Schafe im Klostergarten, Kühe und Pferde im Klosterhof und eine falsche Orgel in der Klosterkirche. Wir verraten Ihnen, ob uns bei unserem Besuch in der Magdeburger Börde jemand an der Nase herumführen möchte. Willkommen in Andersleben!
Anders leben ist vielleicht der Wunsch vieler. Ob es dafür ein erster Schritt sein kann, die Gemeinde Andersleben in der Magdeburger Börde zu besuchen, müssen Sie entscheiden. Ehrlich gesagt handelt es sich bei Andersleben um nicht viel mehr als die Ansiedelung eines landwirtschaftlichen Betriebes, einer Spedition und einer fast nicht mehr als solche erkennbaren winzigen denkmalgeschützen ehemaligen Kirche. Anfang des 20. Jahrhunderts entstand diese kleine Ansammlung von Gebäuden, damals lebten hier auch noch fast 100 in der Landwirtschaft arbeitende Menschen. Heute liegt die Motorsportarena von Oschersleben nur wenige Hundert Meter entfernt. Wir passieren diesen ansonsten heiteren und vielversprechenden Namen, wenn wir bei unserem heutigen Ausflug mit dem Reisebus entlang der B 246 von Hamersleben nach Hadmersleben fahren.
Kloster Hadmersleben und Kloster Hamersleben liegen nicht weit entfernt vom Brocken
Ob wir unseren Ausflug am Kloster Hadmersleben am westlichen Ende der Magdeburger Börde beginnen oder beim Kloster Hamersleben starten, welches zum ostbraunschweigischen Hügelland gezählt wird, ist einerlei. Schließlich liegen die beiden geweihten Orte nur etwa 20 Minuten mit dem Reisebus voneinander entfernt. Das ehemalige Benediktinerkloster Hadmersleben liegt näher bei Magdeburg, das ehemalige Augustinerkloster Hamersleben näher an Braunschweig. Hier gibt es viele weite Felder, es ist eine von Landwirtschaft geprägte Region. Die Gegend wird nach Süden hin von dem in West-Ost-Richtung verlaufenden Harz begrenzt, selbst der Brocken ist bei gutem Wetter in der Ferne zu erblicken.
Kloster Hadmersleben und Nonnen in Samt und Seide
Wir schauen uns zunächst beim Kloster Hadmersleben um. Stadtrechte gab es hier im späten 14. Jahrhundert, erwähnt wurde der Ort allerdings nachweislich bereits im Jahr 961. In der Zeit wurde auch das ehemalige Benediktinerkloster gegründet. Der westliche Flügel und die Krypta stammen noch aus dem 11. Jahrhundert. Der Chor stammt aus dem 14. Jahrhundert und es gibt einen barocken Hochaltar zu bestaunen. Das heute überwiegend als Gymnasium genutzte Kloster kann nach Absprache separat oder gemeinsam mit der Klosterkirche St. Peter und Paul besichtigt werden. Dabei können Sie einen Blick in den sogenannten Kapitelsaal werfen. Hier trafen sich die Nonnen bei klösterlichen Versammlungen. Nicht zuletzt ihm verdankt das Kloster Hadmersleben, dass es heute an der Straße der Romanik liegt. Bis zu 80 Nonnen lebten und arbeiteten im Kloster Hadmersleben; davon zeugen auch 300 Jahre alte Ausstellungsstücke in einem von Intarsien überzogenen Barockschrank. Die Gewänder für die Heiligen Messen wurden aus edlen Stoffen wie Seide, Samt und Damast gefertigt. Überwerfen dürfen Sie die wertvollen Stücke leider nicht, aber sie sind schon für die Augen eine Pracht. Hinzu kommt der historische Wert.
Die fruchtbaren Böden bei Kloster Hadmersleben
Spannend ist es auch, die weitere Geschichte von Kloster Hadmersleben zu erfahren: die langgezogenen Gebäude und seine flügelige Anordnung erinnern an einen Guts- und Landwirtschaftshof und damit liegen wir auch genau richtig. Schon die Nonnen mussten vor fast 1000 Jahren dafür Sorge tragen, dass die fruchtbaren Böden der Magdeburger Börde bewirtschaftet werden. Sie selbst pflegten selbstverständlich den Klostergarten mit Kräutern, Heilpflanzen und Gehölzen. Das ging über Jahrhunderte so, bis das Kloster schließlich im frühen 19. Jahrhundert zum Rittergut wurde. Es war die Zeit der Napoleonischen Kriege. 1885 lag der Fokus wieder auf der Landwirtschaft, ein Getreidezuchtbetrieb entstand. In dieser Tradition ist es auch zu verstehen, dass zu DDR-Zeiten hier ein Getreideforschungszentrum und Pflanzenzuchtinstitut betrieben wurde. Ob dabei auch hochprozentig destilliert wurde oder ob man sich auf die Ernährungssicherheit beschränkte, ist nicht bekannt.
