Wussten Sie, dass die meisten und berühmtesten Motorräder im Erzgebirge produziert wurden? Waren Sie schon mal bei einem Motorradrennen? Sagen Ihnen die Kürzel DKW, RT und MZ noch etwas? Mit dem Reisebus geht es heute gleich zu zwei Motorradmuseen in die Motorradstadt Zschopau!
Der Schlamm spritzt, das Geländemotorrad legt sich fast quer und bäumt sich dann doch wieder auf. Die Reifen bekommen endlich festen Grund zu fassen und die Maschine gibt Vollgas. Fast ist man versucht zu schreiben, Ross und Reiter jagen an einem vorbei. Und ganz falsch ist der Vergleich nicht, nur dass die ungezügelte Kraft durchaus 48 Pferdestärken auf die Räder bringen kann. Das sorgt bei gerade mal um die 160 kg Gewicht (plus Fahrer) für eine gewaltige Kraft. Und für einen satten Sound ohnehin. Dass es dabei quer durch unwegsames Gelände geht, macht das Ganze noch attraktiver. Jedenfalls verfolgen inzwischen jedes Jahr über 30.000 Zuschauer das sächsische Geländemotorradspektakel Rund um Zschopau. Enduros werden die Maschinen genannt, die im Prinzip umgebaute spezialisierte Straßenmotorräder sind. Geländegängigkeit, mehr PS, Stollen an den Reifen und Leichtbauweise zeichnen die Ausdauergefährte aus. Unter dem Namen Enduro gibt es sie erst seit den Siebzigern, aber natürlich hat eine solche Rennmaschine eine lange Vorgeschichte. Und die beginnt an unserem heutigen Ausflugsziel, in der Motorradstadt Zschopau im Erzgebirge.
Geländemotorräder aus Zschopau
Die Geschichte der später Enduros genannten Geländemotorräder beginnt in Zschopau im Erzgebirge. Es gibt zwei Museen, die sich der Historie widmen. Eines verkündet etwas großspurig, aber durchaus korrekt eine Zeitreise durch über 100 Jahre Geländemotorradgeschichte und präsentiert sich an historischem Ort. In den zwanziger Jahren wurde aus Stahlbeton das mehrere Etagen umfassende Stammwerk errichtet. Vorangegangen war die Gründung der Zschopauer Motorenwerke J.S. Rasmussen AG. Schon 1906 hatte der Däne Rasmussen (1878-1964) eine Tuchfabrik gekauft, die in der Nähe des Flusses Zschopau lag. Der begabte Ingenieur baute die Fabrik um und erweiterte das Werk. Auch eine Werkssiedlung für über 50 Familien entstand. Er machte seine Motorradmarke zum vorübergehend weltgrößten Motorradhersteller. Noch heute handelt es sich bei etwa 0,05 % aller in Deutschland zugelassenen Motorräder um Maschinen von DKW. Allesamt Oldtimer natürlich, was nicht verwundert, wenn man sich klarmacht, dass das Kürzel DKW anfangs für Dampfkraftwagen stand. Allerdings wurden nur ein gutes Dutzend solcher Gefährte zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts gebaut. Dank einer raffinierten Namensumbenennung (DKW stand nun für Des Knaben Wunsch) wurde ein Spielzeugmotor zum Kassenschlager; ein Zweitakter für experimentierfreudige Jungs. Und weiter ging die kuriose Namensumbenennung. Plötzlich stand DKW für Das Kleine Wunder und bezeichnete einen Antriebsmotor für Fahrräder. Ähnlich revolutionär war das damals wie die seit nunmehr über einem Jahrzehnt andauernde Erfolgsgeschichte der E-Bikes. Also auch Marketing ließ sich bereits von dem Dänen lernen – der Spruch: Das Kleine Wunder fährt bergauf wie andere runter! war schon damals überzeugend.
Zschopau, die DKW RT 125 und die MZ 125
Die richtige DKW Erfolgsgeschichte in Zschopau begann aber erst mit dem Bau der DKW RT 125. Eine bewegliche Maschine, die auch für das Gelände taugte und die dank der Zusammenarbeit von Rasmussen mit den Nationalsozialisten das Erfolgsmodell der Wehrmacht wurde. Jedenfalls führte dieser mehr als zweifelhafte Ruhm dazu, dass es eine Fortsetzung der Motorradbautradition in Zschopau gab, auch nachdem diese mit dem Kriegsende zeitweilig zum Erliegen gekommen war. Die Technik des Motorrads war einfach extrem ausgereift. Die IFA (der Industrieverband Fahrzeugbau der DDR) vermarktete Weiterentwicklungen als Volksmotorrad. Die später in MZ 125 umbenannte Maschine wurde über 300.000 Mal verkauft – eine Erfolgsgeschichte des VEB Motorradwerks Zschopau.
