Ein Pferdestall in der fünften Etage und ein verschwundenes Jagdschlösschen erwarten Sie. Die Müglitz durchteilt den Schlossgarten und bei einer Führung auf Schloss Weesenstein können Sie jahrhundertealte Goldledertapeten bestaunen!
Die Kunstgeschichte Dresdens müsste umgeschrieben werden, gäbe es Schloss Weesenstein an der Müglitz nicht. Das Müglitztal, das wir heute besuchen, liegt drei Kilometer südlich der Stadt Heidenau, welche sich südöstlich an die sächsische Landeshauptstadt anschließt. So lag es nahe, im Zweiten Weltkrieg fast eine halbe Million Kunstschätze aus den Dresdener Museen hierhin zu bringen. Tatsächlich überstanden so Kupferstiche, Gemälde und Porzellan den sechs Jahre währenden Krieg auf europäischem Boden und die sich daran anschließenden Konfiszierungen und Überführungen von Kunstgegenständen in Richtung Osten. Und während in der Nachkriegszeit Schloss Weesenstein fünf Jahre lang als Notunterkunft für ausgebombte Dresdener und Heimatvertriebene aus dem Osten genutzt wurde, konnten die Kunstwerke nach und nach wieder in die Museen Dresdens überführt werden. Die Kunst, die Sie bei Ihrem Besuch auf Schloss Weesenstein entdecken können, ist weit weniger transportabel. Wandmalereien aus dem 15. und 16. Jahrhundert und insbesondere wertvolle bemalte Tapeten konnten erhalten und restauriert werden.
Der doppelte Schlossgarten von Schloss Weesenstein
Der Schlossgarten befindet sich südlich des Schlosses Weesenstein und brilliert mit einer Raffinesse des Gartenbaus. Symmetrisch in seiner Grundform gespiegelt liegt er auf beiden Seiten der ihn durchschneidenden Müglitz. Acht Rechtecke, bewusst spärlich bepflanzt, sind in eine stets rechtwinklige Wegesymmetrie gefasst. Die beiden Gartenflügel unterscheiden sich lediglich in ihrer Größe; eine Anpassung an das Gelände. Überhaupt sind die geografische Lage und die Geologie des schon im zehnten Jahrhundert bebauten Felsens zu erwähnen. Denn schon der Name Weesenstein leitet sich davon ab, dass sehr robuste und wetterbeständige Quarzitgesteine das Schloss seit 1000 Jahren tragen. Als Wese wurde das weißliche Gestein mit einem extrem hohen und daher so beständigen Quarzanteil bezeichnet. Die Müglitz hat sich natürlich dennoch durch diesen hindurchgearbeitet über die Jahrtausende. Wasser ist also wie so oft gestalterische architektonische Kraft, welche die Menschen vergangener Jahrhunderte vorzüglich einzubinden verstanden. Eine hauseigene Schlossbrauerei hat erst vor wenigen Jahren geschlossen. Über 500 Jahre Brautradition (mit einer Unterbrechung von 1850 bis 1999) ging hier zum Ende.
Ein Schloss steht Kopf – die Architektur von Schloss Weesenstein
Ein Kuriosum der Schlossgeschichte wollen wir hier noch zum Besten geben: Die Pferdeställe liegen im fünften Obergeschoss. Wie ist das möglich, werden Sie sich fragen. War es eine Laune eines verrückten Architekten? Gab es hier einst geflügelte Rösser? Ganz so unerklärlich ist die Auflösung des Rätsels nicht. Schloss Weesenstein entstand gleichsam von oben nach unten. Die vier unteren Etagen wurden an den Hang gebaut und die Idee dafür entstand erst Jahrhunderte nach der Entstehung der ursprünglichen Hauptanlage. So bringt es Schloss Weesenstein insgesamt auf acht beachtliche Stockwerke. Einen Teil davon können Sie bei einer Führung besichtigen. Das geht entweder gegen eine kleine Gebühr mit einem Audioguide oder nach Voranmeldung auch mit einer größeren Reisegruppe. Dann gibt es einen Aufpreis zu dem regulären Eintritt von 8 € (ermäßigt 7 €). Wenn Sie nur den Schlosspark besichtigen wollen, müssen Sie keinen Eintritt entrichten. Dann bietet sich eher ein kurzer Spaziergang durch den angrenzenden Wald an, der zu den Grundmauern eines zweistöckigen, sehr kleinen Jagdschlösschens führt, welches in den 50er Jahren in der DDR abgerissen wurde.
Die Kapelle von Schloss Weesenstein
Ein besonderes Augenmerk bei der Führung gilt der Kapelle. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass es sich hierbei nicht mehr um die im Jahr 1504 nach Erlass des Bischofs von Meißen gebaute Originalkapelle handelt. Eine Umgestaltung des Schlosses im 18. Jahrhundert bedingte einen Rückbau der Kapelle; stattdessen wurde ihre Nachfolgerin im Jahr 1741 eingeweiht. Diese über 250 Jahre alte Kapelle ist zweifelsohne ebenfalls satt und glanzvoll. Sind wir nach der Besichtigung wieder im Schlosshof angelangt, freuen wir uns darüber, dass der Fels aus Quarzitgestein ein Hauptdarsteller des Besuches ist. Nach einer insgesamt fast 30 Millionen teuren Sanierung von Schloss Weesenstein (diese umfasst den Zeitraum von der Wiedervereinigung bis heute) sind Akzente wie der Fels, auf dem das ehemals mächtige Adelshaus der Wettiner ruht, gut in Szene gesetzt. Die Wände wirken weiß gekalkt, der Schlossturm mit seinen schwarzen, architektonisch dreifach abgesetzten Stufen kontrastiert gut mit dem ockerfarbenen Gestein und die durchweg mit Streben versehenen Fenster geben der Anlage etwas Trutziges wie bei einer Burg. Dem Denkmalschutz entspricht das ohnehin; damals war es noch sehr schwer, größere Glasflächen herzustellen, ohne dass diese reißen und brechen. Ohne Glasbruch geht hoffentlich auch Ihr Aufenthalt auf Schloss Weesenstein zu Ende – selbst wenn Sie sich zum Abschluss noch auf ein frisch gezapftes Bier in die Schlossgaststätte Weesenstein begeben sollten!
Hinweise
Die Adresse von Schloss Weesenstein lautet: Am Schlossberg 1, 01809 Müglitztal
Sie erreichen das Schloss Weesenstein unter der Rufnummer 035027-6260 oder Sie können eine E-Mail an weesenstein@schloesserland-sachsen.de schreiben. Auf diesem Weg können Sie auch die Gruppenführungen anmelden. Ein Parkplatz für den Reisebus befindet sich 200 Meter vom Schloss entfernt auf der Altenberger Straße.
Die Schlossgaststätte hat Montag und Dienstag geschlossen. Am Mittwoch und Donnerstag hat sie von 11.30 Uhr bis 16.00 Uhr geöffnet und an Freitagen, Samstagen, Sonntagen und Feiertagen von 11.30 Uhr bis 20.00 Uhr. Für Reservierungen erreichen Sie die Schlossgaststätte unter der Rufnummer: 035027-629152