Die kunstvolle Klosterkirche von Kloster Hamersleben
Fahren wir nun mit dem Reisebus über die vielbeschworene Straße der Romanik weiter nach Hamersleben, kommen wir nicht nur am bereits erwähnten Andersleben vorbei, sondern wir gleiten auch durch die flache Landschaft der Magdeburger Börde. Nach Süden immerhin erhebt sich bei einem Blick aus dem Reisebusfenster der Harz. Dort liegen Bad Harzburg, Wernigerode, Blankenburg und Quedlinburg. Auch sehr schöne Ausflugsziele, die sich im Sommer 2023 vielleicht sogar anbieten: denn das Kloster Hamersleben ist zurzeit wegen Sanierungsarbeiten geschlossen. Auch wenn es in der Regel in den Sommermonaten von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr und in den Wintermonaten von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet hat. Also erkunden Sie sich bitte vor einem Besuch nach dem aktuellen Stand der Besichtigungsmöglichkeiten. Wenn Sie erfolgreich sind, bekommen Sie einen Einblick in die Geschichte von St. Pankratius, die dem gleichnamigen enthaupteten Märtyrer der römisch-katholischen Kirche gewidmet wurde. Der glanzvolle und weiß getünchte Hauptchor wird von einer Säulenbasilika getragen, ein taubengraues massives Taufbecken nimmt im Zentrum einen dominanten Platz ein. Die Nebenchöre sind von Tonnengewölben überspannt.
Kloster Hamersleben und die falsche Orgel
Sehr sehenswert ist außerdem der Prospekt der Orgel aus dem Jahr 1688. Der Prospekt ist, die profane Bemerkung sei erlaubt, ähnlich wie bei einem Geschäft oder einer Werbeanzeige die Außendarstellung. Das Innere bleibt zunächst verborgen. Im Lateinischen bezeichnet prospektus schlicht Aussicht oder Ansicht. Das ist in unserem heutigen Fall so erwähnenswert, weil es sich bei der Orgel in der Klosterkirche von Kloster Hamersleben lediglich um eine Illusion handelt. Natürlich wurde die Orgel über Jahrhunderte gespielt, doch Mitte des 20. Jahrhunderts war Schluss damit. St. Pankratius war damals nahezu baufällig und Gemäuer stürzte in und auf die wertvolle Orgel. Der Orgelprospekt selbst konnte im Laufe der Jahrzehnte und der jüngeren Vergangenheit zwar restauriert werden (auch die zwischenzeitlich eingelagerten Orgelpfeifen hängen wieder an ihrem Platz), aber die Orgel hat eben kein Innenleben. Das sogenannte Orgelwerk existiert nicht mehr und wurde auch nicht wieder ersetzt. Wir betrachten also eine aus rein ästhetischen Gründen in der Klosterkirche belassene Orgel. Wir finden: nicht die schlechteste Entscheidung!
Hinweise
Das Kloster Hamersleben und die Klosterkirche St. Pankratius finden Sie am Klosterhof 8 in 39393 Hamersleben
Die Öffnungszeiten von Kloster Hamersleben entnehmen Sie bitte dem Text. Wann das Kloster und die Klosterkirche St. Pankratius wieder besichtigt werden können, erfahren Sie beim Pfarramt unter der Rufnummer: 039401-483
Das Kloster Hadmersleben und die Klosterkirche St. Peter und Paul finden Sie in der Planstraße 36 in 39387 Oschersleben (Ortsteil Hadmersleben). Für Führungen können Sie sich unter der Rufnummer 039408-5232 anmelden, möchten Sie lediglich eine Führung durch die Klosterkirche St. Peter und Paul, dann wählen Sie bitte die Rufnummer 039408-93989
Für eine bodenständige, leckere und bezahlbare Küche empfehlen wir Ihnen, den Landgasthof Muhl in 39397 Kroppenstedt. Der Ort liegt nur vier Kilometer südlich von Hadmersleben. Für Reservierungen rufen Sie den Landgasthof bitte unter folgender Telefonnummer an: 039264322 Hier bekommen Sie deutsche Küche von Schnitzel bis Wildschweinbraten. Für Vegetarier gibt es überbackenen Camembert, Kartoffelecken und knackige Salate. Adresse: Straße der Freundschaft 13D, 39397 Kroppenstedt