in der Oper war ich auch schon gewesen – aber diese geheimnisvollen Bilder konnte ich spontan nicht entziffern und als meine Schulfreundin Astrid W. sagte: „Komm wir gehen einfach. Ich finde es langweilig. Ich hab keine Lust mehr!“, konnte ich ihr nicht widersprechen und wir gingen in der Pause raus aus dem Theater auf die Straßen Berlins. Dort erlebten wir unseren eigenen kleinen, wirklich harmlosen – aber Sommernachtstraum! Die Jugend der Welt war in Berlin zu Gast und suchte Gesellschaft von Berlinerinnen. Es wurde geraucht und Bier und sonst was getrunken. Wir waren fünfzehn.
Ohne moralisch über mich selbst zu urteilen, muss ich doch heute sagen, dass es mir etwas leidtut, dass ich den Sommernachtstraum damals nicht zu Ende gesehen habe, denn die Inszenierung ist sehr berühmt.
Oper ist mit das Nachhaltigste, was es überhaupt gibt. Das sieht man schon daran, dass ich mich nach fast fünfzig Jahren immer noch an den Abend erinnere.
Außergewöhnliches Musiktheater, das Spaß macht
Zurück zur Komischen Oper – die Komische Oper, im Herzen der Hauptstadt zwischen Brandenburger Tor und Museumsinsel, steht für zeitgemäßes und außergewöhnliches Musiktheater, das alle Schichten der Bevölkerung anspricht. Das Motto des Hauses Eine für alle sagt, was damit gemeint ist. Nicht allein, dass jeder Besucher direkt an seinem Sitzplatz von einem Display die Untertitel, sprich den Text dessen, was die Sänger singen, mitlesen kann – man kann die Sprache auswählen: englisch, französisch oder türkisch. Ich finde, das ist Programm für eine vielfältige – und weltläufige – Stadt. Das Kulturradio des rbb sagte: „Die Komische Oper Berlin ist das Haus mit dem interessantesten Publikum der Stadt… und es ist ein Haus, das einen immer wieder überrascht.“
Mit dem Namen Komische Oper knüpft der Gründervater Walter Felsenstein an die Unmittelbarkeit und Volksnähe der französischen Opera comique an. Felsenstein lebte von 1901 bis 1975. Er erarbeitete darstellerisch ausgefeilte Inszenierungen, wie sie bislang nur dem Schauspiel vorbehalten waren, und befreite die Sänger von vielen Konventionen. Die Oper wurde durch seine Theaterarbeit erst interessant. Der Zuschauer konnte nun die Story des jeweiligen Stückes verfolgen, die Konflikte der Figuren miterleben, ohne zuvor den Opernführer gelesen zu haben – die Texte, die die Sänger singen, verstehen. Der Zuschauer hört und sieht nun nicht nur Sänger, die schön oder weniger schön singen, sondern erlebt das ganze musikalische Kunstwerk als „Kraftwerk der Gefühle“, wie Alexander Kluge die Oper beschreibt. Walter Felsenstein entwickelte und etablierte den Begriff Musiktheater für die Oper.
Davon profitieren wir bis heute. Der australisch-deutsche Opern- und Theaterregisseur Barrie Kosky leitet die Komische Oper seit 2012 sehr erfolgreich.
Man kann sich glücklich schätzen, wenn man hier in dem schönen neobarocken Zuschauerraum der bekannten Theaterarchitekten Hermann Helmer und Ferdinand Fellmer eine Karte ergattert hat. Die Plätze sind sehr begehrt!
Hinweis
Die Komische Oper ist barrierefrei zugänglich und natürlich auch mit einem Bus zu erreichen.