Der Gartenzwerg ist das Symbol deutscher Kleingartenkultur.
Dabei steckt noch so viel mehr hinter der Vergangenheit der Schrebergärten.
Am originalen Schauplatz ihrer Entstehung besuchen wir das Deutsche Kleingärtnermuseum.
Ein freudvolles Eintauchen in die Welt der Wimpel, Fähnchen und Laubenpieper.
Ein Plausch über den Gartenzaun, der Geschmack selbstangebauter Tomaten und das morgendliche Konzert der Singvögel. Wer kennt das nicht? Das Herz des Kleingärtners schlägt schnell höher, wenn er sich inmitten seiner grünen Oase zum Säen, Rechen und Ernten einfindet. Oder auch mal nur zum Entspannen und zum Grillabend mit den Nachbarn. Wir entführen Sie heute in das Epizentrum der Gartenzwerge, zu den Anfängen der Kleingartenkultur in Leipzig. Eine Stadt mit 600.000 Einwohnern, in der es sage und schreibe fast 300 Kleingartenanlagen mit insgesamt fast 100.000 Parzellen gibt. Und das hat natürlich seine Gründe.
Dr. Schreber – ein Pionier für die Kleingartenbewegung
Zwar wurde der allererste Kleingartenverein schon 1814 in Schleswig-Holstein gegründet, aber der richtige Durchbruch für die Bewegung erfolgte Mitte des 19. Jahrhunderts parallel zur sich verstärkenden Industrialisierung. Ein Ausgleich musste her. Bewegung an der Luft, Ertüchtigung, Spiel. 1865 wurde im Leipziger Johannapark auf der Schreberwiese damit begonnen. Benannt wurde sie nach dem Leipziger Arzt Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 bis 1861), der sich viel mit der Gesundheit und Entwicklung von Kindern befasste. Allerdings gilt er heute durchaus als sehr umstritten. Teilweise wird er als Vertreter einer sogenannten schwarzen Pädagogik gesehen, die insbesondere durch Drill und Züchtigung jungen Kinderseelen eher Schaden zufügte, als zu ihrem wirklichen Wohl beizutragen. Eine andere Zeit.
Das Kleingärtnermuseum und seine Geschichte
Die Schreberwiese musste jedenfalls nach wenigen Jahren weichen und am heutigen Standort im Leipziger Westen fand sich 1876 ein neuer geeigneter Platz. Das heute denkmalgeschützte und zu Beginn der 90er Jahre aufwendig sanierte und restaurierte Vereinsgebäude wurde errichtet. Es wurde zum Zentrum des noch heute existierenden Kleingartenvereins. Das Museum selbst wurde 1996 anlässlich eines Kongresses des internationalen Kleingärtnerverbandes eröffnet.
Das Kleingärtnermuseum und sein Außengelände
Das Tollste am Kleingärtnermuseum, welches sich im ersten Geschoss des etwas verspielten Fachwerkgebäudes mit Türmchen befindet, ist eigentlich der Außenbereich. Seit dem Jahr 2000 gibt es einen Museumsgarten, der nach einem typischen Schrebergarten um die Zeit von vor 1900 rekonstruiert ist. Mit Obst- und Gemüseanbau wie auch heute viele Kleingärtner ihn praktizieren und laut Vereinssatzung auch praktizieren müssen. Im Ausstellungsgarten gibt es original sächsische Gartenlauben aus verschiedenen Epochen zu bestaunen. Seit einigen Jahren gibt es auch einen VKSK-Garten, der eine Laube aus den 80er Jahren der DDR erfahrbar macht – inklusive der zeitgemäßen Einrichtung. Aber auch die findet sich so oder so ähnlich sicher auch noch in der einen oder anderen heutigen Gartenlaube der zahlreichen Schrebergärten Leipzigs. VKSK steht übrigens für den schönen Namen Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter.
Im Kleingärtnermuseum gibt es viel zu entdecken
Mehr Theorie, Dokumente, Zeitschriften und Ausstellungsobjekte wie historische Vereinsfahnen und Pokale gibt es in der Dauerausstellung drinnen zu besichtigen. Leider ist sie aufgrund des Denkmalschutzes des Gebäudes nicht barrierefrei zugänglich. Sie heißt treffend Deutschlands Kleingärtner vom 19. zum 21. Jahrhundert. Hier lässt sich auch etwas über Armengärten, Naturheilgärten und Kolonistenbewegungen erfahren. Wer noch mehr zu den Modellen, historischen Dokumenten und Fotografien erklärt bekommen möchte, kann sicher bei der hilfsbereiten Leiterin des Museums einmal nachfragen. Außerdem besteht für Gruppengrößen ab 15-20 Personen die Möglichkeit einer exklusiven Führung, auch über das Außengelände. Dafür müssen Sie zuzüglich zum Eintritt von 4€ (ermäßigt 3€) noch einmal 30€ zusammenlegen. Kinder und Jugendliche bis 16 Jahren haben freien Eintritt.
Laube, Liebe, Hoffnung
Wer im Sommer beim Kleingärtnermuseum vorbeischaut, hat großes Glück. Im Anschluss an das Museum kann man sich nämlich bei bodenständiger sächsischer Küche mit einem erfrischenden Bier im Freisitz niederlassen. Die Gaststätte Schrebers Restaurant und Biergarten ist im Erdgeschoss des Museums und freut sich über Besuch. Falls Sie mit Kindern unterwegs sein sollten, gibt es auch einen großen Spielplatz. Und während die Kleinen toben, können Sie es sich inmitten der ältesten und einzig wahren Schrebergartenkolonie in Leipzig gut gehen lassen. Genug neue und spannende Geschichten zu den Ursprüngen der heutigen Kleingartenkolonien haben Sie ja dann bereits im Gepäck, wenn der Reisebus Sie wieder einsammelt.
Hinweise
- Wenn Sie sich aus erster Hand über das Kleingärtnermuseum erkundigen möchten, dann besuchen Sie doch mal die Homepage des Museums auf www.kleingarten-museum.de
- In unmittelbarer Umgebung gibt es das älteste Freibad Leipzigs, das Schreberbad. Und auch aufs Wasser können Sie sich begeben. Am Stadthafen Leipzig können Sie auch als Gruppe an einer Bootstour teilnehmen oder Paddelboote mieten.
Mit einem kleinen Bus können Sie gegebenenfalls an der Marschnerstraße einen Parkplatz finden. Mit dem ganz großen Reisebus sollte der Sie lieber dort raus lassen, wo die Marschnerstraße an der Aachener Straße vorbei führt. Von dort aus sind es 300 Meter zu Fuß durch die Kleingartenanlage bis zum Kleingärtnermuseum. Kontakte: Deutsches Kleingärtnermuseum / Aachener Str. 7 / 04109 Leipzig / 0341-2111194 Gaststätte Schrebers Restaurant und Biergarten / selbe Adresse / 0341-9611324 Stadthafen Bootsverleih / Schreberstraße 20 / 04109 Leipzig / 0341-59402619 |
Lesenswert
- Eine alte Ausgabe der seit 1853 erschienen Zeitschrift Die Gartenlaube. In Form von Nachfolgen überlebte die Illustrierte bis 1984. Sollte trotzdem schwer zu bekommen sein.
- In dem Roman Die neuen Leiden des jungen W. von Ulrich Plenzdorf spielt eine Gartenlaube eine zentrale Rolle und es ist einfach ein gutes Buch. Es stammt von 1973 und wurde, da die DEFA es abgelehnt hatte, 1976 in Westdeutschland verfilmt. Das Buch ist im Suhrkamp Verlag erschienen.