Gesundheit, Glück und Solebad. Bad Kösen an der Saale verspricht Ihnen einiges. Wir besuchen die ehemalige Saline mit begehbarem Gradierwerk. Ein wirklich heilsames Industriedenkmal. Edvard Munch, Max Liebermann und Adolph von Menzel waren auch schon hier.
Sole ist ein Wasser, welches durch ein Salzgebirge gegangen ist, sich in selben gesalzen hat und mit dem Salze hervorkommt. So präzise spricht nur ein naturwissenschaftlich aufgeschlossener Mensch; und das ist der kurfürstlich-sächsische Bergrat Johann Gottfried Borlach (1687-1768) auch gewesen. Er ist der Gründer der Kösener, der Arterener und der Dürrenberger Saline. Dank seiner Lehre zum Tischler war er nicht nur ein Theoretiker, sondern hatte praktische Begabungen und Vorstellungsvermögen. Die brauchte es auch, denn noch nie vorher hatte jemand solche Konstruktionen ersonnen. Umgesetzt wurde die maschinenbetriebene Salzgewinnung zunächst im Jahr 1733 in Artern, einer Gemeinde nördlich des Kyffhäuser an der Unstrut. Bevor er sein Lebenswerk mit der bekannten Dürrenberger Saline vollendete, verhalf er der kleinen, heute zur Stadt Naumburg gehörenden Gemeinde Kösen zur überregionalen Bedeutung. Natürlich handelt es sich noch nicht um eine Maschine im heutigen Sinne, die Elektrizität war noch nicht ausreichend entdeckt worden, aber Borlach behalf sich mit Wasserkraft. Da er technisch, mathematisch und chemisch interessiert war, konstruierte er komplexe mechanische Systeme zur Salzgewinnung; immerhin war Salz das weiße Gold der Zeit.
Bad Kösen und die Salzgrotte
Wir spazieren heute durch Kösen, welches seit 1935 Bad Kösen heißt und sich bereits seit 1859 als Solebad bezeichnet. Davon können Sie sich einen Eindruck machen, wenn Sie bei Ihrem Ausflug an der Saale einen Besuch in der Salzgrotte der ortsansässigen Thermaleinrichtung Kösalina im sogenannten Kurmittelzentrum einplanen. Die Salzgrotte verspricht 45 Minuten Wellness auf Liegestühlen und ein ganz besonderes Mineralienerlebnis. In Decken gepackt wie der Protagonist Hans Castorp aus Thomas Manns Zauberberg atmen Sie ruhig und regelmäßig die Salze und die Luft der Salzgrotte ein; das soll die Atemwege befeuchten und befreien. Hans Castorp vollzog sein Gesundheitsritual allerdings mit Gebirgspanorama im schweizerischen Davos im Jahr 1914, Sie begeben sich in eine Grotte an der Saale. Für den Besuch werden 14,30 € erhoben (ermäßigt 11,50). Natürlich ist das Angebot auch um ein 32-Grad warmes Thermalbad und eine Sauna erweiterbar. Und wenn Ihnen dann doch die Berge fehlen, können Sie beim nächsten von Buskompass begleiteten Ausflug an der Saale abwärts die Rudelsburg und die Burg Saaleck besuchen.
Das Gradierwerk und Bad Kösen zog immer schon Künstler an
Der Höhepunkt der ehemaligen Saline von Bad Kösen ist allerdings das Gradierwerk selbst. Also die über 300 Meter lange Wand aus Reisigbündeln, über welche aus 20 Metern Höhe die zu Tage geförderte Sole hinunter träufelt. Dabei kommt es zur enormen Verdunstung des sehr salzhaltigen Wassers. Das ist sofort spürbar und erlebbar; wie am Meer werden Sie sich fühlen, wenn Ihnen die frische salzige Luft entgegenschlägt. Sie können sich also im Grunde die Salzgrotte sparen und unter freiem Himmel genießen. Plein air (im Freien) würde ein Künstler sagen; und davon waren einige wirklich berühmte auch schon hier. Sei es aus therapeutischen Gründen Edvard Munch (1863-1944) oder eher zum Malen: Der deutsche Realist Adolph von Menzel (1815-1905) und der sich vom Naturalismus zum Impressionismus hinwendende Max Liebermann (1847-1935) haben sich hier inspirieren lassen.
Bad Kösen und das weiße Gold
Doch wollen wir dem Geheimnis des weißen Goldes von Bad Kösen wirklich auf den Grund gehen, so müssen wir uns wahrlich in die Tiefe der Erdschichten begeben. Denn hier hat die Sole (ursprünglich heraus gespült, um reines wertvolles Salz zu gewinnen) ihren Ursprung. Im 180 Meter tiefen Solschacht liegen Erdschichten aus Buntsandstein, die etwa 250 Millionen Jahre alt sind. Dringt in diese Schicht Süßwasser ein und pumpt man es dann empor, kommt es von Salz gesättigt an die Oberfläche. In Bad Kösen hat dieses Wasser einen Salzgehalt von etwas über 5%. Um das Pumpen zu übernehmen, hat Borlach sich eine besondere Technik einfallen lassen. Ein Wasserrad bringt ein mehrere hundert Meter langes Holzgestänge in Bewegung; es überträgt die Kraft von der Saale bis hinauf zu dem nach dem Technikfuchs benannten Borlachschacht. Dort wird die Kraft von der Horizontalen in die Vertikale übertragen und damit Wasser aus dem tiefen Schacht herauf gepumpt. Heute wird das elektrisch gemacht, obwohl alle originalen Anlagen noch erhalten sind. Vermutlich aber in reichlich marodem Zustand.
