Nach unserem interessanten Besuch des imposanten Kronprinzenpalais am belebten Prachtboulevard Unter den Linden wollen wir uns jetzt auch dessen elegantes Pendant, das benachbarte Prinzessinnenpalais, anschauen, wofür wir lediglich einige Schritte in Richtung des Brandenburger Tors spazieren müssen.
Als der Architekt Friedrich Wilhelm Dieterich zwei im Jahre 1733 in exquisiter Lage am Boulevard Unter den Linden kurz zuvor erbaute Wohnhäuser miteinander verband, war das repräsentative Prinzessinnenpalais „geboren“ worden. Durch den von Dieterich hinzugefügten, reich dekorierten, mit einer doppelläufigen Freitreppe, Balkon und Wappenkartusche versehenen Mittelbau entstand das schmale, langgestreckte Barockpalais, wie wir es heute vor uns haben. Das zweigeschossige Palais ist mit einem Mansardendach gedeckt, seine Fassaden sind durch Haupt- und Nebenrisalite dezent aufgelockert.
Repräsentativer Abschluss des Palais – der klassizistische „Kopfbau“ am Linden-Boulevard
Im frühen 19. Jahrhundert fand die kleine Residenz an ihrer zur Straße Unter den Linden 5 hin gelegenen Schmalseite mittels einem im klassizistischen Baustil errichteten Kopfbau ihren repräsentativen Abschluss. Architekt Heinrich Gentz, der im Auftrag König Friedrich Wilhelms III. den zweigeschossigen Kopfbau konzipiert hat, verband zudem durch eine überdachte, in Form eines Schwibbogens konstruierte Brücke das Kronprinzen- mit dem Prinzessinnenpalais. Erst nach der Fertigstellung dieses Verbindungsganges zum Kronprinzenpalais ist auch der Name Prinzessinnenpalais gebräuchlich.
Wechselnde Bewohner im Prinzessinnenpalais
Nach dem Ende der durchgeführten Erweiterungsarbeiten zogen ab dem Jahre 1810 drei Töchter Friedrich Wilhelms III. in das Prinzessinnenpalais ein. Es waren dies die beiden Prinzessinnen Alexandrine und Luise sowie die älteste Tochter Charlotte, die durch Heirat, Konfessions- und Namenswechsel die spätere Zarin Alexandra Fjodorowna von Russland werden wird. Nachfolgend wohnten weitere Mitglieder des Königshauses genauso wie hohe Staatsbeamte in der schmucken Residenz am pulsierenden Linden-Boulevard bis zum Ende der preußischen Monarchie im Jahre 1918.
Exponate des Schinkelmuseums fanden im Prinzessinnenpalais einen neuen Platz
Im Jahre 1931 wurde nicht nur der 150. Geburtstag des genialen Architekten Karl Friedrich Schinkel gefeiert, sondern auch die diversen Exponate des Schinkelmuseums fanden im Prinzessinnenpalais ihre neuen Ausstellungsräume. Als das Palais gegen Ende des Zweiten Weltkrieges durch alliierte Bombenangriffe bis auf einige aufrechtstehende Außenmauern komplett ausgebrannt war, wurden unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten die noch erhalten gebliebenen Relikte gewissenhaft dokumentiert, Abgüsse von einzelnen Segmenten genommen und die Ruine anschließend behutsam abgetragen.
Wiederaufbau des Prinzessinnenpalais als Operncafé
Einige Zeit nach dem Abbruch der alten Bausubstanz wurden am Anfang der 1960er Jahre durch Richard Paulick die ursprünglichen Fassaden des Prinzessinnenpalais originalgetreu wieder aufgebaut und eine gartenseitige Terrasse, die den Namen Operncafé erhielt, hinzugefügt. Paulick und seine versierten Handwerker veränderten und modernisierten zudem die Innenräume des einstigen Palais, so dass jene ihrem neuen Charakter als mondänes Operncafé gerecht werden konnten. In das Treppenhaus des Gebäudes fügte Paulick ein schmiedeeisernes Geländer aus dem 18. Jahrhundert ein, das sich zuvor im Schloss Buch im hohen Norden Berlins befunden hatte. Darüber hinaus wurde der bereits 1733 angelegte Garten des Prinzessinnenpalais neu gestaltet und bepflanzt.
Vom Operncafé zum Palais Populaire
Dort, wo in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die drei Töchter von Friedrich Wilhelm III. residierten und nach dem Zweiten Weltkrieg das illustre Operncafé seine zahllosen Gäste bewirtete, hat sich mit dem Palais Populaire jetzt ein neues Refugium für Kunst und Kultur entwickelt. Seit dem Ende der 1990er Jahre zeigte die Deutsche Bank immer wieder interessante Ausstellungen zeitgenössischer Kunst in Berlin, wofür sie am Beginn der 2010er Jahre durch das renommierte Architekturbüro Kuehn Malvezzi die repräsentablen Räume des Operncafés im einstigen Prinzessinnenpalais zum heutigen Palais Populaire umgestalten ließ. Nach den sorgfältig durchdachten Intentionen der Veranstalter sollen nicht nur Tradition und Moderne miteinander verbunden werden, sondern auch die lokale und die internationale Kultur finden hier unter einem gemeinsamen Dach zueinander. Dabei werden neben musischen auch sportliche Talente gefördert.
Das Palais Populaire bietet seinem vielgestaltigen Publikum ein breit gefächertes Programm an, das die verschiedensten Aspekte der lebendigen Gegenwartskultur berücksichtigt. Einerseits werden die Bildende Kunst aus der bedeutenden Sammlung der Deutschen Bank in abwechselnden Expositionen gezeigt, andererseits wird auch ein buntes Potpourri an Literatur, Musik und Tanz bei gut besuchten Vernissagen dargeboten. Demnach sieht sich das Palais Populaire als ein global vernetztes Forum für all jene, die Kultur und Sport interdisziplinär auffassen.
Hinweis
Weil zum Haupteingang am sogenannten Mittelrisalit in der Oberwallstraße 1-2 ein steiler Treppenaufgang führt und die Terrasse des einstigen Operncafés an der rückwärtigen Gartenseite ebenfalls nur über einige Stufen erreichbar ist, muss das Prinzessinnenpalais, das heutige Palais Populaire, bedauerlicherweise als nicht barrierefrei bezeichnet werden.
Öffnungszeiten
Montag & Mittwoch: 11:00 – 18:00 Uhr
Dienstag: geschlossen
Donnerstag: 11:00 – 21:00 Uhr
Freitag – Sonntag: 11:00 – 18:00 Uhr
Lesenswert
Heckmann, Hermann: Baumeister des Barock in Brandenburg-Preußen. Berlin 1998
Pilz, Georg: Kunstführer. Leipzig • Jena • Berlin 1972