In Riesa an der Elbe kickt der härteste Fußballverein und die Industrie arbeitet eisern. Die Fußballer von Stahl Riesa wurden ebenso über die Zeit gerettet wie die Stahlwerke. Sport und Stahl gehen hier seit jeher Hand in Hand.
Die Selbstvermarktung von der Stahlstadt zur Sportstadt Riesa vollzog sich endgültig mit dem Bau der Sachsen-Arena im Jahr 1999. Wie viele mitteldeutsche Klein- und Großstädte besitzt die an der Elbe gelegene 30.000 Einwohner fassende Stadt seitdem eine moderne Multifunktionshalle. Mehrzweckhalle nennt sie sich selbst. Einweihung war am Tag der Sachsen. Außerdem gab es im Eröffnungsjahr gleich eine Weltmeisterschaft. Zwar im hierzulande noch etwas unterentwickelten Sumo-Ringen, aber immerhin. In einem Land, in dem auch Judo, Ringen und Turnen auf eine lange Geschichte zurückblicken, war das durchaus anschlussfähig. Jedenfalls schlug die Investition richtig ein – seitdem geben sich in der Sachsen-Arena Tanz-, Cheerleading- und Musikshows die Klinke in die Hand. Lachmuskeln werden bei Comedyveranstaltungen trainiert und sehr sportlich geht es weiterhin beim Boxen, Handball und Indoor-Motocross zu. Flexibel kann die Hallengröße variiert werden, bis zu 10.000 Besucherinnen und Besucher finden einen Platz. Etwas, wovon der schon 1860 gegründete kleine Turnverein Riesa sicherlich damals nicht einmal hätte träumen können.
Stahl in Riesa – eine Fabrik neben vielen
Der Reisebus bringt uns heute ins nördliche Sachsen. Riesa liegt auf halber Strecke zwischen Leipzig und Dresden nördlich der A14. Entstanden ist es, weil ein Riese bei einer Wanderung eine Rast einlegte und vor dem großen Schritt über die breite Elbe seine Stiefel ausschüttete. Was dabei herab rieselte wurde zur leicht hügeligen Landschaft, die wir heute vorfinden. So jedenfalls die Legende zur Entstehung der schon im 12. Jahrhundert erwähnten Siedlung Riezowe. Dies bedeutet auf sorbisch Ort am Fluss und würde somit ganz gut passen. Bekannt ist es neben seiner Teigwarenfabrik (Nudelcenter Riesa) überregional auch die ehemalige Zündholzfabrik. Während die Pasta aus Sachsen aber mittlerweile Marktführer ist, wurde die Streichholzherstellung im Jahr 1993 nach exakt 70 Jahren Firmengeschichte eingestellt. So hätte das der Stahlproduktion auch ergehen können. Aber deren Verlauf war glücklicher, was den Stadtkämmerer des Rathauses, das in einem ehemaligen Kloster und Schloss untergebracht ist, wegen der Gewerbesteuern sicher freuen dürfte. Riesa ist heute nämlich weiterhin ein wichtiger Standort für Produkte aus Stahl. Ebenso sind hier die Autozulieferindustrie und die Elektronikindustrie heimisch geworden.
Stahlstadt Riesa
Aber der Reihe nach. Wie kam es dazu, dass an einem Standort, an dem nie Eisenerz abgebaut wurde, die Stahlproduktion so groß werden konnte. Wie so oft liegt des Rätsels Lösung an der Flusslage und am Aufschwung während der Industrialisierung. Güter konnten auf Kähnen transportiert werden, viel Mechanik wurde mit Wasserkraft und Dampfdruck betrieben. Die Gebrüder Schönberg gründeten schon im Jahr 1843 das Eisenhammerwerk Riesa. Insbesondere Schienen und Bauteile für die Eisenbahn wurden gegossen. Schließlich war Sachsen neben Bayern Vorreiter bei diesem neuen Verkehrsmittel. Die erste in Deutschland hergestellte Lokomotive für die Zugverbindung von Leipzig nach Dresden hieß Saxonia. Ein Walzwerk und eine Rohrzieherei entstanden. Leider waren dann neben der Bauwirtschaft auch wieder Kriege die treibende Kraft für den Bedarf an Stahl. In Riesa wurden während des Ersten Weltkrieges Granaten produziert. Während des Zweiten Weltkrieges dann schon U-Boot-Teile wie Ausstoßrohre für todbringende Torpedos. 1945 war dann kurzzeitig Schluss mit der Stahlproduktion. Die Sowjetunion demontierte wie vielfach im Osten die Werke und nahm mit, was an Gerätschaften transportabel war.