Bad Kösen wird vom Salzproduzenten zum Kurort
Die gesamte Ortschaft Bad Kösen hat ihre Existenz dem Salz zu verdanken. Auch wenn die Salzgewinnung Mitte des 19. Jahrhunderts eingestellt wurde (andernorts war die Salzgewinnung erschwinglicher geworden), so war der Aufstieg zum Kur- und Heilbad doch unaufhaltsam. Nachdem um 1800 noch Düngesalz, Viehsalz und Glaubersalz gewonnen wurde, wofür die Sole erhitzt wurde, um das Wasser verdunsten zu lassen (ähnlich wie bei Meerwassersalinen durch natürliche Verdunstung), wurden nun neue Wege eingeschlagen. Die heilsame Wirkung für die Atemwege, die Haut und die Mobilität wurde gepriesen. Seit nun mehr über 180 Jahren ist sich Bad Kösen in dieser Richtung treu geblieben und trotz zurückgehender Einwohnerzahlen kommen nach wie vor zahlreiche Besucherinnen und Besucher an die Saale, um sich das Gradierwerk und die dazugehörige Anlage anzuschauen.
Frische Luft auf dem Oberdeck – Bad Kösen von oben
Das Schöne ist, dass Sie bei Ihrem Aufenthalt in Bad Kösen den ganzen Weg von der Saale (am Wehr befindet sich das Radhaus) über den Borlachschacht (mit seinem markanten Borlachturm) bis zum Gradierwerk zu Fuß entlang laufen können. Die Freiluftinhalation am Gradierwerk ist jederzeit möglich. Etwas näher ran an das heilsame salzige Nass kommen Sie, wenn Sie den Wandelgang durchlaufen. Das kostet 3 €, Sie bekommen ein weißes Regencape dazu, damit es hinterher keine Salzflecken auf der Kleidung gibt. Von Ende April an ist der Wandelgang von Mittwoch bis Freitag von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet, an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr. In der Regel ist das sogenannte Oberdeck an Sonntagen von 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet. Dies kostet dann noch einmal 3,50 € und Sie haben Zugang zu einer Aussichtsplattform oberhalb des 20 Meter hohen Gradierwerkes. Wenn da gerade einmal zu viel los sein sollte, nehmen Sie doch einfach auf den Bänken vor der benachbarten Konzertmuschel Platz und lauschen der Musik – an Sonntagen gibt es dort immer kleine Konzerte. Und so fahren Sie bestimmt ganz beglückt und von strotzender Gesundheit durchströmt mit dem Reisebus wieder heim.
Hinweise
Bei der Tourismusinformation Bad Kösen können Sie unter der Rufnummer 03445-273124 erfahren, ob es noch Plätze für einen geführten Rundgang (6 € pro Person) zu den Orten der ehemaligen Saline gibt. Diese starten jeweils mittwochs um 16.00 Uhr vor dem Café Schoppe an der Naumburger Straße 1. Andere Termine für größere Reisegruppen nach Absprache. Hier gibt es außerdem leckeren Kuchen.
Das Gradierwerk in Bad Kösen verläuft parallel zur Saale und zur Rudolf-Breitscheid-Straße in 06628 Bad Kösen (Naumburg) und ist ohnehin nicht zu übersehen. Von dort aus verläuft ein Weg zum Borlachturm (Öffnungszeiten: in der Kursaison täglich von 9.00 Uhr bis 17.00 Uhr) und weiter hinab zur Saale; dort finden Sie das Radhaus. Daneben rauscht das Wehr.
Eine Ausstellung mit Überblick zur Salinenstadt Bad Kösen gibt es im Romanischen Haus. Die Adresse lautet: Am Kunstgestänge, 06628 Bad Kösen (Naumburg). Von April bis Oktober hat es dienstags bis sonntags und an Feiertagen von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr geöffnet. Von November bis März mittwochs, samstags und sonntags von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr. Sie erreichen das Museum unter der Rufnummer 034463-27668 oder Sie schreiben eine E-Mail an rh@museumnaumburg.de / Schon das Gebäude selbst ist sehr sehenswert. Es stammt aus dem 12. Jahrhundert und gilt somit als ältester erhaltener Steinbau in der Funktion eines ehemaligen Wirtschaftshofes eines Klosters.
Das Kurmittelzentrum finden Sie in der Parkstraße 4/6 in 06628 Bad Kösen (Naumburg). Von Mai bis Ende August hat die Salzgrotte nur unter der Woche von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet. In der restlichen Zeit auch freitags, samstags und sonntags von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Hier bekommen Sie nähere Informationen unter der Rufnummer: 034463-3440
Wir empfehlen Ihnen, mit dem Reisebus auf der westlichen Seite der Saale zu parken, also beispielsweise beim Parkplatz am Tierpark. Von hier aus gibt es eine kleine Personenfähre hinüber zum Park am Gradierwerk. Der Weg ist barrierefrei, führt aber einige Höhenmeter hinauf.
Lesenswert
Das nicht nur für Kinder geeignete Taschenbuch Weißes Gold erzählt die Geschichte der Salinen, bei denen Gottfried Borlach mitgewirkt hat. Erhältlich ist es für 12,99 €.
Ein historischer Roman von Petra Durst-Benning ist Die Salzbaronin. Darin wird die Nutzung einer Saline als Heilbad einer bergmännischen Salzabbaunutzung gegenübergestellt. Geschmackssache. Preis: 9,99 €