Zum Start seiner Serie über Zisterzienserklöster erkundet unser Buskompass Autor die großen Gemeinsamkeiten und kleinen Unterschiede zwischen den Männer- und Frauenklöstern.
Es dürfte nicht verwunderlich sein, dass recht bald nach der im 11. Jahrhundert erfolgten Gründung des Zisterzienserordens auch religiöse Frauen den dringlichen Wunsch besaßen, in jenen sich rapide ausbreitenden Reformorden einzutreten. Prinzipiell lebten die Zisterziensernonnen nach den gleichen Grundsätzen wie die Männergemeinschaften. Allerdings lagen ihre Frauenklöster – im Gegensatz zu den Männerabteien – in der näheren Umgebung von Städten und Dörfern. Indessen finden wir mitunter auch innerhalb von Ortschaften Nonnenklöster des Ordens vor. Ihre gebotene Einsamkeit und Abkehr von der dinglichen Welt wurde durch hohe Klostermauern gewährleistet. Sowohl den Nonnen- als auch den Männerkonventen waren zudem die Ortsgebundenheit beziehungsweise die Kontinuität des Ortes auferlegt worden, die wir in der lateinischen Sprache des Mittelalters als Stabilitas loci bezeichnen. Vereinfacht ausgedrückt hatten mittelalterliche Zisterzienserinnen und –mönche hinter ihren schützenden Klostermauern zu bleiben und sollten sich nicht in die sündige Stadt begeben. Ausschließlich den ebenfalls in den Nonnenzisterzen lebenden Pröpsten, den Verwaltern, und den Konversen, den Laienbrüdern oder –schwestern, war es erlaubt, an Markttagen eine Ortschaft aufzusuchen, um dort Handel zu treiben und anfallende Dienste für die Chornonnen zu erledigen.
Weitere Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Nonnen- und Männerklöstern der Zisterzienser
Die Organisation der innerhalb der Klosteranlagen liegenden Gebäude erfolgte auch in den Nonnenabteien nach dem allseits verbindlichen zisterziensischen Grundplan. Weil für die Zisterzienserinnen die gleichen Reglementierungen wie für die Mönche galten, wurden auch in den Frauenklöstern zwischen adligen und großbürgerlichen Chornonnen sowie den meist bäuerlichen Laienschwestern unterschieden, die in getrennten Bereichen innerhalb der Klausur lebten. Demzufolge stellen wir fest, dass sich die architektonische Gestaltung des gesamten Klosterkomplexes in formaler Hinsicht an den Prinzipien der Männerklöster orientierte. Hingegen mussten bei der baulichen Konzeption einige zusätzliche Vorgaben berücksichtigt werden. Während in Männerklöstern keine Frauen zugelassen waren, lebten in Nonnenklöstern auch Männer. Bekanntermaßen benötigten die Zisterziensernonnen einen Priester und Beichtvater, einen Propst für die Verwaltung des Klosters sowie männliche Konversen, die die schweren Arbeiten in den diversen Werkstätten, zum Beispiel in einer Schmiede, und auf den klostereigenen Feldern übernahmen.
In der in der niederösterreichischen Gemeinde Zwettel stehenden Stiftskirche befindet sich der von dem Augsburger Jörg Breu dem Älteren im 16. Jahrhundert bemalte Bernhardsaltar, auf dem Szenen aus dem Leben des legendären Zisterzienserabts, des Heiligen Bernhard, dargestellt sind. Wir sehen eine emsige Gruppe Konversen – von denen einer einen nur Laienbrüdern erlaubten Vollbart trägt – bei ihrer täglichen Tätigkeit auf den klösterlichen Feldern.
Um möglichst wenig Kontakt zu den Nonnen zu haben, wohnten folgende männlichen Personengruppen in eigenen Gebäuden auf dem Klosterareal. Während die Konversen in den Wirtschaftsgebäuden untergebracht waren, stand dem Verwalter ein komfortables und repräsentatives Propsteigebäude zur Disposition. Ein ansehenswertes Beispiel für ein noch intaktes klösterliches Verwaltungsgebäude befindet sich in der südbrandenburgischen Stadt Mühlberg an der Elbe im heutigen Landkreis Elbe-Elster. Es handelt sich um die nunmehr als interessantes Stadtmuseum genutzte Neue Propstei der früheren Zisterziensernonnen-Abtei Marien- oder Güldenstern.
Schließlich konnte der Priester und Beichtvater aus der benachbarten Kirchengemeinde kommen, mit dem sich die Nonnen bisweilen auch die örtliche Pfarrkirche teilten.
Architektonische Besonderheiten der Klosterkirche – das Gitter des Chores und die Nonnenempore
Um innerhalb der Klosterkirche eine konsequente Abtrennung des Jungfrauenkonvents von den Laienschwestern zu gewährleisten, gab es unterschiedliche Lösungsansätze. Zum einen konnte der Kirchenraum vertikal oder auch horizontal unterteilt sein, indem der westliche Abschnitt des Langhauses beziehungsweise ein Querhausarm durch eine ganze Wand mit Fenstern oder mittels eines wandhohen Gitters abgetrennt wurden. In diesem Zusammenhang soll das barocke Gitter im ehemaligen Nonnenchor der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt der bedeutenden Zisterzienserinnen-Abtei Oberschönenfeld im schwäbischen Gessertshausen erwähnt sein, die im Landkreis Augsburg liegt.
Häufig besaßen Frauenkirchen – entweder in ihrem Langhaus oder in dem Dormitorium, dem Schlafsaal, zugewandten Querhausarm – eine auf halber Höhe eingezogene Empore, von der aus die frommen Jungfrauen den Gottesdienst verfolgen konnten, ohne selbst gesehen zu werden. Jene Emporen wiesen, analog der in den Männerklöstern eingebauten Nachttreppen, eine direkte Verbindung zum Dormitorium auf. In der im niedersächsischen Landkreis Celle gelegenen Sankt-Marien Kirche des beachtenswerten Zisterzienserinnen-Klosters Wienhausen hat sich eine vergleichbare Nonnenempore mit der Prieche der Äbtissin bis in unsere Tage erhalten. Entgegen den strengen Regeln des Zisterzienserordens wurde die Wienhausener Empore aber mit prächtigen Malereien ausgeschmückt.
Architektonische Besonderheiten der Kirche eines Nonnenklosters – das fehlende Querhaus und nicht vorhandene Ostkapellen
Die Grundform der Kirchen in den Klöstern der Zisterziensernonnen folgte keinem bestimmten architektonischen Baumuster. Es gibt Saalkirchen, aber auch basilikale oder einfache kreuzförmige Grundrisse. Oftmals fehlen hingegen das Querhaus und die Ostkapelle, weil die Nonnen nicht die Priesterweihe empfangen konnten und damit die Verpflichtung zu den täglichen Privatmessen obsolet war.
Hinweis
Zisterzienser-Nonnenkloster Marienstern, ehemals Güldenstern · Güldenstern 1 · 04931 Mühlberg (Elbe) · Landkreis Elbe-Elster
Lesenswert
Dehio, Georg: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Brandenburg. München & Berlin 2000