Zschopau und das Motorradmuseum auf dem Schloss
Das zweite Museum, welches für einen Besuch in Frage kommt, liegt sehr aufregend im Schloss Wildeck. Hier sind Motorradfahrerinnen und Motorradfahrer ausgesprochen willkommen und im Jahr 2022 gab es gerade erst die schöne Sonderausstellung mit dem griffigen Titel Wind im Gesicht – 100 Jahre Motorradbau in Zschopau. Wer die verpasst hat, kann sich aber weiterhin über einen Besuch freuen. Zwar darf man mit dem eigenen Motorrad sogar im Schlosshof parken, aber bei einem gemeinsamen Ausflug mit dem Reisebus kommt es sicherlich zu mehr Austausch, als wenn jeder für sich allein durch das Gelände des Erzgebirges knattert. Außerdem schließt ja das eine das andere nicht aus. Planen Sie doch einfach einen Besuch mit dem Bus und wenn es Ihnen gefallen hat (und Sie über einen Motorradführerschein und ein fossil angetriebenes Zweirad verfügen), dann kommen Sie einfach nochmal wieder. Zu sehen bekommen Sie jedenfalls fast 60 Motorräder aus der gesamten Zeit der Firmengeschichte. Und ganz nebenbei erleben Sie ein Jagdschloss, das in seinen Ursprüngen schon gut 800 Jahre alt ist. Der mittig gelegene Rundturm (Dicker Heinrich) ist das wahrscheinlich älteste Bauwerk des Gebäudeensembles, auch wenn er seine Turmspitze erst deutlich später erhalten hat. Und da sind die Sanierungsarbeiten, die nach der Wiedervereinigung Deutschlands anstanden, noch gar nicht erwähnt.
Hinweise
Am besten erreichen Sie das Deutsche Enduromuseum über die Abfahrt Zschopau Süd von der B 174 aus. Es liegt an der Marienberger Str. 189 B in 09405 Zschopau. Die Öffnungszeiten sind freitags bis sonntags sowie an Feiertagen von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr. E-Mail-Adresse: info@deutschesenduromuseum.de
Schloss Wildeck hat die Adresse Schloss Wildeck 1 in 09405 Zschopau. Kontakt aufnehmen können Sie unter der Rufnummer 03725-287170 oder unter der E-Mail-Adresse schloss@zschopau.de
Die Motorradausstellung auf Schloss Wildeck kostet 8 € (ermäßigt 4 €). Neu ist seit 2023 das Biker-Ticket. Für 25 € bekommen Sie Eintritt für das Motorradmuseum auf Schloss Wildeck, für das Enduromuseum in Zschopau, das Motorradmuseum auf Schloss Augustusburg und für das Museum für sächsische Fahrzeuge in Chemnitz.
Die Öffnungszeiten für das Motorradmuseum auf Schloss Wildeck sind von April bis Oktober von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr und verkürzen sich in den Wintermonaten um eine Stunde. Bei vorheriger Kontaktaufnahme (und mindestens 4 Teilnehmenden) gibt es auch Führungen durch das Museum und das Schloss. Der Schlossgarten hat von April bis Oktober von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr geöffnet und im Rest des Jahres lediglich bis 16.00 Uhr.
Da Schloss Wildeck nur über einen relativ kleinen Parkplatz für PKW und Motorräder verfügt, empfehlen wir Ihnen das größere Areal Parkplatz Gartenstraße. Von hier aus gelangen Sie über den Altmarkt zum Schloss.
Lesenswert
Eine Chronik voller Abbildungen verspricht das für 12,95 € erhältliche Buch IFA und MZ.
Nicht im wirklichen Sinne lesen, aber dafür spielen können Sie mit einem Motorrad-Quartett; solche Spielkarten mit Angaben zu PS, Hubraum und Maximalgeschwindigkeit gibt es reichlich auf dem Markt – zum Beispiel im Spielwarenladen oder im Buchhandel.