Wer Lust auf die volle Packung Naherholung in wirklich toll gestalteten Grünanlagen internationaler Themen mit originellen Veranstaltungs-, Kinder- und Kulturextras hat und dabei noch anregende Abwechslung und Vielfalt zu fast jeder Jahreszeit geboten bekommt, der findet all das zusammen an einem ungewöhnlichen Ort.
Tief im Berliner Osten, nur ein paar Kilometer zur Landesgrenze nach Brandenburg, im äußersten Marzahner Speckgürtel der Hauptstadt, war bis Mitte der 1980er Jahre wenig über Empfehlungen zur Naherholung in diesem Gebiet zu hören. Im Gegenteil galt die hier dominierende dichte Ostberliner Platten-Bebauung nach Ende des Zweiten Weltkriegs bestenfalls als schlicht, trist und funktional.
Großzügige Parkwiesen und Blütenmeere gegen grobe Blocksilos und Wohnklötze

Foto: © Stefan Schaubitzer / comkomm
Abseits des großen Tierparks in Friedrichsfelde und solcher etwas weniger vom Zentrum entfernten naturnahen Erfrischungsgelegenheiten für Leib und Seele geplagter Ballungsraumbewohner, waren Möglichkeiten für Bedürfnisse dieser Art im Umkreis sehr sparsam gesät. So weit das Auge reicht – unter Knappheit der Mittel und Zeitdruck der 1950er/60er – eilig aus dem Boden gestampfte Block- und Wohnmodule nach sozialistischer Einheitsnorm prägten das vorwiegende Bild erschwinglicher wie spröder ‚Ghetto- und Schlafstadt‘-Siedlungen mit nicht eben üppiger Abwechslung und Angeboten zu Kurzweil und Zerstreuung.

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Mit dieser Tatsache wollten sich ein paar findige Städteplaner (und später im weiteren Ausbau nach der Wende auch Investoren) mit Sinn fürs Visionäre – ganz zur Freude der Ortsansässigen – nicht abfinden. Bald auch zur Freude angereister Besucher. Nicht nur aus anderen Stadtbezirken und der gesamten Republik im Ost-Sektor des geteilten Deutschlands, sondern ähnlich wie die eindrucksvolle Zooanlage in Friedrichsfelde, auch bei Westberlinern und Bundesdeutschen durchaus Beachtung fand. (Der Tierpark seinerzeit ein Novum in Konzeption und Dimension und bis heute der größte Landschaftstierpark Europas.)

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Nicht zufällig nämlich, wie zum Jubiläum 750 Jahre Berliner Stadtbestehen Entwurf und Errichtung der Gärten der Welt im Osten sich als Antwort mitteilten auf des ‚Klassenfeindes‘ Bau vom Landschaftspark Britzer Garten. Dieser 1985 anlässlich zur Bundesgartenschau angelegt nahe Marienfelde, im ‚imperialistischen Westteil‘. Hier nun am Fuße des Kienbergs, zwei Jahre später, 1987 mitten in der grauen Betonwüste zwischen Wuhletal und Hellersdorfs, eine herrlich grüne Insel ins Gelände gepflanzt wart. Zunächst etwa 21 Hektar groß.

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Politisches Kraftmeiern zum Wohle des Volkes

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Als Folge einer Serie von inoffiziellen, aber höchst ernst genommenen Wettstreiten im sogenannten „Krieg der Bauten*“ lieferten sich bereits seit Ende der 1950er Jahre die beiden deutschen Gesellschaftsentwürfe nirgendwo sonst wie im geteilten Berlin so zahlreich und auffallend den stolzgeschwellten ‚Schwanzvergleich der Systeme‘ in Städte-, Landschaftsbau und Architekturgestaltung.

