Beethoven, Haydn, Mozart. Das Leipziger Musikviertel verewigt große Komponisten mit seinen Straßennamen. Aber auch den anderen schönen Künsten neben der Musik begegnen Sie auf unserem Ausflug.
Die Kunsthochschule und das Literaturinstitut sind hier fußläufig mit der alten ehrwürdigen Universitätsbibliothek Albertina verbunden.
Prächtige Architektur aus dem 19. Jahrhundert, wohin das Auge auch blickt.
Wenn Sie in Richtung der Beethovenstraße schlendern, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihnen aus einem Innenhof die Klänge eines Klaviers, das Streichen einer Bratsche oder die Stimmen einer Gesangsprobe entgegenfliegen. Denn hier befindet sich die Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy. Es wird eifrig geprobt. Internationale Studierende, die es geschafft haben, die Aufnahmeprüfungen zu bestehen, entwickeln sich zu den Musikerinnen und Musikern von morgen. Vielleicht spielen sie ja später einmal im berühmten Leipziger Gewandhaus?
Woher das Musikviertel seinen Namen hat
Wussten Sie, dass das heutige Gewandhaus schon das dritte seiner Art ist? Das erste Gewandhaus befand sich direkt in der Leipziger Altstadt. Es wurde bis 1886 für Konzerte genutzt. Dem zweiten Gewandhaus verdankt das Leipziger Musikviertel, das wir heute erkunden, seinen Namen. Allerdings existiert es nicht mehr. Es wurde 1884 von dem seinerzeit bekannten deutschen Architekten Martin Gropius erbaut. Dessen Großneffe Walter Gropius sollte als Bauhaus-Architekt übrigens noch deutlich größeren Ruhm erlangen. 1944 wurde das zweite Gewandhaus bei Luftangriffen auf Leipzig völlig zerstört. Ebenso das ehemalige Konservatorium am Standort der heutigen Musikhochschule. Zwischen der Beethovenstraße und der Mozartstraße befindet sich das Geisteswissenschaftliche Zentrum der Universität Leipzig an dem Ort, an dem eben dieses Gewandhaus stand. Auferstanden aus Ruinen ist das freie Denken hier also. Entsprechend trubelig und studentisch geht es hier zu. Fahrräder stehen kreuz und quer, es wird sich zugerufen, auf der Straße gegessen und telefoniert. Gelernt wird aber natürlich auch – und in was für einem Prachtbau! Vom Krieg ebenfalls beschädigt wurde die 1891 eingeweihte Bibliotheca Albertina letztlich erst in den 90er Jahren originalgetreu rekonstruiert. Als große Universitätsbibliothek selbstverständlich barrierefrei zugänglich, ist sie öffentlich nutzbar. Wenn Sie als Gruppe vorbeikommen, können Sie auf jeden Fall einen Blick in die prächtige Eingangshalle mit seinen riesigen Freitreppen werfen. Das Gebäude besteht aus vier Flügeln und erstreckt sich über vier Etagen. In einem leuchtenden Weiß beeindruckt der über 100 Meter lange Bau. Die ehemaligen Innenhöfe wurden überdacht und haben sich in Lesesäle verwandelt. Da bekommt jeder Besucher Lust aufs Studieren.
Das Bundesverwaltungsgericht
Aber dafür sind wir heute nicht mit dem Reisebus ausgerückt. Wir wollen noch etwas mehr von dem Stadtteil erkunden, der mit seiner Dichte an Gebäuden für Künste und Wissenschaft zu beeindrucken weiß. Wir biegen von der Beethovenstraße nach der Albertina wieder nach Norden ab und kommen dabei auf der rückwärtigen Seite des Bundesverwaltungsgerichtes entlang. Optisch ist es bis auf die nicht vorhandene gläserne Kuppel dem Berliner Reichstagsgebäude durchaus ähnlich. Natürlich können wir den mächtigen, in seiner Architektur an die späte Renaissance angelehnten Bau auch umrunden, aber dafür müssen wir dann ein paar Minuten mehr einplanen. Hier haben alle Gebäude eine mächtige Ausdehnung und man fühlt sich mitunter ganz klein. Die Kehrseite prunkvoller, großer Architektur.