Stahl brauchte es auch in der DDR
Es kam zu einem rasanten Wiederaufbau, aus dem sich zu DDR-Zeiten der Volkseigene Betrieb Stahl- und Walzwerk Riesa entwickelte. Damals arbeiteten viele Mosambikaner und Angolaner in den Fabriken; Parallelgesellschaften gab es auch in der Deutschen Demokratischen Republik. Bis zur Wiedervereinigung wurden in Spitzenjahren über 150.000 Tonnen Stahl produziert. Für Rohre, Produktionsanlagen und Brücken. Danach wäre beinahe wieder Schluss gewesen mit dem Stahl in Riesa. Auf dem Weltmarkt war man einfach nicht mehr wettbewerbsfähig. Der Standort Riesa, der im Jahr 2023 auf stolze 180 Jahre Stahlproduktion zurückblickt, konnte unter anderem erhalten werden, weil eine italienische Baufirma groß einstieg. Schon Mitte der 90-er Jahre wurden in Riesa 500.000 Tonnen Betonstahl produziert. Auf vielen europäischen Großbaustellen finden sich Walzdrähte, Stahlbetongitter, Stahlmatten und weitere Bauteile für die Erhöhung der Traglast von Beton. Bei einem Stadtspaziergang in Richtung Nordwesten kommen Sie an den heutigen metallverarbeitenden Betrieben und Fabriken vorbei. Sie liegen in einem Dreieck zwischen Elbe, Döllnitz und den Eisenbahngleisen. Auf 13.000 Beschäftigte in der metallherstellenden und metallverarbeitenden Industrie wie zu DDR-Zeiten kommt man freilich nicht mehr.
Sportstadt Riesa – Der Verein BSG Stahl Riesa
Unsere letzte Empfehlung für den heutigen Ausflug nach Riesa ist ein Ort, der wie kein Zweiter das Zusammengehen von Sport und Stahl verkörpert. Ebenfalls im Nordosten von Riesa liegt die nach den Stahlwerken benannte Feralpi-Arena. Hier kickt der Verein BSG Stahl Riesa in der Sachsenliga. Das ist die Landesliga und somit eine Spielklasse unter der Oberliga. Der Verein, zwischenzeitlich wegen Insolvenz von 2003-2012 aufgelöst, gehört nun wieder fest zum Image der Stadt. Im Jahr 1903 gegründet, hat der Verein viel Auf und Ab erlebt. In der DDR gehörte er zeitweise der höchsten Liga an und das Stadion wurde damals wegen des Erfolges sogar von 11.000 auf 15.000 Plätze erweitert. Viele Fans hatte Stahl Riesa natürlich unter den tausenden von Stahlarbeitern. Das Mannschaftslogo ist bis heute ein Stahlträger auf blau-weißem Grund. Das damalige Stadion hieß nach einem NS-Widerstandskämpfer Ernst-Grube-Stadion, wurde aber sehr bald (passend bei einem so gewichtigen Industriestandort) nur noch Die Grube genannt. Hier feierte die Ballsportgemeinschaft ihre größten Erfolge. Neben dem Fußball wurde übrigens auch das Rudern und das Schwimmen in Riesa stark gefördert; Riesa ist und war eben eine sehr vielseitige Sportstadt. Und auf den Fußballtrikots, die sich die Spieler über den Oberkörper und ihr Herz streifen, prangt seit jeher der Stahl als Emblem.
Hinweise
DIe Sachsen-Arena finden Sie Am Sportzentrum 5 in 01589 Riesa. Telefonisch erreichen Sie die Sachsen-Arena unter 03525-6010 oder per E-Mail unter info@sachsenarena.de.
Der BSG Stahl Riesa hat sein Stadion an der Adresse: Am Sportzentrum 5 in 01591 Riesa. Die Geschäftsstelle des Vereins erreichen Sie unter der Rufnummer 03525-657292.
Falls Sie bei soviel Sport selbst Lust bekommen auf Freizeitaktivität: In Riesa gibt es beispielsweise das Olympia Sport- und Freizeitzentrum. Hier können Sie Squash spielen oder Adventure-Golf. Außerdem gibt es die Möglichkeit zu Bowlen, eine Sauna, Fitnesskurse und ein Kinderland mit Trampolinen und Bällebereichen. Die Adresse in unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadion lautet: Am Sportzentrum 2 in 01587 Riesa. Telefon: 03525-633336 E-Mail-Adresse: info@sportzentrum-olympia.de.
Das Stadtmuseum Riesa liegt am Poppitzer Platz 3; 01589 Riesa; hier erfahren Sie noch mehr zu Sport und Stahl!
Lesenswert
Das Stadtmuseum Riesa vertreibt das Buch: Riesa – Industriestadt an der Elbe. Es ist für 20 € erhältlich. Im Internet oder Sie rufen einfach an: 03525-659300.