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Dass bei diesem Kräftemessen so einfallsreiche, einzigartige und fortschrittlich mutige Projekte wie die Gärten der Welt Bürgern der Stadt und aller Bevölkerung ganz direkt und unmittelbar zum Dank wurden, kann gewiss als ein wunderbarer ‚Nebeneffekt‘ solcher polittaktischen Ränkespiele gesehen werden.

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Die Grünanlage, welche ursprünglich und bis 1991 Erholungspark Marzahn hieß und wie erwähnt zunächst knapp zwei Dutzend Hektar umfasste, wurde sukzessive erweitert. Zusammen mit dem direkt verbundenen Kienbergpark ergibt sich heute eine Gesamtfläche von rund 100 Hektar Naherholungsgebiet. Neben schwungvollen Wegen, ausgedehnten Wiesen, Wasserkunstbauten, Spielplätzen, Blumentheater, Blumenhalle, Kräutergärten, Labyrinth, Irrgarten und Streichelzoo sind als Highlight sicherlich die zahl- und abwechslungsreichen Themengärten in den (daher auch namensgebenden) Gärten der Welt zu nennen.

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Einmal um den Globus im Grün seiner Gärten Vielfalt

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Als einer der ersten und zugleich größter seiner Art Europas wurde der „Chinesische Garten“ (Garten des wiedergewonnenen Mondes) in Kooperation einer neuen Städtepartnerschaft zwischen Peking und Berlin 1994 erbaut.

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Neben Teehaus, Gelehrtengarten und Zickzackbrücke ist als zentraler Blickpunkt der 4500 m² große See angelegt, um den sich das liebevoll gestaltete Ensemble traditioneller Bauformen der heutigen Volksrepublik ordnet. Ein Land mit rund doppelt so vielen Einwohnern wie sämtliche EU Staaten zusammen und einer Fläche, in welche die Deutschlands mehr als 30 Mal hineinpasste.

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Ein sehr interessanter Themenpark vollkommen verschiedener Art dazu ist der „Christliche Garten“, welcher deutlich jüngeren Datums 2011 fertiggestellt wurde. Die stilisierte Rekonstruktion eines mittelalterlichen Klostergartens besteht aus einem quadratischen Grundriss und einem wundersam lichtdurchfluteten Wandelgang, der sich um die mittigen Bepflanzungen entlangführt.

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Dieser Gang besteht ganz und gar aus goldfarbenen Buchstaben, welche sich beim näheren Blick zu Worten fügen. Plasmen aus dem Alten und Neuen Testament, die den geneigten Besucher auf eine ganz ungewöhnliche Weise zu Lektüre und Besinnung einladen.

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Weitere Themenanlagen sind beispielsweise der „Orientalische-„, der „Japanische-“ und „Italienische Garten“. Teils unverkennbar im Stil regionstypisch charakteristischer Elemente, teils auch in ungewöhnlichen Details, die Erwartungen angenehm überraschen können.
Des Märchenwalds Geschichten

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Abseits großer Länder- und Landschaftsbotaniken gibt es auch einen ganz anderen ‚Kosmos‘ in diesen Garten – und Geometrierevieren zu entdecken. Einen buchstäblich fantastischen: die Welt der Märchen von Hans-Christian Andersen und der Gebrüder Grimm.

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Angelegt in einem Rhododendronhain sind hier zum einen viele alte Bekannte, zum anderen auch nicht jedem geläufige Sagenhelden, Tollpatsche, Kleinwuchstrolle und Prinzessinnen anzutreffen, die schon Generationen von Kindern die Fantasie beflügelt und als Gute-Nacht-Geschichten in den Schlaf geholfen haben.

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Zu guter Letzt sei noch die Seilbahn zum Kienberg, die Tropenhalle und das Stadion mit regelmäßigen Aufführungen und Veranstaltungen (Theater / Konzerte) erwähnt, die auch zur Winterzeit stattfinden.
Sehenswert
*Krieg der Bauten – Wettkampf der Architekten im geteilten Berlin (Dokumentarfilm 2018)