Kunst und Literatur im Musikviertel
Und so geht es weiter. Wir kommen an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) vorbei. Der wohl berühmteste Absolvent und Stellvertreter der sogenannten figürlichen, symbolischen und medienwirksam Neue Leipziger Schule genannten Malerei ist Neo Rauch. In selbigen hat sich dieser zwischenzeitlich gehypte Trend allerdings seit einiger Zeit bereits aufgelöst. Und so wenden auch wir uns an dieser Stelle ab, oder vielmehr um und werfen zur Abwechslung mal einen Blick auf eine kleine Villa, die das Leipziger Literaturinstitut beherbergt. Schriftsteller wie der Leipziger Clemens Meyer oder auch Juli Zeh, Matthias Nawrat und Saša Stanišić haben hier studiert.
Spaziergang durch das Musikviertel
Wir kommen am Bläserhaus der Musikhochschule, an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur und am Garten der Galerie für Zeitgenössische Kunst vorbei. Wir wollen aber nochmal richtig eintauchen ins Musikviertel mit seinen klangvollen Straßennamen. Haydnstraße, Robert-Schumann-Straße, Telemannstraße. Alle sind sie hier versammelt. Und auch wenn es ganz vereinzelt Plattenbauten aus den 70er Jahren in das Stadtviertel geschafft haben, so ist es doch durch und durch geprägt von Gründerzeitarchitektur. Viele repräsentative Bauten aus der Zeit der Industrialisierung finden wir hier. Fast 50 Hektar groß ist das Musikviertel, das im Osten vom teilweise noch immer überbauten Pleißemühlgraben begrenzt wird. Eine Bausünde der DDR, die wir hier unkommentiert lassen wollen. Nach Norden hin wird der kleine Stadtteil vom Johannapark, nach Westen vom Clara-Zetkin-Park und nach Süden hin vom Scheibenholzpark mit seiner bekannten Galopprennbahn abgeschlossen. Gefühlt steht hier jedes Haus unter Denkmalschutz – und wahrscheinlich ist es auch so.
Das Musikviertel zwischen Historismus und Plattenbauten
Mit Ausnahme natürlich einzelner Stadthäuser, neudeutsch Townhouses, die sich in den letzten Jahrzehnten in die bestehenden Baulücken gedrängt haben. Den ästhetischen Abgesang der Bauarchitektur, quasi das Requiem des Musikviertels, bilden aber dann doch die ursprünglich teilweise 16-stöckigen Plattenbauten in südlicher Lage im Bereich Telemannstraße. Natürlich ist das Geschmackssache, aber der Kontrast zum Historismus (der sich architektonisch genauso kritisieren lässt), sticht hier schon fast im Wortsinne ins Auge. Wir aber lassen uns nach diesem schönen Spaziergang nicht betrüben, sondern besteigen unseren Reisebus, den wir am Rand des Musikviertels geparkt haben. Nach einem Tag, der uns viel Bewegung gebracht hat, machen wir uns etwas erschöpft, aber sehr zufrieden auf den Heimweg.
Hinweise
- Die Musikhochschule veranstaltet regelmäßig kleine Kammermusikveranstaltungen, musikalische Abende und Soloauftritte von Studierenden und etablierten Musikerinnen und Musikern. Erkundigen Sie sich doch einfach persönlich vor Ort, achten auf Aushänge oder schauen auf die Homepage.
- Die Musikhochschule hat seinen Haupteingang an der Grassistraße Nr. 8. Das Literaturinstitut befindet sich in der Wächterstraße Nr. 34. Gegenüber liegt die Kunsthochschule (HGB) und trägt die Hausnummer 11. Sie ist allerdings wegen ihrer Ausmaße und ihrer Leuchturmwirkung für die Stadt Leipzig ohnehin nicht zu übersehen. Die Universitätsbibliothek (Albertina) befindet sich in der Beethovenstraße Nr. 6. Auch sie ist nicht schwer zu entdecken, folgen Sie einfach den Strömen Studierender.
- Zum Essen gibt es einige Möglichkeiten. Sie befinden sich ja immerhin in einem studentisch geprägten Stadtteil. So gibt es beispielsweise georgische, koreanische und vietnamesische Restaurants im Musikviertel.